Laacher-See-Vulkan: Neue Studie löst Kontroverse aus

Fand die Eruption am Laacher-See -Vulkan früher statt, als bislang angenommen?

Erst letzte Woche war ich mit meinem Sohn am Laacher See schwimmen und besichtigte auch die Gasaustritte am Ostufer des Sees, der in einer Depression liegt, die beim letzten Vulkanausbruch vor mehr als 12.000 Jahren entstand. Schon die Art der Depression löste in der Vergangenheit kontroverse Diskussionen unter Wissenschaftlern aus. Früher nahm man an, dass es sich um einen klassischen Maarsee handelt, für den die Vulkaneifel bekannt ist. Doch jüngere Forschungen ergaben, dass die Hohlform mit dem Kraterwall auch Charakterzüge einer Caldera aufweist. Nun gibt es einen weiteren Streit unter Wissenschaftlern, der den genauen Zeitpunkt der letzten Eruption betrifft.

Die Kontroverse begann im Jahr 2021. Damals wurde der Ausbruch vom Mainzer Geoforscher Frederick Reinig neu datiert. Die Datierung erfolgte anhand einer Radiokarbondatierung von Baumringen. Die Bäume wurden bei der Eruption verschüttet und kürzlich aus den Ablagerungen gegraben. Statt vor 12.880 Jahren sollte der Laacher-Vulkan bereits 130 Jahre früher ausgebrochen sein, also vor 13.010 Jahren. Was für uns normale Menschen eigentlich von geringer Bedeutung ist – um nicht zu sagen völlig unbedeutend – kann für die Wissenschaftler relevant sein: Die Asche vom Ausbruch verteilte sich über weite Teile Europas und dient als wichtiger Marker für die Datierung anderer Gesteinsschichten. Das kann nicht nur für den Geologen von Bedeutung sein, sondern auch für Klimatologen und Archäologen, die anhand von besonderen Bodenschichten ihre Klimaarchive lesen oder Funde datieren können und ganze geschichtliche Epochen festlegen. Kurzum könnte eine zeitliche Verschiebung der Laacher-Eruption (den See gab es damals ja noch nicht) weitreichende Folgen für die Geschichtsschreibung nach sich ziehen.

Ein anderes Forscherteam um James Baldini von der Durham University in Großbritannien stellt jetzt die neuen Datierungen des Vulkanausbruchs wiederum infrage. Sie wollen festgestellt haben, dass vulkanische Gase, die bereits vor dem Ausbruch ausgetreten sind, sich in den Ringen der Bäume einlagerten, was die Baumringdatierung verfälscht haben soll. Der aus der Tiefe der Erde stammende Kohlenstoff enthält kein radioaktives Kohlenstoff-Isotop, das für die Radiokarbondatierung verwendet wird. Dadurch erscheinen die Bäume älter, als sie tatsächlich sind. Die Wissenschaftler vermuten, dass die ursprüngliche Datierung vor 12.880 Jahren korrekt ist.

Als weiteres Argument gegen die Neudatierung wird ein Anstieg der Schwefelwerte in grönländischen Eisschichten und Seesedimenten angeführt. Dieser Sulfat-Peak ist in Schichten aus der Zeit vor 12.870 Jahren nachweisbar, kurz nach dem etablierten Datum für den Laacher-See-Ausbruch.

Die Forscher sind uneins über die Gültigkeit der Neudatierung. Das Team von Reinig bestreitet, dass die Bäume durch vulkanisches CO2 kontaminiert wurden. Weitere unabhängige Überprüfungen der Datierung werden vorgeschlagen, um Klarheit zu schaffen. Bis dies geschehen ist, sollten beide möglichen Daten für den Laacher-See-Ausbruch in Betracht gezogen werden. (Quellen: Pressemeldung Durham University,  Nature  https://www.nature.com/articles/s41586-023-05965-1)

Hunga-Tonga mit Blitzrekord – Studie vom 21.06.23

Hunga Tonga-Hunga Ha’apai stellte bei Eruption einen Blitzrekord auf

Der submarine Vulkan in Tonga war bereits öfters Gegenstand meiner Berichte auf Vnet. Der Vulkan eruptierte zwischen November 2021 und Februar 2022 und stellte dabei einige Rekorde auf. So kann man getrost von einer Eruption der Superlative sprechen, die ihren Höhepunkt in einer beispiellosen Explosionsserie am 15. Januar 2022 erreichte. Die Explosionen waren so stark, dass nicht nur ein Teil des Vulkans weggeblasen wurde und kollabierte, sondern dass Vulkanasche bis auf einer Höhe von 58 km aufstieg. Dabei wurden 5 Milliarden Kilogramm Tephra in den Himmel geschleudert; pro Sekunde wohlbemerkt. Die Druckwellen der Explosionen umrundeten mehrfach die Erde. Es wurden Tsunamis generiert, die die benachbarten Inseln dem Erdboden gleichmachten und es stiegen gewaltige Mengen Wasserdampf und Aerosol auf. Die Dampfmenge entsprach ein Zehntel der Wasserdampfmenge, die bereits in der Atmosphäre vorhanden war. Forscher gehen davon aus, dass der Wasserdampf -der ein potentes Treibhausgas darstellt- das Weltklima beeinflusst. Kurzum, die Hunga Tonga-Hunga Ha’apai Eruption war die stärkste seit mindesten 150 Jahren und übertraf den Ausbruch des Mount-St-Helens um eine Größenordnung auf dem VEI-Index. Es war auch der stärkste Vulkanausbruch, der jemals mit modernen Instrumenten erfasst wurde. Die Datenmenge ist entsprechend groß und wird erst nach und nach ausgewertet.

Daher wurde erst jetzt ein weiteres Superlativ der Eruption bekannt: In der 58 km hoch aufgestiegenen Eruptionswolke des stärksten Ausbruches zuckten mehr als 192.000 vulkanische Blitze innerhalb von 11 Stunden. Pro Minute wurden 2600 Blitze registriert. Darüber hinaus ereignete sich das Gewitter in einer noch nie dagewesenen Höhe von 20 bis 30 km und war höher als je zuvor ein Blitz gesehen wurde, sieht man mal von den Red Sprites ab.

Die Daten wurden von der US-amerikanischen Vulkanologin Alexa Van Eaton vom USGS in einer Studie ausgewertet. Die Blitzdaten wurden mit Hilfe von zwei Satelliten gesammelt, die mit entsprechenden Blitzdetektoren ausgestattet sind. Außerdem wurden landgestützte Funkantennen verwendet, um das vulkanische Gewitter zu verfolgen.

Dass sich so viele Blitze bildeten, war nicht nur der vulkanisch bedingten Ladungstrennung innerhalb der gigantischen Eruptionswolke zu verdanken. Die Forscherin geht davon aus, dass es vor allem die Blitzen in großer Höhe durch ionisierte Eiskristalle entstanden. Sie bildeten sich durch Kondensation der gewaltigen Wasserdampfmassen, die der Vulkanausbruch gen Himmel schickte.

Eine weitere Besonderheit des vulkanischen Gewitters war, dass es sich in 4 Phasen kreisförmig ausbreitete. Dabei scheinen die Blitze auf den Druckwellen der stärksten Explosionen geritten zu sein. (Quelle: https://doi.org/10.1029/2022GL102341)

Vulkan Ol Doinyo Lengai – Studie zum Magmensystem

Neue Studie zum Ol Doinyo Lengai kommt dem Fördersystem auf die Spur

Der Vulkan Ol Doinyo Lengai ist einer der faszinierendsten Vulkane der Welt, fördert er doch eine außergewöhnliche Natriumkarbonatische Schmelze die rezente (aktuell) nur von diesem Vulkan gefördert wird. Außerdem erhebt er sich vom Grund des Ostafrikanischen Rift Valleys aus, einer Region die man ohne zu übertreiben als eine der spektakulärsten Naturlandschaften des afrikanischen Kontinents beschreiben kann. Last, but not least, ist der Ol Doinyo Lengai der heilige Berg der Masai und nur mit einigem Aufwand zu besteigen. Daher ist der Vulkan bis vor wenigen Jahrzehnten nur ansatzweise erforscht gewesen. Das ändert sich in den letzten Jahren zunehmen, da vor allem britische und amerikanische Forscher dort einige Instrumentennetzwerke installierten. Die Studie von Forschern vom Virginia Tech in den USA über die ich berichten möchte, greift auf Daten von 6 bodengestützten GNSS Stationen zurück, mit deren Hilfe Bodendeformationen gemessen wurden. Sie waren zwischen 2016 und 2021 in Betrieb und um den Vulkan herum verteilt. Diese Daten wurden mit InSAR-Messungen (Interferometric Synthetic Aperture Radar) aus dem gleichen Zeitraum verglichen und durch die Umkehrung jedes Datensatzes abgeglichen. Mittels InSAR-Messungen, die von Satelliten aus gemacht werden, lassen sich ebenfalls geringste Bodendeformationen registrieren. Die so erhaltenen Deformationsmuster waren allerdings nicht einfach zu interpretieren gewesen. Die Autoren der Studie meinten, dass läge and er komplexen Tektonik der Region. Das Riftvalley ist ein über 6000 km langer Grabenbruch, an dem sich die Erdkruste öffnet und durch Dehnung ausgedehnt wird. Der Lengai liegt am Boden des südlichen Zweig des Ostafrikanischen Grabens und ist von weiteren Vulkanen umgeben, die aber als inaktiv oder ruhend eingestuft werden. Die Messungen zeigten, dass es eine Zone mit Subsidenz infolge von Deflation gibt, die oberflächennahe östlich des Vulkans Ol Doinyo Lengai liegt. Das Gebiet mit der Bodenabsenkung befindet sich zugleich südwestlich des ruhenden Vulkans Gelai. Die Forscher gehen davon aus, dass die Bodensenkung durch Deflation (Abfluss) von Magma verursacht wird und somit die Lage eines Magmenkörpers widerspiegelt. Die Tiefe des Magmenkörpers wurde relativ zum Krater des Vulkans Ol Doinyo Lengai ermittelt und in ungefähr 3,5 km Tiefe ausgemacht. Die Forscher fassen ihre Ergebnisse so zusammen, dass der Ol Doinyo Lengai von einem versetzten Multi-Reservoir-System gespeist werden könnte, das ein flaches Magma-Reservoir (<5 km) östlich von Ol Doinyo Lengai umfasst, das möglicherweise mit einem tieferen Magma-Reservoir verbunden ist.

Abb. 13. Eine konzeptionelle Modellgeometrie des Magmakanalsystems des Ol Doinyo Lengai, basierend auf dieser Arbeit (Ntambila Daud, D. Sarah Stamps und weitere) und früheren Studien (Petibon et al., 1998; Calais et al., 2008; Biggs et al., 2009, Biggs et al., 2013; Roecker et al., 2017; Reiss et al., 2021, Reiss et al., 2022).

Vielleicht liefert dieses multiple Reservoir-System einen neuen Erklärungsansatz für die Einzigartigkeit der Lava, die am Ol Doinyo Lengai austritt. Die Schmelze könnte durch einen langem Reifungsprozess in verschiedenen Magmenkörpern entstehen und sich als Residual-Schmelze in dem Magmenkörper sammeln, der seitlich versetzt zum Vulkan liegt.

Interessant ist auch der Umstand, dass es am Fuß des Ol Doinyo Lengais mehrere Seitenkrater gibt, die zum Teil als Maare interpretiert werden. Eine Reihe von Kratern liegen auch in dem Bereich zwischen Lengai und Gelai, in dem die Studie den seitlich versetzten Magmenkörper vermutet. Vielleicht wurden die Eruptionen dieser Krater direkt von so einem flachliegenden Magmenkörper verursacht. Vor allem die Maare könnte aus phreatomagmatischen Eruptionen hervorgegangen sein, bei denen Schmelze aus diesem oder einem vergleichbaren Magmenköper mit Grundwasser reagierte und starke Explosionen auslöste.

(Quelle: https://doi.org/10.1016/j.jvolgeores.2023.107821)

Campi-Flegrei-Neue Studie sieht Ausbruchsrisiko

Neue Studie attestiert dem süditalienischen Caldera-Vulkan Campi Flegrei ein erhöhtes Ausbruchsrisiko

Seit einigen Tagen geistert eine neue Studie italienischer Forscher durchs Netz, die den Calderavulkan Campi Flegrei unter die Lupe nahm. Mit Hilfe der natürlich auftretenden Erdbeben wurde das Verhalten der Gesteinsschichten untersucht, die bislang eine undurchdringliche Barriere für das Magma bildeten.

Der Vulkan bildet eine 15×12 Kilometer durchmessende Caldera, die einen großen Teil des Golfs von Pozzuoli einnimmt und sich auch an Land ausbreitet. Während der eigentliche Calderarand nur für Experten sichtbar ist, verdeutlichen mehrere Schlackenkegel und Kraterseen auch dem Laien, dass man sich in einem Vulkangebiet aufhält. Auf Deutsch wird das Areal Phlegräische Felder genannt, was verdeutlich, dass sich die Namensgeber zwar des vulkanischen Charakters des Gebiets bewusst waren, aber nicht unbedingt, dass man sich im Inneren einen großen Vulkans befindet. In direktem Umkreis des Vulkans leben mehr als 360.000 Menschen; viele von ihnen leben mitten im Vulkan. Vor gut 38.000 Jahre brach er in einer gigantischen Eruption aus, die heute sehr wahrscheinlich jeden der Anwohner töten würde und auch über die Todeszone hinaus das Leben in weiten Teilen Europas massiv beeinflussen würde. Seitdem gab es mehrere normalgroße Vulkanausbrüche. Der letzte ereignete sich 1538. Damals entstand der Schlackenkegel Monte Nuovo. Der bekanntere Solfatara-Krater eruptierte im Jahr 1158. Heute finden sich in seinem Gebiet die beeindruckendsten postvulkanischen Erscheinungen.

Die Campi-Flegrei ist überdies für ein Phänomen bekannt, das Bradyseismos genannt wird: es kommt zu mehrjährigen Phasen, während derer sich der Boden um mehrere hebt und anschließend wieder langsam absinkt. Die Bodendeformationen gehen einher mit einer starken Seismizität. Es kommt zu Tausenden schwachen Erdbeben, die meistens im Bereich der Mikroseismizität liegen, aber auch die Wahrnehmbarkeitsschwelle überschreiten können und Magnituden im 3er-Bereich haben. Die Bodenhebungen werden von magmatischen Fluiden (Gas und Wasser) verursacht, die sich im Untergrund ansammeln und teilweise an der Oberfläche austreten. Um sich in den oberflächennahen Gesteinsschichten ansammeln zu können oder an der Oberfläche zu entweichen, müssen die Fluide fast undurchdringliche Sedimentschichten durchqueren. Die stabilste dieser Schichten liegt in 2,5 km Tiefe. Die Schichten dichten die Caldera nach oben ab, so dass Magma nicht aufsteigen kann, sondern sich in ca. 8 km Tiefe unter den Sedimentschichten ansammelt. Dadurch steigt der Druck im Magmenkörper und die Gesteinsschichten geraten unter Spannungen. Auf diese Spannungen kann Gestein auf zwei Arten reagieren: durch Verformung und Bruch. Meistens verhält es sich so, dass auch das härteste Gestein eine gewisse Elastizität besitzt und sich unter Spannungen erst einmal verformt. Diese Verformung kann sich an der Erdoberfläche in einer Anhebung des Bodens manifestieren, besonders, wenn ein großes Areal betroffen ist, dass under Spannungen gerät. Gesteine, auch mehrere Kilometer mächtige Gesteinsschichten, sind bis zu einem gewissen Punkt verformbar, aber sobald ein Schwellenwert überschritten ist, kommt es zum Bruch des Gesteins. Als erstes brechen Zonen, die bereits geschwächt sind und wo die Spannung am stärksten einwirkt. Es bilden sich Risse, die nicht nur für Gas und Wasser durchlässig sind, sondern auch für Magma.

Die besagte Studie untersuchte nun die Spannungsverhältnisse der Campi Flegrei und kam zu dem Schluss, dass die Deckelschichten der Caldera bis zum Sommer 2020 auf steigende Spannungen verformbar -der Fachmann spricht von duktil- reagierten. Seitdem kommt es vermehrt zum Bruch der Gesteine, was sich in stärkeren Erdbeben in Tiefen unterhalb von 2 km äußert. Es bilden sich Frakturen, durch die Magma aufsteigen könnte. Allerdings sind die Risse noch zu fein, als dass kurzfristig mit einer Eruption zu rechnen ist. Die Forscher stellten drei Szenarien auf, was ihrer Meinung nach passieren könne:

a) Es entsteht ein neues Gleichgewicht der Spannungen im Untergrund infolge eines erhöhten Fluidstrom in der Kruste und der Boden senkt sich wieder ab.

b) Der Strom magmatischer Fluide fluktuiert in der Kruste und es bilden sich Risse, die durch Mineralisation aus den Fluiden wieder verschlossen werden. Es kommt zu einer Abfolge langsamer Hebungs- und Absenkungsphasen. Als Beispiel für dieses Szenario werden die Vorgänge der Yellowstone-Caldera herangezogen, doch Meiner Meinung nach treffen sie ja genau auch auf die Ereignisse der Campi-Flegrei zu, denn wir befinden uns in der 4. Hebungsphase seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Zwischen den Hebungsphasen gab es bis jetzt 3 Phasen der Bodenabsenkung.

c) Die Hebung hält an und die Deckelschichten brechen vollständig- eine unmittelbare Folge wären phreatische Eruptionen, wenn die akkumulierten Fluide durchbrechen. Dieses Szenario könnte dann auch in einem magmatischen Vulkanausbruch gipfeln. Das Kluftsystem bei Sofatara-Pisciarelli ist ein bevorzugter Ort für einen Bruch, so die Forscher.

Im Endeffekt bestätigt diese Studie was man bereits ahnte: der Vulkan könnte langfristig betrachtet wieder ausbrechen. Wie groß eine Eruption werden wird ist noch nicht abzuschätzen. Genausogut kann es aber noch Jahrzehnte, oder Jahrhunderte mit dem Bradyseismos weitergehen, ohne dass es zu einem Vulkanausbruch kommt. Aufgrund der beobachteten Rissbildungen scheint das Ausbruchsrisiko höher zu sein, als es von vielen Fachleuten bislang angenommen wurde.

Zusammenfassung:

  • Zunahme von Erdbeben in Tiefen unterhalb von 2,5 km deuten auf Rissbildungen im Gesteinsdecke hin.
  • Die Risse könnten sich zu größeren Brüchen erweitern.
  • Durch die Brüche könnte Magma aufsteigen.
  • Es könnte zum Vulkanausbruch kommen.

(Quelle der Studie: nature.com)

Wissen macht rumms!

Was ist der Unterschied zwischen duktil und spröde?

Der Geologe unterscheidet zwischen sprödem und duktilem Verhalten von Gesteinen. Der Begriff „duktil“ bezieht sich auf die Fähigkeit eines Gesteins, sich unter Druck oder Zug zu verformen, ohne zu brechen. Es bezeichnet die plastische Verformbarkeit eines Gesteins oder Minerals. Wenn ein belastetes Gestein nicht weiter verformbar ist verhält es sich spröde und es kommt zum Bruch. Verschiedene Gesteinsarten unterscheiden sich in ihrer Verformbarkeit und brechen bei unterschiedlichen Druck- und Zugbedingungen.

Studie über Glasfaserkabel zur Vulkanüberwachung

Internationales Forscherteam benutzte Glasfaserkabel zur seismischen Vulkanüberwachung

Dass die Seismizität eines Vulkans ein wichtiges Instrument zu deren Überwachung ist und dass mit Hilfe vulkanisch-bedingter Erdbeben sogar Vulkanausbrüche vorhergesagt werden können, ist den meisten Lesern von Vulkane.net bekannt. Normalerweise werden hierfür Seismometer verwendet, die extra am Vulkan installiert werden müssen. Um dann noch eine räumliche Vorstellung über den Ort der Erdbeben in der Tiefe zu bekommen, bedarf es eines aufwendigen Netzwerks von Seismografen, dessen Installation, Pflege und Überwachung teuer ist. Mit einem genügend dichten seismischen Netzwerk kann man die Lage der Hypozentren genau lokalisieren und mit Hilfe von Computerprogrammen visualisieren. Daraus entwickelte sich in den letzten Jahren das Verfahren der seismischen Tomografie, mit dessen Hilfe man sogar die Lage von Magmenkörpern und Förderschloten darstellen kann.

Seit einigen Jahren probieren Wissenschaftler aus, bestehende Infrastruktur zur Erdbeben-Detektion zu benutzen. Gemeint sind hiermit Glasfaserkabel der Telekommunikation, die in der Lage sind, niederfrequente Erdbebenschwingungen zu registrieren. Zum ersten Mal las ich vor zwei Jahren davon, als man am Fagradalsfjall extra Glasfaserkabel vergrub um entsprechende Schwingungen zu registrieren. Ein internationales Forschungsprojekt mit Forschern des INGV, der Uni Catania und des GFZ-Potsdam testeten im vergangenen Februar die Nutzung des unterseeischen Glasfaser-Telekommunikationskabels im Bereich der sizilianischen Vulkaninsel Vulcano. Zur Anwendung kam eine neue Technologie, die DAS-(Distributed Acoustic Sensing) genannt wird. Auf einer Länge von 16 km wurden die Verspannungen und Dehnungen der Glasfasern gemessen, die aufgrund von Bodenbewegungen und Erschütterungen im Kabel entstanden. Die Verspannungen im Kabel äußern sich in einer geringen Längenänderung der Glasfaser. Diese wurde mit Hilfe eines Laser-Lichtimpulses gemessen, der durch einen freien Glasfaserstrang des Kabels gesendet wurde. Die Streuung des reflektierten Laserimpulses lässt Rückschlüsse auf die Längenänderung des Kabels zu. So entstand eine riesige Datenmenge, die mit Hilfe einer KI und neu entwickelter Algorithmen ausgewertet wurde.

Die Forscher um Gilda Currenti (INGV) und Philippe Jousset (GFZ) verglichen ihre Daten aus dem DAS-Gerät mir den Signalen der herkömmlichen Erdbebenüberwachung und extrahierten aus den Daten langperiodische Erdbeben, die den Meeresgrund um Vulcano erschütterten. Das Zustandekommen der langperiodischen Erdbeben wurde von den Forschern als Erdbebensignale interpretiert, die durch Fluidbewegungen in einem Hydrothermalsystem entstanden sind und mit Entgasungen am Meeresgrund einhergingen. Also finden im Bereich von Vulcano ähnliche Prozesse statt, wie wir sie von dem Calderavulkan Campi Flegrei herkennen.

Die Forscher planen ihre Methode an anderen Vulkanen auszuprobieren. Dazu später mehr. (Quelle: GFZ Potsdam)

Schlammvulkan vor Norwegen entdeckt – News vom 11.05.23

Forschungsboot entdeckt Schlammvulkan zwischen dem Nordkap und Spitzbergen

In der zu Norwegen gehörenden Barentsee wurde südlich von Spitzbergen ein unterseeischer Schlammvulkan entdeckt. Er befindet sich in der Nähe der Bäreninsel, die überwiegend aus präkambrischem bis triassischem Gesteinen besteht. Der Schlammvulkan liegt in 400 Metern Meerestiefe und wurde auf einer Fahrt des norwegischen Forschungsschiff Kronprinz Haakon von Forschern der Arktischen Universität Norwegens mit Sitz in Tromsø entdeckt, die mit einem Team von REV Ocean zusammenarbeiteten. Es ist der zweite Schlammvulkan der bislang in norwegischen Gewässern ausgemacht worden ist.

Anders als bei normalen Vulkanen aus Eruptivgesteinen, hat ein Schlammvulkan nur selten etwas mit magmatischen Prozessen zu tun. Oft stehen sie im Zusammenhang mit Erdöl- und Gasfeldern. Die treibende Kraft hinter solchen Schlammvulkanen ist Methangas, das den Druck erzeugt, um Fluide aus der Erde zu drücken. Um den Aufstiegskanal der Fluide sammelt sich Schlamm an, so dass ein kleiner Kegel entsteht. Der Borealis getaute Schlammvulkan könnte hier aber eine Ausnahme bilden, da er in einer 300 Meter breiten und 25 Meter tiefen Depression liegt, die von den Entdeckern als Krater beschrieben wird. Borealis selbst bildet nur einen Kegel mit 7 Metern Durchmesser und 2,5 m Höhe. Auf einem Foto ist zu erkennen, dass der Schlammvulkan Fluide ausstößt und erinnert mich ein wenig an einem Blacksmoker.

Genaues über sein geologisches Umfeld wurde nicht bekanntgegeben, doch die Lage in relativer Nähe zum Mittelatlantischen Rücken verrät, dass hier durchaus magmatische Kräfte am Werk sein könnten. Allerdings gibt es in der Nähe der Norwegischen Küste der Bartenssee auch Ölfelder, sodass beide Entstehungsmöglichkeiten des Schlammvulkans infrage kommen und die Wissenschaftler glauben, dass der Schlammvulkan durch einen natürlichen Ausbruch entstanden ist, der nach der letzten Eiszeit plötzlich große Mengen Methan freisetzte.

Magmatisch bedingte Schlammvulkane kenne ich aus den thermalgebieten von Neuseeland, vom Yellowstone Nationalpark und von Island. Methan-getriggerte Schlammspeier sind mir bislang in Indonesien (Lucy, Bleduk Kuwu) und Italien (Salse di Nirano) begegnet, an Orten die gar nicht mal soweit von Vulkanen entfernt liegen.

Neuer Katalog mit Unterwasservulkanen erstellt

Forscher entdecken mehr als 19.000 unbekannte Unterwasservulkane

Auf der Erde gibt es ungefähr 1900 Vulkane, die als potentiell aktiv eingestuft werden und nach einer Aufwärmphase jederzeit mit einer Eruption beginnen könnten. Als potentiell aktiv gilt ein Vulkan, wenn er in den letzten 10.000 Jahren wenigstens einmal ausgebrochen ist. Dabei ist auch klar, dass es eine Reihe von Vulkanen gibt, die nach weitaus längeren Ruhezeiten wieder ausbrechen könnten. Seit einiger Zeit nehmen Wissenschaftler an, dass es am Grund der Ozean eine noch weitaus größere Zahl aktiver Vulkane geben könnte, als die bis jetzt bekannten. Eine neue Studie bestätigt die Hypothese und enthüllte mehr als 19.000 bis dato unbekannte Unterwasservulkane. Wie viele von ihnen laut Definition als potentiell aktiv eingestuft werden müssen, bleibt allerdings weiter im Verborgenen.


Die 19.000 submarinen Vulkane wurden im Rahmen einer Radar-Kartierung am Grund der Weltmeere aufgespürt. Zusammen mit den bereits bekannten 24.000 Seamounts einer vergleichbaren Messkampagne aus dem Jahr 2011 wurden sie in einem neuen Katalog zusammengefasst, der jüngst in der Zeitschrift Earth and Space Science veröffentlicht wurde.

Ein internationales Forscherteam wertete die Messungen aus, die u.a. mit neuen CryoSat-2-Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und mit dem SARAL-Erdbeobachtungssatelliten der indischen- und der französischen Weltraumagenturen gemacht wurden. Mit Hilfe der Messungen konnten Unterwasservulkane aufgespürt werden, die sich mindestens 1.100 Meter über dem Meeresgrund erheben. Im Umkehrschluss besagt das aber auch, dass noch unzählige kleinere Seamounts unentdeckt geblieben sind.

Bis jetzt wurden nur ein Viertel der Meeresböden mit Hilfe von Sonar genau kartiert. Nur ca. 16.000 von den per Satellit entdeckten 43.000 Seamounts sind überhaupt mit Sonargeräten erfassbar. Die bislang unentdeckten Unterwasservulkane stellten eine Gefahr für U-Boote dar, die bei ihren Tauchgängen mit den Unterwasserhindernissen zusammenstoßen könnten. Tatsächlich gab es im Jahr 2005 einen entsprechenden Vorfall, als das US-amerikanische Atom-U-Boot USS San Francisco gegen einen Seamount prallte. Ein Crewmitglied starb dabei. Auch im Jahr 2021 kollidierte ein U-Boot (USS Connecticut) mit einem Unterwasservulkan im südchinesischem Meer, wobei es beschädigt wurde.

Natürlich weckt die Entdeckung von so vielen Unterwasservulkanen auch Begehrlichkeiten von Tiefseebergbauunternehmen, denn in der Nähe von Vulkanen warten viele mineralische Rohstoffe auf ihre Entdeckung. Ihr Abbau erfolgt zu Ungunsten der Meeresbewohner, von denen sich einige Arten auf die Umgebungen submariner Vulkane spezialisiert haben. (Quelle der Studie: https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1029/2022EA002331)

Erdbeben-Studie zur Cascadia-Störungszone

Neue Sorge vor Mega-Erdbeben an der Cascadia-Subduktionszone wegen Fluid-Austritt

Wahrscheinlich ist es dem Erdbeben Mw 5,8 geschuldet, dass sich vor zwei Tagen vor dem kanadischen Vancouver Island ereignete, dass die amerikanischen Medien nun wieder die Angst vor einem Megabeben an der großen Störungszone thematisieren, denn Ansonsten wäre die Meldung von Forschern der Universität Washington klanglos verpufft. Sie machten auf ein Phänomen am Meeresboden vor der Pazifikküste aufmerksam, das seit 2015 bekannt ist und damals als eine Reihe von Löchern im Ozeanboden abgetan wurde. Doch aus den Löchern strömt ein Fluid, das sich in Wasserschlieren bemerkbar macht. Mich erinnern die Löcher and die Münder von Fumarolen oder eines Black Smokern, aus denen hydrothermale Lösungen austreten.

Aufgespürt wurden die mysteriösen Löcher auf einer Fahrt des Forschungsschiffs Thomas G. Thompson. Die Forscher tasteten den Ozeanboden mittels Sonar ab und stießen eher zufällig auf das Phänomen. Die Löcher erstrecken sich auf einer Länge von gut 1 km und befinden sich in 1200 m Wassertiefe in gut 80 km Entfernung zur Küste.

Die Wissenschaftler schenkten dem Phänomen nun neue Aufmerksamkeit und ihre aktuelle Situationsanalyse kommt zu dem Schluss, dass aus der Lochreihe ein Fluid austritt, dass in der Ozeankruste an der Cascadia-Störungszone als Schmiermittel fungieren könnte und für ein reibungsloses aneinander vorbeigleiten der Platten verantwortlich sein könnte. Die Sorge besteht darin, dass durch das Austreten des Fluids das Schmiermittel in der Tiefe der Störungszone knapp wird und sich die Platten verhaken können. Solche Verhakungen sorgen für einen starken Spannungsaufbau in der Erdkruste, der sich dann explosionsartig in einem Erdbeben entladen könnte. Schon seit langem weiß man, dass sich entlang der Cascadia-Störungszone ein Starkbeben mit Magnituden im achter Bereich ereignen können und sogar ein Beben mit der Magnitude neuen kann man nicht ausschließen. Betroffen könnten Metropolen wie Vancouver (Kanada) und Seattle (USA) sein, die weniger Kilometer hinter der Störungszone liegen.

Die Flüssigkeitsschwaden sind etwa 9 °C wärmer als das umgebende Wasser, daher vermuten sie, dass sie aus etwa 4 km unter dem Meeresboden stammen, wo sich der Cascadia-Megathrust befindet. In dieser Tiefe werden die Temperaturen auf 150 bis 250 °C geschätzt. Die Analyse der Flüssigkeit ergab, dass sie sehr hohe Mengen an Bor und Lithium enthält, während die Mengen an Chlorid, Kalium und Magnesium gering sind. „Das ist etwas, das ich noch nie gesehen habe und, soweit ich weiß, noch nie zuvor beobachtet wurde“, sagte Dr. Evan Solomon, Co-Autor der Studie und Professor für Ozeanographie an der Universität von Washington, in einer Pressemitteilung.

Die Cascadia-Verwerfung erstreckt sich über eine Länge von 1100 km an der Pazifikküste Nordamerikas. Hier wird die ozeanische Yuan-de-Fuca-Platte unter die Platte des Nordamerikanischen Kontinents subduziert. Sie verläuft vor der Südküste Kanadas und reicht hinab bis nach Nordkalifornien, wo sie auf die San-Andreas Verwerfung trifft. Die Cascadia-Verwerfung ist für den Vulkanismus der Kaskaden-Vulkane mitverantwortlich, denn durch partielles Schmelzen der subduzierten Yuan-de-Fuca-Platte entsteht ein Großteil des Magmas, das als Lava an den Vulkanen wie Mount St. Helens austritt. Ein starkes Erdbeben könnte hier auch einen Vulkanausbruch triggern.

Vulkan Pico del Teide – Neue Studie

Erdbeben und Deformtion am Pico del Teide auf Teneriffa

Dass der Vulkan der Kanareninsel Teneriffa nicht erloschen ist, ist kein Geheimnis, doch neue Studien haben Hinweise entdeckt, dass sich der Vulkan auf eine Eruption vorbereiten könnte.

In den letzten Tagen gab es ein kleines Schwarmbeben unter dem Pico del Teide. Und nicht nur dort bebte es, sondern auch im Bereich des Unterwasservulkans Emnedio. Das stärkste Einzelbeben dort brachte es auf eine Magnitude von 2,8. Außerdem stellten man fest, dass es eine schwache Bodendeformation im Bereich des Pico del Teide gibt. Je nach Quelle fällt diese unterschiedlich stark aus. Während in einigen Berichten von einigen Millimetern Bodenhebung die Rede ist, sprechen andere Quellen von 1 bis 2 Zentimetern Bodenhebung. Die Forscher sind sich aber einig, dass es einige blasenartige Magmenkörper zu geben scheint, die von einem größeren Magmenkörper in mehr als 10 Kilometer Tiefe ausgehen und langsam aufsteigen. Die obersten Magmablasen sind inzwischen in 5 km Tiefe angekommen. Dort reift das Magma und differenziert möglicherweise zu einer phonolitischen Schmelze, wie sie typisch für die Eruptionen des Pico del Teide ist. Die Wissenschaftler meinen, dass Beben und Deformation durch die aufsteigenden Magmablasen verursacht werden und Anzeichen dafür sind, dass sich der Vulkan auf eine Eruption vorbereiten könnte. Verstärken sich diese Signale, dann wird man einen preeruptiven Alarm geben müssen.

Das ist die Quintenz einer Studie an der mehrere internationale Forschergruppen beteiligt sind. Sie stammten vom Institut für Erdölgeologie und Geophysik in Nowosibirsk in Russland, dem Vulkanologischen Institut der Kanarischen Inseln (INVOLCAN) und der Universität Granada. Sie durchleuchteten den Untergrund von Teneriffa mithilfe einer Methode, die als seismische Tomographie bekannt ist: Die Daten Tausender Mikroerdbeben unter Teneriffa wurden analysiert, indem man die Laufzeitunterschiede der Erdbebenwellen untersuchte. Diese lassen Rückschlüsse über die Beschaffenheit des Untergrunds zu. Mit Hilfe einer Computeranalyse lässt sich ein 3-D-Modell erzeugen, das Zonen von Material unterschiedlicher Dichte visualisiert. So entdeckte man die Magmenkörper unter dem Vulkan.

(Quelle: Journal of Geophysical Research-Solid Earth [https://doi.org/10.1029/2022JB025798])