Japan: Wobbeln verursacht starke Erdbeben

  • Die Schäden nach dem Erdbeben am 16. März sind größer als angenommen
  • Eine Studie kommt den Starkbeben Japans auf die Spur

Zwei Tage nach dem starken Erdbeben der Magnitude 7,3, dass sich vor der Küste der japanischen Insel Honshu ereignete, wurde klar, dass die Schäden größer waren, als zunächst angenommen. Mindestens 4 Menschen starben, mehr als Hundert Personen wurden verletzt. Es kam zu Stromausfällen und zu Störungen an der Atomruine von Fukushima. Zudem entgleiste ein Hochgeschwindigkeitszug, die Passagiere blieben unverletzt.

Forschungsarbeit kommt den Starkbeben auf die Spur

Eine Forschungsarbeit aus dem Jahr 2020 kam einer möglichen Ursache von Starkbeben in Japan auf die Spur. Die Arbeit bezieht sich auf das Starkbeben vom 11. März 2011, das zur Havarie des Atomkraftwerks von Fukushima führte. Es hatte die Magnitude 9,1 und setzte damit fast Tausendmal soviel Energie frei, wie das aktuelle Erdbeben der Magnitude 7,3. Damals starben mehr als 15.500 Menschen. Der Hauptautor der Studie, Jonathan Bedford, vom Deutschen Geo-Forschungs-Zentrum Potsdam, untersuchte die GPS-Daten des umfangreichen japanischen Netzwerkes. Dabei fand er heraus, dass sich die Erdkruste Japans in den Monaten vor dem Beben erst von Osten nach Westen und dann wieder nach Osten verschoben hat. Diese Bewegung Japans bezeichnet er als „Wobbeln“. Dieses Wobbeln, bzw. Wackeln entsteht durch die Subduktion Ozeanischer Kruste unter Kontinentaler Kruste. Die abtauchende Platte verhakt sich am Gestein der darüberliegenden Platte. Wenn sich die Verhakungen lösen, entsteht ein Erdbeben. Im Falle Japans sind 4 Platten beteiligt, von denen 2 Platten unter Japan subduziert werden. Diese Subduktion erfolgt mit verschiedenen Geschwindigkeiten und ist aufgrund der Verhakungen nicht gleichmäßig. Dadurch wird Japan mal in die eine Richtung verschoben, mal in die Andere. Die resultierenden Spannungen sind enorm, so dass es zu Starkbeben kommen kann.

Hier eine Animation der Bewegungsvektoren. © japantimes.co.jp/GFZ/Jonathan Bedford

Das internationale Forscherteam beobachtete eine gegenläufige Verschiebung Japans. Die genaue Analyse der Daten ergab, dass sich die Erdkruste einige Monate lang, zwischen 4 und 8 Millimeter nach Osten bewegte, dann nach Westen und wieder nach Osten. Es kam aber nicht nur zu einer gegenläufigen horizontalen Verschiebung, sondern auch zum Absenken und Anheben der Erdkruste. Die Rate belief sich auf 0,1 mm/Tag. Diese Bewegungen unterschieden sich deutlich von den gleichmäßigen Verschiebungen, die die Kontinentalplatten der Erde ständig vornehmen. Wiederholt sich dieses Bewegungsmuster künftig, könnte es ein Indiz sein, dass sich ein neues Starkbeben anbahnt.

Die Wissenschaftler der Studie gehen davon aus, dass es an anderen Plattengrenze solche wobbelnden Bewegungsmuster nicht gibt. Falls doch, dann sind sie mangels eines entsprechend gut ausgebauten GPS-Netzes nicht zu erfassen. (Quelle: scienceunavco.org/Linda Rowan/Jonathan Bedford u.w.)

Yellowstone: Bodenhebung im Vergleich zu anderen Calderen

Bei Caldera-Vulkanen handelt es sich um die größten irdischen Vulkanstrukturen, die nur von den Flutbasaltprovinzen übertroffen werden. Calderavulkane sind in der Lage, sogenannte Supervulkaneruptionen zu erzeugen, die sich global auswirken können. Daher steht ihre Erforschung im Fokus vieler Geowissenschaftler. Jüngst verglich das USGS die Bodendeformationen verschiedener Calderasysteme mit dem Yellowstone-Vulkan.

Zusammenfassung

  • Bodendeformationen der Yellowstone-Caldera werden seit 1923 gemessen
  • Die jährliche Deformationsrate von Long-Valley-Caldera und Yellowstone-Caldera sind fast identisch
  • Die Bodendeformation der Campi Flegrei ist 12 Mal so groß
  • Vor der letzten Eruption in der CF gab es dramatische Bodenhebungen

Yellowstone-Caldera und ihr Hydrothermalsystem

Der Yellowstone-Nationalpark beherbergt nicht nur ein fantastisches Naturreservat, sondern eine Caldera mit Tausenden postvulkanische Manifestationen. Dabei handelt es sich um verschiedene Arten von heißen Quellen, Geysiren, Schlammtöpfen und Fumarolen. Sie verdanken ihre Existenz dem vulkanischen Hydrothermalsystem, dass durch einen heißen Magmenkörper unter dem Vulkan mit Energie versorgt wird. Vom Magmenkörper ausgehend, steigen Magmatische Fluide auf, die im Untergrund der Caldera zirkulieren und sich mit Grundwasser vermischen. Die Menge des Grundwassers schwankt und ist u.a. von Niederschlägen abhängig, aber auch von Grundwasserströmen, die überregionalen Einflüssen unterliegen. So ist das Hydrothermalsystem eines Calderavulkans äußerst dynamisch und kann die unterschiedlichsten Prozesse steuern: neue Quellen und Geysire entstehen, oder alte postvulkanische Manifestationen vergehen. Gas- und Bodentemperaturen sind einer großen Variabilität unterzogen und es kann zu Phasen mit Bodendeformationen kommen. Je nach der Aktivität des Hydrothermalsystems hebt und senkt sich der Boden der Caldera, wobei es nicht einfach ist, zu unterscheiden, ob die Bodendeformationen ausschließlich durch Änderungen im Hydrothermalsystem zustande kommen, oder ob es Magmenaufstieg gibt. Dieser wirkt sich auch direkt auf das Hydrothermalsystem aus und sorgt dort für erhöhte Aktivität, lange bevor es zu einem Vulkanausbruch kommt, wenn es denn überhaupt dazu kommt.

Heute detektiert man die Höhenänderungen des Bodens mittels Satelliten und verwendet INSAR-Systeme und GPS Messungen. Früher mussten Höhenänderungen des Bodens aufwendig vermessen (nivelliert) werden. Dazu wurde ein Nivelliertrupp losgeschickt, so wie wir sie von Landvermessungen her kennen. Zum ersten Mal geschah das in der Yellowstone-Caldera im Jahr 1923.

Bodendeformationen der Yellowstone Caldera

Seitdem hat sich das Zentrum der Caldera um gut 90 Zentimeter angehoben. Dabei stellt man fest, dass es durchaus zu periodischen Hebungs- und Senkungsphasen kam, wobei sich eine jährliche Höhendifferenz von gut 14 mm pro Jahr ergab.

Das USGS stellte jüngst einen interessanten Vergleich von Bodendeformationen verschiedener Calderavulkane auf und verglich die Bodendeformationen am Yellowstone-Vulkan mit denen der Long-Valley-Caldera, die ebenfalls in den USA liegt. Hier wurde erstmals in den 1970iger Jahren eine Bodenhebung dokumentiert. In den 47 Jahren zwischen 1975 und 2022 betrug die maximale Hebung der Long-Valley-Caldera insgesamt 66 cm und lag damit auf ähnlichem Niveau wie die Hebung des Bodens der Yellowstone-Caldera.

Die Graphen der Bodenverformung von Yellowstone und Long Island verlaufen im Vergleich zur blauen Kurve der Campi Flegrei geradezu flach. © USGS/INGV

Dramatische Bodenhebung in der Campi Flegrei

Ein weiterer Vergleich der beiden US-amerikanischen Vulkane mit dem großen italienischen Calderavulkan Campi Flegrei enthüllt erstaunliches: dort hebt und senkt sich der Boden mit deutlich schnelleren Raten. Aktuell liegen sie bei 13 mm pro Monat. Die jährliche Hebungsrate ist also 12 Mal so groß, wie in den beiden anderen Calderen. Wissenschaftliche Untersuchung und historische Aufzeichnungen ergaben, dass sich der Boden im Bereich der Caldera um bis zu 7 m hob uns senkte.

Im Gegensatz zu den beiden amerikanischen Calderavulkanen, kam es in der Campi Flegrei zu historischen Zeiten bereits zu einer Eruption. Sie ereignetes ich im Jahr 1538 und ließ den Schlackenkegel Monte Nuovo entstehen. Im Vorfeld des moderaten Vulkanausbruchs kam es zu massivsten Bodenhebungen, bei denen die Küste soweit angehoben wurde, dass sich die Küstenlinie um 370 Meter seewärts verschob. Dabei ging die Bodenhebung so schnell vonstatten, das Fische in Tümpeln gefangen wurden, die sich auf dem neuen Küstenstreifen bildeten.

Schlussfolgerungen für Supervulkaneruptionen

Diese historischen Beobachtungen lassen die Wissenschaftler vermuten, dass es vor einer Supervulkan-Eruption eines Calderavulkans wohlmöglich zu weitaus stärkeren Bodendeformationen kommen könnte, als jene, die sich 1538 im Golf von Pozzuoli zutrugen. Was sich tatsächlich ereignen wird, ist aber ungewiss. Gewiss ist nur, dass es irgendwann zu einem weiteren Ausbruch eines der großen Calderasysteme kommen wird. Solche Eruptionen haben das Potenzial sich global auszuwirken und das Klima zu beeinflussen. (Quelle: USGS)

Campi Flegrei: Neues Modell zu aktuellen Vorgängen

Staat: Italien | Koordinaten: 40.826, 14.138 | Eruption: Fumarolisch

Der süditalienische Caldera-Vulkan Campi Flegrei steht häufig in den News, da sich der Boden seit einigen Jahren hebt, was viele schwache Erdbeben verursacht. Es besteht die Sorge, dass sich der Vulkan auf eine Eruption vorbereiten könnte. Daher wird die Aktivität des Vulkans genaustens beobachtet. Geowissenschaftler der verschiedensten Disziplinen forschen am Vulkan und fühlen ihm den Puls.

Aktueller Status der Campi Flegrei

Alleine in der Woche vom 28. Februar bis zum 6. März 2022, wurden von den Sensoren des INGVs 33 schwache Erdbeben registriert. Die stärkste Magnitude lag im Bereich um M 0.9. Die Bodenhebung belief sich auf 13 mm im Monat. Ein deutlicher Anstieg gegenüber der Hebungsperiode bis zum November 2021. Seit 2011 hob sich der Boden stellenweise um bis zu 86,5 cm Darüber hinaus gab es konstante Dampfemissionen. Die Gastemperatur an der Pisciarelli-Fumarole belief sich auf 95 Grad Celsius.

Sichtbare Auswirkungen der Bodenhebung

In den letzten Wochen wurden die Veränderungen am Vulkan immer stärker sichtbar und beschränkten sich nicht nur auf die Messwerte der Vulkanologen. Am ausgeprägtesten sind die Veränderungen im Bereich des Hafens von Pozzuoli, wo Teile des Hafenbeckens nun bei Ebbe auf dem Trockenen liegen. Außerdem kommt es gelegentlich zu stärkeren Erschütterungen, die von den Anwohnern gespürt werden. All diese Symptome beunruhigen die Anwohner der Caldera immer mehr.

Neue Forschungen zur Campi Flegrei

Die bislang jüngste Studie zum Vulkan, die unter Schirmherrschaft des INGVs im Rahmen des Projekts LOVE-CF durchgeführt wurde, kombinierte eine Reihe von Beobachtungen aus den Bereichen der Petrologie und Geochemie und erstellte damit numerische Simulationen zur Vulkandynamik. Die Studie kam zu dem Schluss, dass neues Tiefenmagma in ein flach liegendes Reservoire aufgestiegen ist. Es befindet sich in 8 km Tiefe, unter einer Deckschicht aus kristallinem Gestein. Dieses Gestein wurde geschwächt und es entstanden Risse, bei deren Bildung nicht nur Erdbeben ausgelöst wurden, sondern auch Gas aufsteigen konnte. Es kam zur Bodenhebung und zur Aufheizung des Hydrothermalsystems, was wiederum Erdbeben und Gasemissionen verursachte. (Quelle: https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1029/2021JB023773)

Santorin: Neue Forschungen zur Minoischen Eruption

Die Minoische Eruption stellte eine der größten Naturkatstrophen der Bronzezeit dar: die verheerende Eruption des Vulkans Thera auf Santorin machte nicht nur die Insel temporär unbewohnbar, sondern könnte vor 3500 Jahren sogar den Untergang der Minoischen Kultur eingeleitet haben: die Eruption löste Tsunamis aus, die gegen die Küsten der umliegenden Inseln brandeten und große Zerstörungen anrichteten. Die Wellen erreichten auf Kreta eine Höhe von bis zu 9 Metern. Die Vulkanasche verteilte sich im gesamten Mittelmeerraum und stellt einen wichtigen Zeitmarker dar, der zur Einordnung ägyptischer Dynastien verwendet wurde. Neue Forschungsergebnisse legen nahe, dass die Katastrophe noch größer war als bislang angenommen.

In einer interdisziplinären Grabungskampagne wurde nun nachgewiesen, dass die Tsunamis nicht nur die Küsten der umliegenden Inseln der Ägäis verwüsteten, sondern sogar die türkische Küste erreichten: bei Grabungen in Çeşme-Bağlararası entdeckte das internationale Team aus Geologen, Archäologen und anderen Forschern, nicht nur einen Schutt-Horizont der von Tsunamis verursacht wurde, sondern auch sterbliche Überreste.

Erste Todesopfer der Minoischen-Katastrophe entdeckt

Bei den Überresten handelt es sich um die Skelette von einem Mann und einem Hund. Sie wurden in den bronzezeitlichen Erdschichten der einstigen Hafenstadt entdeckt. Die Trümmerschichten zeugen von den 4 Tsunamis, die Teile der Siedlung überfluteten und eine Spur der Verwüstung hinterließen.

Die Ablagerungen eines Tsunamis unterscheiden sich von Sedimenten anderer Katastrophen durch ihre Fließtextur. Dabei besteht ein sogenannter Tsunamit überwiegend aus Brekzien mit eingelagerten Resten mariner Lebewesen wie Korallen und Muscheln. Die oft mehrere Meter mächtigen Tsunamite sind gegenüber anderen Sedimentschichten scharf abgegrenzt. Die nun entdeckten sterblichen Überreste in Çeşme-Bağlararası sind die ersten Zeugnisse dieser Art, die man im Tsunamit der Minoischen Eruption entdeckt hat. Zudem bestätigte eine Radiocarbon-Datierung das Alter der Gebeine auf ca. 3500 Jahre. Der Leiter der aktuellen Grabungen, Vasif Sahoglu von der Universität Ankara, erklärte: „Die Eruption des Thera in der späten Bronzezeit war eine der größten Naturkatastrophen in der Geschichte der Menschheit. Trotz der Stärke dieses Ereignisses wurden aber bisher noch nie Überreste von menschlichen Opfern dieser Katastrophe identifiziert, nicht einmal im besonders stark betroffenen Gebiet um Aktrotiri“. Die Wissenschaft geht davon aus, dass die Menschen rechtzeitig vor der Katastrophe flohen (z.B. weil sie von Erdbeben gewarnt wurden), oder dass die meisten Opfer in Vulkannähe, von den Pyroklastischen Strömen komplett verbrannt wurden. Davon unterscheidet sich die Thera-Eruption von jener in Pompeji: dort fand man zahlreiche Skelette. Der aktuelle Fund zeigt, dass sich offenbar doch nicht alle Menschen im weiteren Umfeld der Katastrophe in Sicherheit bringen konnten.

Nach der Katastrophe blieb das Gebiet für mindestens 100 Jahre unbewohnt, doch bevor die Menschen endgültig flüchteten, kamen einige zurück und suchten nach Wertgegenständen. Wahrscheinlich bargen sie auch die meisten Todesopfer. Davon zeugen Gruben im Tsunamit, die nachträglich von anderen Sedimenten aufgefüllt wurden. Dass Hund und Mann unentdeckt blieben, lag wahrscheinlich daran, dass sie von einer einstürzenden Mauer erschlagen wurden und mitten in den Trümmern lagen. Zudem wurden sie in 1 m Tiefe entdeckt; zu tief für die damaligen Notgrabungen.

(Quelle: PNAS,  doi: 10.1073/pnas.2114213118,  unter Lizenz der CC)

Campi Flegrei: Erdbeben und Regen

Kaum ein anderer Vulkan der Welt wird so gut Beobachtet wie die Caldera Campi Flegrei (Phlegräischen Felder) bei Pozzuoli im Großraum Neapel. Der Calderavulkan steht im Verdacht ein „Supervulkan“ zu sein, der in der Lage ist explosive Eruptionen mit einem VEI 7 zu erzeugen. Dabei ist der Kessel des Vulkans besiedelt: Die Stadt Pozzuoli befindet sich praktisch im Vulkan und die Metropole Neapel grenzt direkt an dem unheimlichen Feuerberg. Dem nicht genug: der Untergrund der Caldera hebt und senkt sich in einem langperiodischen Mustern. Momentan befindet er sich in einer Hebungsphase: der Boden hat sich Stellenweise um bis zu 82 cm angehoben. Die Hebung findet seit 2011 statt. Bradyseismos nennt sich das Phänomen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass magmatische Fluide, in diesem Fall hydrothermales Tiefenwasser in flache Erdschichten eindringen und diese anheben. Umstritten ist, ob nicht zumindest ein Teil der Hebung auf Magma zurückgeht, dass sich unter einer stabilen Gesteinsschicht sammelt.

Erdbeben in der Campi Flegrei werden teilweise durch Regenwasser verursacht

Die Bodenbewegungen gehen oft mit Schwarmbeben einher, wobei schon früh vermutet wurde, dass zumindest ein Teil der Beben auf eine Interaktion von Regenwasser mit dem Hydrothermalwasser zurückzuführen sind. Dieser Sachverhalt wurde bereits von der Intuition des Abtes Giovanni Maria della Torre (1710-1782) erkannt und als Hypothese aufgestellt. Der König von Neapel, Ferdinand II. von Bourbon, gründete 1841 das Vesuv-Observatorium als meteorologisches Observatorium, um den Zusammenhang zwischen meteorologischen und vulkanischen Phänomenen zu untersuchen. Doch erst heute gelang es einer Studie den Einfluss des Regens auf die Bebentätigkeit der Campi Flegrei statistisch zu beweisen.

Die Studie der neapolitanischen Universität Federico II wurde unter Federführung von Nicola Scafetta und Adriano Mazzarella durchgeführt und bereits im Januar in der Zeitschrift „Water“ veröffentlicht.

Die Forschenden verglichen den Erdbeben-Katalog der seismischen Ereignisse der Jahre 2008 bis 2020 mit einem statistischen Modell, das aus den täglichen Niederschlagsmessungen des Meteorologischen Observatoriums der Universität Neapel abgeleitet wurde. Das so entstandene Modell zeigt, dass es besonders häufig zu Schwarmbeben kam, nachdem es ausgiebig geregnet hate. Das Regenwasser braucht bis zu 14 Tage um bis in einer Tiefe von 2500 m vorzudringen und dort mit dem über 100 Grad heißem Tiefenwasser des Hydrothermalsystems zu interagieren. Es werden Mikroexplosionen generiert, die die Beben verursachen. Es können Erschütterungen bis zu einer Magnitude von 3 entstehen. Aber nicht alle Erdbeben in der Campi Flegrei sind auf diesem Mechanismus zurückzuführen. So bleibt noch Raum für Spekulationen und weiteren Forschungsarbeiten.

Herculaneum: Grabungsstätte wird zum Freiluftlabor

Bereits im September berichtete ich über den Fund eines Skelettes in Herculaneum. Nun wurde das Opfer des Vesuvausbruches offiziell der Presse vorgestellt. Während der Präsentation wurde mit der Schlussphase der Bergung des Skelettes begonnen. Dabei werden alle Methoden der modernen Grabungstechnik angewendet. Eine Weltpremiere ist dabei das multidisziplinäre Arbeiten vor Ort, so dass die Grabungsstätte zu einem Freiluftlabor wird.

Bei dem Skelett handelt sich um die Überreste eines Mannes, der zwischen 40 und 45 Jahre alt war. Die Knochen sind stark geschwärzt und weisen zahlreiche Frakturen auf. Seine Füße wurden abgetrennt. Der Mann wurde Opfer des Vesuv-Ausbruches im Jahre 79 und geriet in einen Pyroklastischen Strom. Die mehrere Hundert Grad heiße Glutwolke verdampfte sein Gewebe sofort und senkte auch die Knochen an, woher die Schwarzfärbung rührt. Der Mann befand sich auf der Flucht vor dem Vulkanausbruch und hatte fast die rettende Küste erreicht, als er von dem Pyroklastischen Strom erfasst wurde. Wahrscheinlich starb der Mann nicht am Fundort an der Küstenpromenade des alten Herculaneums, sondern befand sich noch etwas weiter von der Küste entfernt und wurde vom Pyroklastischen Strom mitgerissen und an seinem Fundort abgelagert. Vermutlich hoffte der Mann auf Rettung, indem er mit einem Boot in den Golf von Neapel fahren wollte.

Der aktuelle Fund wurde am 1. Dezember vorgestellt. Der Mann erhielt den Namen „der letzte Flüchtende“. Bei ihm wurde eine Umhängetasche gefunden, in der sich eine Holzschatulle befand. Es gibt auch hinweise auf Metallgegenstände und sogar Goldspuren sollen entdeckt worden sein.

Der Fund wurde in der Nähe der Bootshäuser gemacht, in denen bereits in den 1980iger Jahren gegraben wurde. Damals entdeckte man 330 Skelette in den Bootsschuppen. Die Menschen suchten dort vergeblich Schutz vor der Eruption.

Die aktuelle Grabungskampagne soll über 2 Jahre gehen. Die Fundstücke sollen im Jahr 2024 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ziel ist es, den gesamten Küstenabschnitt freizulegen und die Bootsschuppen mit der Papyrus-Villa zu verbinden. Auf der 1400 Quadratmeter großen Grabungsfläche wird mit den modernsten Methoden gegraben. Mit Pumpen wird das Areal trockengelegt.

Das Skelett des Flüchtenden ist das erste, das mit den heutigen „revolutionären“ wissenschaftlichen Methoden außerhalb der Bootsschuppen untersucht wurde, teilte der archäologische Park von Herculaneum in einer Erklärung mit.

Francesco Sirano, der Direktor des archäologischen Parks sagte: „Dies ist eine moderne Ausgrabung und ein multidisziplinäres Freiluftlabor,  in dem jede Arbeitsphase systematisch dokumentiert wird“.

Das Skelett und die Erdmasse darunter werden nun in ein Labor gebracht, wo die Konservatoren ihre Analysen fortsetzen werden. Ob wir dann später das Originalskelett an seinem Fundort sehen werden, oder eine Kopie wurde noch nicht mitgeteilt.

Pflanzen geben Hinweise zu bevorstehenden Vulkanausbruch

Dass vulkanische Gase Pflanzen absterben lassen klingt logisch und ist hinlänglich bekannt. Jetzt berichtet eine neue Studie allerdings vom umgekehrten Effekt und er könnte sogar dazu genutzt werden, um Vulkanausbrüche vorherzusagen. Der Geophysiker Nicolas Houlié geht in seiner Studie noch ein Stück weiter und untersucht, ob Pflanzen nicht sogar den Ort einer bevorstehenden Eruption anzeigen könnten.

Streifen intensiven Pflanzenwachstums vor einem Vulkanausbruch

Im Jahr 2001 wurde auf Satellitenfotos des Ätnas eine Reihe von Pinien aufgespürt, die besonders grüne Nadeln hatten, was auf eine gesteigerte Photosynthese hindeutete. Wanderer am Boden konnten hingegen keine Veränderungen feststellen. Die Bäume wuchsen in einem 30 m schmalen Streifen, der eine Länge von gut 2 km hatte. Doch das verstärkte Pflanzenwachstum war nur von kurzer Dauer: im Herbst 2002 öffnete sich entlang des Vegetationsstreifens eine Eruptionsspalte und die Bäume vergingen in einem Lavastrom. Recherchen der Forscher ergaben, dass das gleiche Phänomen bereits einige Monate vor anderen Eruptionen aufgespürt wurde, etwa 1973, als Aufnahmen aus dem alten Skylab-Labor einen Streifen verstärkter Vegetation zeigten, entlang dessen sich einige Monate später eine Eruptionsspalte geöffnet hatte. Weitere Auswertungen von Satellitenfotos ergaben, dass das Phänomen auch vor der Ätna-Eruption von 2001 auftrat. Ebenso an anderen Vulkanen, wie z.B. am Nyiragongo im Kongo, der ebenfalls im Jahr 2001 eruptierte. Vor dem Ausbruch verstärkte sich das Pflanzenwachstum entlang der künftigen Eruptionsspalte. Doch was verstärkte das Pflanzenwachstum? Um dem Rätsel auf die Spur zu kommen, wurden Holzproben von überlebenden Bäumen genommen, die in einem Radius von 150 m um die Spalten standen. Die Wissenschaftler stellten die Hypothese auf, dass vulkanische Gase vermehrt Kohlenstoff an die Oberfläche transportierten, doch dass konnte anhand der Holzproben nicht nachgewiesen werden. Dafür stellte man eine geringere Konzentration an bestimmten Sauerstoffisotopen fest, was auf eine vermehrte Wasserzufuhr hindeutete. Sehr wahrscheinlich war es einfach der Wasserdampf, der mit den Gasen aufstieg und den Boden durchfeuchtete, wovon die Pflanzen profitierten.

Forscher entwickelten in den letzten Jahren weitere Methoden, um Hinweise aus der Natur zu interpretieren, mit denen Vulkanausbrüche vorhergesagt werden sollen. So rüstete man am Ätna Ziegen mit GPS Sendern aus, um aus ihren Bewegungsmustern auffälliges Verhalten abzuleiten, das auf einer bevorstehende Eruption hindeuten könnte. In der Vulkaneifel werden Ameisen beobachtet, ob sie ihre Ameisenhügel vermehrt dort bauen, wo Kohlendioxid aus dem Boden strömt. Einzeln für sich genommen, stellt keine der Methoden ein hinreichendes Kriterium für die Vorhersage einer Eruption dar, doch alle zusammen genommen, können den Wissenschaftler wichtige Hinweise liefern, ob sich am Vulkan ein Ausbruch zusammenbrauen könnte. (Quelle: https://doi.org/10.1029/2021EO210590)

Pompeji: Sklavenzimmer ausgegraben

Die Grabungskampagne von Pompeji hat erneut einen spektakulären Fund zutage gebracht: das Zimmer einer Sklavenfamilie. Die Kammer war 16 Quadratmeter groß und wurde zudem als Lagerraum genutzt. Davon zeugen 8 Amphoren, die in einer Ecke des Raus untergebracht waren. Der hervorragend erhaltene Raum war mit drei Holzbetten ausgestattet. Zwei der Betten waren 1,7 Meter lang, während das dritte nur 1,4 Meter lang war, was darauf hindeutet, dass dort ein Kind geschlafen hatte. Darum geht man davon aus, dass hier eine Familie residierte.

Während über die Mächtigen und Reichen der Stadt relativ viel bekannt ist, führten die Sklaven bisher ein archäologisches Schattendasein. Dass könnte sich mit der neuen Entdeckung ein wenig ändern.

Villa lag außerhalb der Stadtmauer vom Pompeji

Das Sklavenzimmer gehört zu einer Villa in in Civita Giuliana. Die Ansiedlung befindet sich 700 m außerhalb der Stadtmauer Pompejis. Anfang des Jahres wurde hier bereits ein zeremonieller Pferdewagen entdeckt. Teile des Zuggeschirrs des Pferdewagens wurden in dem neu entdeckten Raum gefunden, zusammen mit Alltagsgegenständen wie Keramikkrügen und einen Nachttopf.

Auf den Betten entdeckten die Archäologen zudem eine Holztruhe mit Metall- und Stoffgegenständen, die zum Pferdegeschirr gehört haben könnten, während auf einem Bett eine Deichsel gefunden wurde.

Der deutsche Direktor Pompejis -Gabriel Zuchtriegel- bemerkte zu dem Fund: „Wir haben nicht damit gerechnet, so einen Raum vorzufinden. Dabei sind wir oft daran vorbeigegangen“.

Der Raum lag neben einem Stall, in dem 3 Skelette von Pferden ausgegraben worden waren. Diese hatten bereits 2018 für Furore gesorgt. So kristallisiert sich mehr und mehr ein stimmiges Gesamtbild der Villa heraus.

Das Leben endete hier abrupt, als im Jahr 79 n. Chr. der Vulkan Vesuv ausbrach. Pompeji, und die umgebenden Siedlungen, wurden unter einer bis zu 12 m mächtigen Schicht vulkanischer Ablagerungen begraben.

Herculaneum: Neuer Skelettfund


Die antike römische Stadt Herculaneum liegt nicht nur im Schatten des Vesuvs, sondern auch im medialen Schatten von Pompeji. Anders als Pompeji, wird über Herculaneum wenig berichtet. Dieser Umstand wird sich nun ändern, da zum ersten Mal seit 25 Jahren eine neue Grabungskampagne gestartet wurde. Die Archäologen erforschen ein Gebiet nahe des ehemaligen Hafens der Stadt, der sich heute über 1 km von der Küste entfernt befindet. Unter den ersten Funden befindet sich das Skelett eines Mannes.

Das Opfer flüchtete zum Hafen von Herculaneum

Das Skelett stammte von einem Mann, dessen Alter auf 40-45 Jahre geschätzt wurde. Die Lage der Knochen deutet darauf hin, dass er in Richtung Hafen rannte, als er von einem Pyroklastischen Strom zu Boden geworfen wurde und verbrannte. Sein Schädel wurde teilweise von einem verkohlten Holzbalken zerquetscht. Seine Knochen weisen eine Rotfärbung auf, die vom Blut des Opfers herrühren soll. Ein Teil des Skelettes ist in einem Ignimbrit-Block eingeschlossen und soll nun an einem Stück geborgen werden, damit Skelett und Lavagestein in einem Labor untersucht werden können.

Stoff- und Metallreste von den Habseligkeiten des Mannes sind ebenfalls erhalten geblieben. Von ihnen hoffen sich die Wissenschaftler neue Erkenntnisse über die Herkunft des Mannes zu erhalten. Bisher gibt es 2 Szenarien: a) es kann sich um einen Bewohner Herculaneums handeln, der auf seiner Flucht vor dem Vulkanausbruch, kurz vor erreichen des rettenden Hafens getötet wurde. Szenario b) spekuliert darüber, ob es sich bei dem Mann um einen Retter handelte, der selbst zum Opfer wurde. In diesem Fall könnte er zur Mannschaft des Schiffes von Plinius dem Älteren gehört haben. Plinius selbst soll an den Folgen der Eruption umgekommen sein. Die Überlieferung besagt, dass er an giftigen Gasen erstickte. Dass es sich bei dem gefundenen Skelett um Plinius handelt, ist allerdings unwahrscheinlich.