Campi Flegrei: Neue Studie zur Schwefelwasserstoffanomalie

Internationales Forscherteam entschlüssele Schwefelwasserstoffanomalie durch magmatischen Einfluss

Bei den Campi Flegrei handelt es sich um einen großen Calderavulkan in Süditalien, der seit Jahren immer wieder für Schlagzeilen sorgt, weil sich seit 2005 der Boden hebt. Dieser Prozess beschleunigte sich in den letzten Jahren und geht mit zahlreichen Erdbeben einher, die die Bausubstanz der Region um Pozzuoli wachrüttelten. Auch in den letzten Tagen gab es wieder Schwarmbeben und das neueste Wochenbulletin vom INGV bestätigt einmal mehr eine Bodenhebung von 10 mm pro Monat und den langjährigen Trend der Druckbeaufschlagung des Systems. Seit enormer Zeit herrscht bei den Wissenschaftlern Uneinigkeit darüber, welcher Art das System ist: Finden Bodenhebung und Erdbeben ihren Ursprung im Hydrothermalsystem des Vulkans, in dem Tiefenwässer zirkulieren, oder ist es ein magmatisches System, in dem die Bodenhebung durch einen intrudierenden Magmenkörper zustande kommt? Hier greift nun eine neue Studie, die von einem Forscherteam des Vesuv-Observatoriums des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (INGV – OV) in Zusammenarbeit mit der Universität Palermo, der Universität Cambridge und dem Woods Hole Oceanographic Institute durchgeführt wurde. Die Studie mit dem Titel „Escalation of caldera unrest indicated by increasing emission of isotopically light sulfur“ wurde heute in Nature Geoscience veröffentlicht.

Die Forscher untersuchten eine bedeutende Anomalie in der Gaszusammensetzung der Fumarolen in der Solfatara dei Campi Flegrei: Seit Ende 2018 ist die Konzentration von Schwefelwasserstoff, einer Schwefelverbindung in den Fumarolen, signifikant gestiegen. Diese Veränderung deutet auf einen zunehmenden Beitrag magmatischer Gase hin, die aus aufsteigendem Magma in der Erdkruste stammen. Es wurde auch eine Korrelation zwischen der Zunahme der Seismizität und dem Anstieg der Schwefelwasserstoffkonzentration in den Gasen festgestellt.

Professor Alessandro Aiuppa von der Uni Palermo erklärt dazu in einer Pressemeldung. dass die Analyse zeigt, dass die beobachteten Schwankungen in der Zusammensetzung der Fumarolen nicht ausschließlich auf oberflächliche hydrothermale Prozesse zurückzuführen sind. Die Studie hebt hervor, dass die in den Fumarolen festgestellte Schwefelanomalie auf einen zunehmenden Beitrag von Gas aus dem Magma zurückzuführen ist, das das Vulkansystem der Phlegräischen Felder speist, was die Hypothese einer magmatischen Beteiligung an der aktuellen bradyseismischen Krise der Phlegräischen Felder stützt.

Der steigende Anteil magmatischer Gase führt zur Erwärmung des Systems, was die Seismizität in Campi Flegrei verstärkt und zur Freisetzung von Schwefel aus hydrothermalen Mineralien beiträgt. Das Magma soll sich demnach in einer Tiefe zwischen 6 und 9 Kilometern akkumulieren.




Die Studie nutzt Daten aus regelmäßigen Gasproben und numerischen Modellen, die auf einem einzigartigen Datensatz seit 1980 basieren. Sie weist darauf hin, dass zunehmende Schwefelfreisetzungen auf eine mögliche allmähliche Reaktivierung des Vulkansystems hindeuten, ohne jedoch einen unmittelbar bevorstehenden Ausbruch anzukündigen. Die Forscher betonen die Bedeutung einer kontinuierlichen Multiparameterüberwachung, um die Dynamik des Systems besser zu verstehen und zu kontrollieren.

Im Endeffekt bestätigt die Studie einmal mehr den Paradigmenwechsel, den die Forschung im letzten Jahr in Bezug auf den Bradyseismos der Campi Flegrei vollzogen hat. Andere Studien kamen ebenfalls zu dem Schluss, dass die bradyseismologische Krise nicht allein ein Effekt des Hydrothermalystems ist, sondern dass sich in Tiefen von bis zu 4 Kilometern Magma akkumuliert. Je nach Studie kommen dabei unterschiedliche Modelle des Magmenkörpers zur Anwendung. Doch in jedem Modell liefert schmelzflüssiges Magma in der Tiefe die Energie, die das Hydrothermalsystem zum Aufheizen benötigt. Die alte These, dass zirkulierende Tiefenwässer und andere Fluide den Bradyseismos unabhängig von einem aktiven Magmenkörper verursachen, scheint immer weiter obsolet zu werden. (Quelle: Nature Geoscience)

Pompeji: Privater Thermenkomplex ausgegraben

Neue Ausgrabungen in Pompeji enthüllten großen privaten Thermenkomplex

Die Ausgrabungen von Pompeji, die aktuell in der Insula 10 der Regio IX durchgeführt werden, stoßen immer wieder auf ungeahnte archäologische Schätze, die durch den Ausbruch des Vesuvs im Jahre 79 n. Chr. unter einer bis zu 12 Meter mächtigen Ascheschicht konserviert wurden. Die jüngst der Weltöffentlichkeit präsentierte Entdeckung enthüllte einen der größten privat geführten Thermenkomplexe Pompejis. In einem Domus genannten palastgleichen Haus mit einem großen Atrium und Bankettsaal entdeckt man eine Badeanlage, die gut 30 Personen Platz bot. Sie bestand aus mehreren Räumen mit drei Wasserbecken unterschiedlicher Temperatur. Die Dreifaltigkeit setzte sich aus einem Calidarium genannten Heißraum, dem Warmraum Tepidarium, sowie dem Frigidarium (Kaltraum) zusammen. Zudem gab es einen Apodyterium genannten Umkleideraum. Das Frigidarium (Foto oben) wird von den Archäologen des modernen Pompejis als besonders beeindruckend beschrieben: Das Wasserbecken befand sich in einem säulenumstandenen Innenhof und maß gut 10 mal 10 Meter. Diese Daten veranschaulichen, dass es sich bei dem Becken eher um einen Swimmingpool als um eine Badewanne gehandelt hat.




Auf Bildern zur Pressemeldung des Archäologischen Parks Pompeji, sind die Wasserbecken und die mit Fresken verzierten Wände zu sehen. Sie zeigen, dass sogar bleierne Wasserleitungen erhalten sind, die in den Wänden verlegt wurden. Ein Novum in einer Stadt der Antike. Zudem wurden mehrere große Amphoren freigelegt und große Öfen, mit deren Hilfe das Wasser der warmen Becken erwärmt wurde.

In einem Beitrag der BBC heißt es zudem, dass in dem Haus auch zwei Todesopfer der Katastrophe entdeckt wurden. Dabei handelt es sich um die Überreste einer mittelalten Frau, die im Besitz mehrerer Goldschmuckstücke war, und um das Skelett eines ca. 20-jährigen jungen Mannes. Sie hatten in einem der Räume des Domus Schutz gesucht, fielen dann aber doch einem pyroklastischen Strom zum Opfer. In welcher Beziehung die beiden zueinander standen und ob es Angehörige des Hausbesitzers waren bleibt unbekannt.

Das Domus gehörte einem wohlhabenden Pompejaner, der zu der Elite der Stadt gehörte und rauschende Feste veranstaltete, worauf nicht nur die luxuriöse Badeanlage hindeutet, sondern auch der in unmittelbarer Nähe befindliche Bankettsaal.

Im römischen Reich waren Thermen Ort der gesellschaftlichen Zusammenkunft, und beim Baden tratschte und klatschte man nicht nur, sondern führte auch politische Debatten und besprach Geschäfte. Die Vermutung liegt nahe, dass der Hauseigentümer die Anlage nutzte, um Geschäftspartnern gefällig zu stimmen.

Dieser Komplex zählt zu den größten und aufwendigsten privaten Badeanlagen, die bisher in den Domus von Pompeji freigelegt wurden. Vergleichbare Beispiele dieser Dimension sind selten und umfassen etwa die Thermen der Praedia der Julia Felix, das Haus des Labyrinths oder die Villa des Diomedes.

Die Wände des Domus, der im südlichen Teil der Insula 10 liegt, wurden im 2. und 3. Stil dekoriert, was von der langen Nutzungsdauer des Gebäudes zeugt. Der Eigentümer zählte wohl in den letzten Jahrzehnten vor dem Vesuvausbruch zur städtischen Elite und ließ Räume gestalten, die sowohl zahlreiche Gäste empfangen als auch einen luxuriösen Lebensstil präsentieren konnten.

Yellowstone-Caldera: Magma verlagert sich nordostwärts

Kalksinter-Terrassen der Mammoth Hot Springs im Yellowstone Nationalpark. ©  Marc Szeglat

Neue Studie enthüllt eine nordostwärts gerichtete Verlagerung der Magmenreservoirs unter dem Yellowstone-Vulkan

Die Yellowstone-Caldera ist in den letzten Jahren ein wenig aus dem Fokus der Medien verschwunden, obgleich sie weiterhin ein spannende Forschungsobjekt bleibt. Der US-amerikanische Yellowstone Nationalpark beherbergt eines der größten und aktivsten Vulkansysteme der Erde. Es besteht aus 3 sich überlappenden Calderen, und wird durch den sogenannten Yellowstone-Hotspot gespeist – eine Zone, in der heißes Magma aus dem Erdmantel aufsteigt und die Erdkruste durchdringt. Die Calderen entstanden durch mehrere massive Ausbrüche (sogenannte Supervukaneruptionen), bei denen große Mengen Tephra freigesetzt wurden. Durch die Entleerung des Magmenreservoirs sackte der Boden darüber ab und bildete die großen Depressionen der Calderen. Diese Supervulkan-Ereignisse, die vor etwa 2,1 Millionen, 1,3 Millionen und 640.000 Jahren stattfanden, haben Tausende Kubikkilometer Lava und Asche freigesetzt und dabei das lokale und globale Klima stark beeinflusst.




Zusätzlich zu diesen drei großen Supervulkaneruptionen gab es zahlreiche kleinere Ausbrüche, die weniger explosiv, aber dennoch bedeutend waren. Diese Ereignisse wurden durch rhyolithisches Magma verursacht, das in der mittleren bis oberen Erdkruste gespeichert ist. Rhyolithisches Magma ist dickflüssig und silikatreich, was es anfällig für explosive Ausbrüche macht. Gleichzeitig steigt Basaltmagma aus dem Mantel auf, das dünnflüssiger ist und durch seinen hohen Eisen- und Magnesiumgehalt Wärme liefert, die das rhyolithische Magma aufrechterhält.

Neueste Untersuchungen des United States Geological Survey (USGS) legen nahe, dass sich die magmatische Aktivität unter der Yellowstone-Caldera in nordöstliche Richtung verlagert. Mithilfe einer elektromagnetischen Untersuchungsmethode, die Magnetotellurik genannt wird, die Schwankungen im Erdmagnetfeld misst, konnten die Forscher die Struktur der Kruste und die Verteilung des Magmas unter der Caldera präzise modellieren.

Die Studie, die unter Leitung von Seismologin Ninfa Bennington durchgeführt wurde, identifizierte mindestens sieben Bereiche mit erhöhtem Magmagehalt unter der Caldera. Diese Regionen reichen von tiefen Zonen, etwa 47 Kilometer unter der Oberfläche, bis in flachere Bereiche, die sich nur 4 Kilometer unter der Erdoberfläche befinden. Einige dieser Magmenkörper sind miteinander verbunden und tauschen Wärme und Material aus. Besonders auffällig ist ein großes Magmareservoir unter dem nordöstlichen Bereich der Caldera. Dieses enthält schätzungsweise 440 Kubikkilometer geschmolzenes Gestein – ein Volumen, das dem des Mesa-Falls-Ausbruchs vor etwa 1,3 Millionen Jahren entspricht, dem zweitjüngsten calderabildenden Ereignis in Yellowstone.

Gleichzeitig deutet die Studie darauf hin, dass die vulkanische Aktivität im westlichen Teil der Caldera abnimmt. Die nordöstliche Region zeigt dagegen verstärkte Wechselwirkungen zwischen aufsteigendem Basaltmagma und dem gespeicherten rhyolithischen Magma. Diese Wechselwirkungen könnten das Gebiet für zukünftige Ausbrüche anfällig machen. Dennoch weisen die Forscher darauf hin, dass die aktuellen Magmenreservoire einen vergleichsweise niedrigen Schmelzanteil von 6–28 Prozent aufweisen. Das deutet darauf hin, dass die Reservoirs aktuell nicht ausbruchsgefährdet sind. Damit ein Magma eruptieren kann, braucht es einen Schmelzanteil von mindestens 35 Prozent.

Die Forschungsergebnisse liefern wichtige Hinweise darauf, wie sich die magmatische Aktivität unter der Yellowstone-Caldera entwickelt. Sie betonen auch die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen, um die Dynamik des Magmareservoirs besser zu verstehen und das potenzielle Risiko zukünftiger Ausbrüche präziser einschätzen zu können.

Antarktis: Klimawandel verstärkt Vulkanismus

Neue Studie lässt Rückkopplungseffekt zwischen Eisschmelze und Vulkanismus der Westantarktis vermuten

Unter dem westantarktischen Eisschild verbirgt sich entlang eines Riftsystems eine erst vor wenigen Jahren entdeckte Vulkankette, die aus 138 Vulkanen besteht. Einer dieser Vulkane ist der seit Langem bekannte Mount Erebus, der sich am Nordrand des Eisschildes befindet und einen kleinen Lavasee beherbergt. Doch das vermeintlich „ewige“ Eis scheint nicht so beständig zu sein, wie noch vor wenigen Jahrzehnten angenommen. Der Klimawandel greift den über 1.000 Meter dicken Eispanzer der Westantarktis zunehmend an.




Studien aus der Andenregion belegen, dass die Eisschmelze am Ende der letzten Eiszeit dort zu verstärktem Vulkanismus führte. Forscher konnten einen Zusammenhang zwischen der Auflast des Eises auf vulkanischen Gebieten und der Aktivität der Vulkane nachweisen. Solange die Eismassen auf die Erdkruste drücken, wird Magma in Reservoirs komprimiert, was die vulkanische Aktivität hemmt. Schmilzt das Eis jedoch, vermindert sich die Auflast, wodurch das Magma in oberflächennahen Speichersystemen dekomprimiert wird und sich ausdehnt. Durch diese isostatische Druckentlastung steigt das Magma leichter auf. Gleichzeitig bilden sich durch die Dekompression vermehrt Gasblasen, was den Gasdruck im Magmenkörper erhöht und letztlich zu einem Vulkanausbruch führen kann.

Eine neue Studie von A. N. Coonin, C. Huber und J. Troch (Brown University, USA) zeigt anhand von Computersimulationen, dass es in der Westantarktis zu einem Rückkopplungseffekt zwischen Eisschmelze und vulkanischen Eruptionen kommen kann. Schmilzt das Eis, steigen die Magmenreservoirs unter den Vulkanen aufgrund der isostatischen Druckentlastung auf und geben vermehrt Erdwärme ab, was die Eisschmelze beschleunigt. Subglaziale Eruptionen verstärken diesen Effekt zusätzlich, indem sie die Eisschmelze weiter beschleunigen und die eruptive Aktivität weiter anregen.

Ein Prozess, warum mit einer erhöhten vulkanischen Aktivität zu rechnen ist, findet sich in der Entgasung des Magmas, wenn sich die Magmenkörper weiter nach oben bewegen: Durch eine Verminderung des Kompressionsdrucks bilden sich im Magma Gasblasen, wodurch der Gasdruck im Reservoir steigt, was letztendlich zu Vulkanausbrüchen führt.

Dieser Prozess könnte sich derart verstärken, dass ein Kollaps des westantarktischen Eisschildes innerhalb weniger Jahrhunderte möglich wird. Ein solcher Zusammenbruch würde den Meeresspiegel weltweit um bis zu 58 Meter ansteigen lassen, was das Ende vieler Küstenmetropolen wie New York, Sydney und Tokio bedeuten könnte.

Obwohl geologische Prozesse oft in Millionen Jahren gemessen werden und selbst das Schmelzen großer Eisschilde Jahrtausende dauert, warnen die Forscher, dass bereits um das Jahr 2300 ein kritisches Stadium des westantarktischen Eisschildes erreicht sein könnte. (Quelle der Studie: AGU)

Studie löst Rätsel um Hungersnot nach Vulkanausbruch 1831

Wissenschaftliches Rätsel um Hungersnot 1832-37 gelöst – Kurilenvulkan als Verursacher identifiziert

In den vergangenen Jahrhunderten kam es mehrfach zu globalen Temperaturrückgängen, die infolge von ungewöhnlich starken Vulkanausbrüchen zustande kamen. Die bekanntesten dieser Hungersnöte, die sich auch auf Europa auswirkten, wurden durch die Ausbrüche der Laki-Spalte im Jahr 1783 und der Tambora-Eruption 1815 verursacht. Eine weitere vulkanisch bedingte Klimakatastrophe mit Hungersnot ereignete sich zwischen 1832 und 1837. Diese Hungersnot wirkte sich vor allem auf Südostasien und insbesondere auf Indien und Japan aus. Es kam aber weltweit zu Einbußen von Ernteerträgen und zu starken Wintern sowie zu einer globalen Abkühlung von bis zu 1 Grad.




Nun machten Forscher der schottischen Universität St. Andrews eine Entdeckung im ewigen Eis Grönlands, das aufgrund des anthropogenen Klimawandels ja nicht mehr so ewig zu sein scheint: In Eisbohrkernen entdeckte das Forscherteam um Dr. Will Hutchison Schwefeldioxidspuren und mikroskopische Ascheablagerungen vulkanischen Ursprungs. Die Eisschichten mit den Ablagerungen wurden auf das Jahr 1831 datiert. Die Schwefeldioxidkonzentrationen im Eis wiesen darauf hin, dass es auf der nördlichen Hemisphäre zu einem starken Vulkanausbruch gekommen sein musste, der gut 13 Teragramm Schwefeldioxid in die Atmosphäre eintrug. Eine Menge, die jener des Pinatubo-Ausbruchs aus dem Jahr 1991 nahe kommt. Auch dieser Vulkanausbruch bedingte einen globalen Temperaturrückgang.

Die Analyse der Vulkanasche zeigte, dass sie ungewöhnlich wenig Kalium enthielt, weshalb andere verdächtige Vulkane ausschieden und den Fokus auf die Kurilenvulkane nördlich von Japan lenkten. Letztendlich wurde der Zavaritski-Vulkan auf der Insel Simushir als Verursacher der katastrophalen Eruption identifiziert. Simushir liegt nördlich der japanischen Insel Hokkaido und ist heute unbewohnt. Der Zavaritski-Vulkan besteht zum großen Teil aus drei ineinander verschachtelten Calderen mit den Durchmessern von 10, 8 und 3 Kilometern. Die kleinste Caldera ist vermutlich bei einem hochexplosiven Ausbruch im Frühjahr 1831 entstanden und somit für den globalen Temperaturrückgang verantwortlich.

In meinen Augen ist es schon auffällig, dass es im späten 18. und im 19. Jahrhundert vergleichsweise viele starke Vulkanausbrüche gab, die sich aufs globale Klima auswirkten. Entweder gab es eine Periode mit besonders starker eruptiver Tätigkeit, oder starke Eruptionen mit einem VEI 6+ sind doch häufiger, als Statistiken bis jetzt belegen. Hutchinson ist der Meinung, dass eine Serie klimabeeinflussender Eruptionen die ca. 500 Jahre dauernde kleine Eiszeit verlängert haben könnte.

Eine weitere Erkenntnis der Studie ist, dass auch vergleichsweise weit im Norden liegende Eruptionen das weltweite Wettergeschehen beeinflussen können. Bis jetzt ist man davon ausgegangen, dass die Vulkane in Äquatornähe liegen müssen, damit sie globale Auswirkungen auf das Klima haben.

Die Studie ist übrigens in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen.

Vulkaneifel: Studie entdeckt magmatische Fluide in der Tiefe

Das Schalkenmehrener-Maar im Westen der Vulkaneifel. © Marc Szeglat

Neue Bearbeitung alter seismischer Daten enthüllt magmatische Fluide unter dem Westen der Vulkaneifel

In der Vulkaneifel zeugen zahlreiche Maare und Krater von der einstigen vulkanischen Aktivität. Die letzten Eruptionen in der Eifel manifestierten sich vor ca. 11.000 Jahren, als das Ulmener Maar entstand: Erdgeschichtlich betrachtet ist das ein Wimpernschlag lang her. Dennoch gibt es die wissenschaftliche Definition, dass ein Vulkan, der über 10.000 Jahre lang ruht, als erloschen anzusehen ist. Laut Definition braucht man also nicht mit einem neuen Ausbruch des Ulmener Maars zu rechnen. Davon abgesehen sind die meisten Vulkane der Eifel monogenetischer Natur und durchlebten nur eine Eruptionsphase. Dafür manifestierten sich innerhalb von 65.000 Jahren etwa 70 Vulkanausbrüche. Bedeutet die 10.000-Jahre-Ruhe-Definition nun, dass das gesamte Vulkanfeld erloschen ist, oder kann es doch zu einer Reaktivierung kommen? Eine durchaus relevante Frage, mit der sich die Wissenschaft schon länger befasst.

Ein Forscherteam um Dario Eickhoff vom Geophysikalischen Institut der Uni Karlsruhe untersuchte in einer neuen Studie alte seismische Reflexionsdaten, die bereits 1987 im Rahmen einer groß angelegten Studie erfasst wurden. Mit Hilfe neu entwickelter seismischer Verarbeitungs- und Bildgebungsverfahren visualisierte man auffällige Strukturen im oberen Erdmantel und in der Erdkruste. Die Datenanalyse ergab zahlreiche Reflexionen mit umgekehrter Polarität in der Lithosphäre.

Diese Reflexionen wurden unter Verwendung petrophysikalischer Modelle als Hinweise auf Zonen mit magmatischen Fluiden interpretiert, die sich als horizontal ausgedehnte, sillartige (linsenförmige) Strukturen darstellen. Bei magmatischen Fluiden kann es sich um Magma handeln, aber auch um andere flüchtige Substanzen bzw. Flüssigkeiten. Unter den hohen Temperatur-/Druckbedingungen in der Asthenosphäre verwandeln sich selbst Gase wie Kohlendioxid zu Fluiden und verhalten sich mehr wie eine Flüssigkeit denn wie ein Gas. Darüber hinaus wurden in etwa 31 km Tiefe (dem Grenzbereich zwischen Erdkruste und oberem Erdmantel) seismische Reflexionen festgestellt, die auf das Vorhandensein von Flüssigkeiten oder Schmelzen aus dem oberen Erdmantel hindeuten. Diese Ergebnisse unterstützen Modelle, die von magmatischen Unterschichten unterhalb des Vulkanfelds der Westeifel ausgehen.

Zusammenfassen lässt sich sagen, dass die moderne Interpretation alter seismischer Daten stark reflektierende Strukturen in Tiefen von 10 bis 30 km unter dem jüngsten Teil des Westeifel-Vulkanfeldes aufspürte. Besonders auffällig sind Signale mit umgekehrter Polarität, die darauf hindeuten, dass magmatische Schmelze, Flüssigkeiten oder Gase in der Tiefe vorhanden sind. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit, das Potenzial für künftige Vulkanausbrüche in der Region bei Gefahrenbewertungen für Mitteleuropa zu berücksichtigen. In welchem Zeitrahmen die Vulkane der Westeifel erwachen könnten, darüber gibt die Studie keine Auskunft. Auch wenn keine unmittelbare Gefahr droht, wäre es meiner Meinung nach möglich, dass sich das innerhalb weniger Jahrzehnte ändern könnte. (Quelle: AGU)

Forscher finden lavaähnliches Gestein in der MAPCIS

Forscher entdeckten Schmelzgesteine in der Massive Australian Precambrian-Cambrian Impact Structure

Noch bevor sich höher entwickeltes Leben auf der Erde formte, könnte ein katastrophales Ereignis von unvorstellbarem Ausmaß stattgefunden haben, das sowohl die Geologie unseres Planeten als auch die Evolution des Lebens nachhaltig beeinflusst haben könnte. Hinweise auf dieses Ereignis wurden im Jahr 2010 entdeckt, als Forscher mehrere geologische Anomalien in Australien untersuchten. Zunächst hielt man diese Anomalien für voneinander unabhängig. Nach eingehender Analyse stellte sich jedoch heraus, dass sie zu einer übergeordneten Struktur mit einem Durchmesser von etwa 600 Kilometern gehören. Inzwischen gibt es die Hypothese, dass es sich dabei um einen gigantischen Einschlagskrater eines Asteroiden handelt.

Der Einschlag soll sich vor etwa 1 Milliarde bis 538,8 Millionen Jahren ereignet haben, also im Übergangszeitraum zwischen dem Präkambrium und dem Kambrium. Diese Struktur wird als Massive Australian Precambrian-Cambrian Impact Structure (MAPCIS) bezeichnet.

Im Präkambrium existierte noch kein komplexes Leben auf der Erde. Der Planet war von Mikroorganismen dominiert, während sich die ersten mehrzelligen Organismen allmählich entwickelten. Gegen Ende des Präkambriums, vor etwa 720 bis 635 Millionen Jahren, ereignete sich die sogenannte Schneeball-Erde-Phase – eine Periode globaler Vereisung mit weitreichenden Auswirkungen auf die Entwicklung des Lebens. Im Übergang zum Kambrium, vor etwa 541 Millionen Jahren, fand die sogenannte kambrische Explosion statt, eine Phase, in der sich eine Vielzahl komplexer Lebensformen entwickelte. Dies wirft die Frage auf, ob der Einschlag eines gewaltigen Asteroiden die vollständige Vereisung der Erde mitverursacht haben könnte.

Wissenschaftler der Virginia Commonwealth University, darunter Daniel Connelly und Dr. Arif Sikder, widmen sich der Erforschung der geologischen Beweise, die die Einschlag-Theorie untermauern könnten. Zu diesen Beweisen zählen massive Ablagerungen von Pseudotachylit-Brekzie und Schmelzgestein, die in der Nähe des vermuteten Kraterzentrums gefunden wurden. Zusätzlich entdeckten die Forscher geschockte Mineralien wie Lonsdaleit und Iridium, die charakteristische Merkmale eines Asteroideneinschlags sind.

Tachylit ist ein schwarzgrünes bis schwarzes vulkanisches Glas mit basaltischer Chemie, das ähnlich wie Obsidian entsteht. Pseudotachylit hingegen bildet sich normalerweise entlang von Störungszonen durch Reibungshitze. Im Fall der MAPCIS-Struktur wird angenommen, dass die enorme Wärmeenergie des Impakts die Entstehung dieser Gesteinsart ausgelöst hat.

Laut den Forschern könnten die Daten zur MAPCIS-Struktur wertvolle Einblicke in die geologischen Prozesse liefern, die die Erdkruste formten. Darüber hinaus könnten sie die wissenschaftliche Untersuchung der geologischen Vergangenheit der Erde erheblich vorantreiben.

Die Zentrum der MAPCIS-Struktur liegt im australischen Northern Territory, etwa auf halbem Weg zwischen Uluru (Ayers Rock) und Mount Conner. Sollte sich die Impakt-Theorie bestätigen, dann wäre es der größter Impakt-Krater auf der Erde. Aufgrund des enormen Alters ist die Impaktstruktur aber nicht mit dem bloßen Auge sichtbar, auch nicht auf Satellitenfotos. (Quelle: www.sci.news)

Island: Bardarbunga lädt auf

Erdbeben und Bodenhebung am Bardarbunga deuten auf Magmenaufstieg hin

Zwei Tage nach dem vergleichsweise starken Erdbeben der Stärke 5,1, das sich unter dem subglazialen Vulkan Bardarbunga auf Island ereignete, äußerten sich Experten in der isländischen Zeitung MBL. Benedikt Gunnar Ófeigsson, Deformationsspezialist beim IMO, und der inzwischen emeritierte Geophysik-Professor Páll Einarsson kommentierten unabhängig voneinander die Ereignisse am Vulkan unter dem Gletscher Vatnajökull. Beide sind der Meinung, dass die seismische Aktivität in diesem Jahr mindestens genauso hoch ist wie unmittelbar nach der Holuhraun-Eruption im Jahr 2014.

Sie gehen davon aus, dass die Erdbeben – in diesem Jahr wurden vier Erschütterungen mit Magnituden im Bereich um 5 registriert – durch aufsteigendes Magma verursacht werden. Die Schmelze sammelt sich in einem flach liegenden Magmenkörper unter der Caldera und übt von unten Druck auf das Calderadach aus. Dieses Dach wird von einem ringförmigen Störungssystem umgeben, das durch den Druck von unten unter Spannungen gerät und diese Spannungen durch Erdbeben abbaut. Bei stärkeren Erdbeben kann es zu Gesteinsbrüchen in diesen Störungen kommen, und es ist nachgewiesen, dass es dabei zu einem vertikalen Versatz des Calderadaches im Bereich der Epizentren kommen kann.

Die tektonischen Prozesse der Caldera wurden bereits in Studien untersucht. Eine dieser Studien, die mir von Mike Schüler aus unserer Facebook-Gruppe empfohlen wurde, fokussierte sich auf mehrere stärkere Erdbebenphasen vor und nach der Eruption, insbesondere auf Vorgänge im südlichen Bereich der Calderaringstörung. Das wesentliche Ergebnis der Studie zeigt, dass sich die Bewegungsrichtungen während und nach der Eruption umgekehrt haben: Während der Eruption kam es zu einer Abwärtsbewegung, danach zu einer Aufwärtsbewegung. Diese Umkehrung wurde durch InSAR- und GPS-Messungen bestätigt und deutet darauf hin, dass sich die Caldera nach der Eruption infolge des Magmenaufstiegs wieder aufbläht. Die Ähnlichkeit der Bruchzonen und ihrer Ausrichtungen in beiden Phasen legt nahe, dass dieselbe Verwerfung am Calderarand erneut aktiv ist. Die Studie wurde im Oktober 2022 veröffentlicht.

Aus den aktuellen Äußerungen der beiden Experten lässt sich schließen, dass die Aktivität inzwischen zugenommen hat und sich die Hebung der Caldera beschleunigt. Direkt nach der Eruption wurde angenommen, dass es möglicherweise Jahrhunderte dauern würde, bis Bardarbunga wieder für eine Eruption bereit ist. Diese Einschätzung scheint mittlerweile überholt, und es wird angedeutet, dass eine neue Eruption viel früher als bisher angenommen erfolgen könnte. (Studie: https://doi.org/10.1029/2021GL097613)

Hunga-Tonga-Ha’apai: Eruption sorgte für Plankton-Explosion

Vulkanausbruch des Hunga-Tonga- Hunga Ha’apai düngte die Meere und verursachte Vermehrung von Phytoplankton – klimatische Auswirkungen wahrscheinlich

Über die größte Eruption seit der Tambora-Katastrophe im Jahr 1815 habe ich auf Vnet bereits viel geschrieben und auch über die möglichen Auswirkungen des Ausbruchs vom Hunga Tonga-Hunga Haʻapai auf das Weltklima spekuliert. Auch führende Wissenschaftler beschäftigen sich intensiv mit den Folgen dieses Ereignisses und forschen in verschiedenen Bereichen. Ein Aspekt der Eruption, der in den letzten Monaten von einer internationalen Forschergruppe um Studienleiterin Zhouling Zhang von GEOMAR untersucht wurde, ist die explosionsartige Vermehrung von Phytoplankton: Bereits zwei Tage nach der Vulkankatastrophe, die die umliegenden Inseln des Königreichs Tonga verwüstete, Tsunamis auslöste und unvorstellbare Mengen Asche, Gas und Wasserdampf in die Atmosphäre schleuderte, begann eine massive Phytoplanktonblüte.

Dieses stark wachsende Plankton wurde zunächst auf Satellitenbildern in der Umgebung des Vulkans nachgewiesen und breitete sich in den folgenden Wochen und Monaten weiter aus. Zunächst war die betroffene Fläche etwa 61.000 Quadratkilometer groß und somit etwas kleiner als das Bundesland Bayern.

Die Wissenschaftler führten diese Entwicklung auf den Vulkanausbruch zurück. Die Eruption setzte etwa 2,9 Milliarden Tonnen Tephra frei, die sich über den Südpazifik verteilte und schließlich abregnete. Vulkanisches Material ist reich an Mineralien, die sowohl auf Land als auch im Meer als Dünger wirken. Im Fall des Phytoplanktons spielten insbesondere Eisen und das Spurenelement Neodym eine zentrale Rolle, da sie die Ozeane mit Nährstoffen anreicherten und so die Vermehrung des Planktons auslösten. Mit den Meeresströmungen verteilten sich die Nährstoffe bis vor die Küste des äquatorialen Südamerikas.

Mit Hilfe von Computersimulationen fanden die Forscher heraus, dass die durch den Ausbruch eingebrachten Nährstoffe der natürlichen jährlichen Nährstoffzufuhr der Region entsprachen. Dadurch stand dem Phytoplankton die doppelte Menge an Nährstoffen zur Verfügung, was die außergewöhnliche Blüte erklärte.

Diese Phytoplanktonblüte könnte sich auch auf das Weltklima auswirken. Die gute Nachricht: Phytoplankton absorbiert durch Photosynthese Kohlendioxid und spielt eine Schlüsselrolle im globalen Kohlenstoffkreislauf. Frühere vulkanische Ereignisse, wie der Ausbruch des Mount Pinatubo 1991, führten zu einer messbaren Verlangsamung des Anstiegs des atmosphärischen CO₂. Der Ausbruch des Hunga Tonga-Hunga Haʻapai im Januar 2022 könnte ähnliche Effekte haben, indem er die biologische Produktivität der Ozeane steigert und so deren Fähigkeit zur CO₂-Aufnahme verbessert. Dies könnte indirekt zu einer globalen Abkühlung oder zumindest zu einer Verlangsamung der Erderwärmung beitragen. Allerdings hat der Ausbruch auch direkte Auswirkungen auf die Atmosphäre, deren genauer Umfang noch erforscht wird.

Ein bislang wenig beachteter Aspekt der Phytoplanktonblüte ist ihre potenzielle Auswirkung auf die Albedo des Meerwassers. Ein dichter Planktonteppich verändert die Lichtreflexion an der Wasseroberfläche, wodurch weniger Licht und Wärme ins Weltall zurückgeworfen werden. Dies könnte dazu beitragen, die Wassertemperatur zu erhöhen. Erst kürzlich berichteten Wissenschaftler über einen plötzlichen Anstieg der Meerestemperaturen im März 2023, der schwer zu erklären ist. Damals wurde eine Erhöhung der Wassertemperaturen in vielen Ozeanen um bis zu 1,5 Grad gemessen, und die Werte sind seither kaum gesunken. Derzeit wird dies hauptsächlich dem anthropogenen Klimawandel zugeschrieben. Dennoch erscheint es zumindest überlegenswert, ob es einen Zusammenhang mit der massiven Vermehrung des Phytoplanktons geben könnte.

Generell ist Phytoplankton essenziell für das Leben auf der Erde: 50 bis 80 Prozent des durch Photosynthese produzierten Sauerstoffs stammen von diesen winzigen Organismen. Gleichzeitig bildet es die Grundlage des marinen Nahrungskreislaufs. Allerdings sterben die riesigen Planktonmassen irgendwann ab und verbrauchen bei ihrer Zersetzung nicht nur Sauerstoff, sondern setzen auch CO₂ und organische Substanzen frei, die wiederum als Nährstoffe dienen. Ein Teil des toten Planktons sinkt in die Tiefsee, wo es unter anaeroben Bedingungen konserviert werden kann. Mit der Zeit und unter Sedimentabdeckung können auf diese Weise Erdöl- und Gasvorkommen entstehen.

Die Auswirkungen des Vulkanausbruchs könnten also weitreichender und komplexer sein, als es auf den ersten Blick scheint. (Quelle der Studie: https://www.nature.com/articles/s41467-024-52904-3)