Vesuv-Katastrophe verwandelte in Herculaneum Hirn in Glas

Alte und neue Ruinen von Herculaneum. Rechts hinter dem Baum liegt das Collegium Augustalium. © Marc Szeglat

Verglastes Gehirn im Schädel eines Opfers der Vesuv-Katastrophe in Herculaneum: Einzigartiger Fund enträtselt

Im Jahr 79 n. Chr. brach der Vesuv aus und zerstörte die römischen Siedlungen Pompeji, Herculaneum, Oplontis und Stabiae. Der Ausbruch schleuderte eine gigantische Aschewolke bis zu 33 Kilometer hoch in die Atmosphäre. Innerhalb weniger Stunden begruben glühende Gesteinsbrocken, Asche und giftige Gase die Region. Während Pompeji überwiegend infolge von herabregnender Bimssteinen und Vulkanasche langsam unter einer bis zu zwölf Meter dicken Schicht vulkanischer Ablagerungen verschwand, wurde Herculaneum, das näher am Vesuv liegt als Pompeji vor allem von extrem heißen pyroklastischen Strömen die bis zu 500 km/h schnell waren überrollt und verschüttet. Hier erreichten die Ignimbrit-Ablagerungen eine Mächtigkeit von bis zu 20 m

Bei einem pyroklastischer Strom handelt es sich um eine Art Lawine aus heißer Asche, Gasen und Gestein, die sich mit enormer Geschwindigkeit den Hang eines Vulkans hinabbewegt. Die Temperaturen können 800 Grad Celsius erreichen, wodurch alles Leben in Sekunden ausgelöscht wird.

Das verglaste Gehirn aus Herculaneum. ©Pier Paolo Petrone

In den 1960er-Jahren entdeckten Forschende in den Ausgrabungen von Herculaneum die Überreste eines Mannes im Collegium Augustalium. Bei dem Mann handelte es sich vermutlich um den Wächter des Versammlungsorts. Zum Zeitpunkt des Todes lag er auf seinem Bett. Im Jahr 2020 wurde sein Schädel erneut untersucht – mit einer spektakulären Entdeckung: Anstelle seines Gehirns fand man eine schwarze, glasartige Masse. Sein Gehirn war verglast und sieht auf Fotos aus wie Obsidian.

Glas bildet sich, wenn eine Flüssigkeit so schnell abgekühlt wird, dass sich keine Kristalle ausbilden. Dieser Prozess, der Glasübergang oder Vitrifikation genannt wird, ist in der Regel reversibel.

Aus welchen Flüssigkeiten Glas entstehen kann

Bei der Verglasung handelt es sich um Flüssigkeiten, die beim schnellen Abkühlen nicht kristallisieren, sondern in einen amorphen (glasartigen) Zustand übergehen. Dazu gehören:

  • Silikatschmelzen – Hauptbestandteil von natürlichem Glas, wie vulkanischem Obsidian oder künstlichem Fensterglas.
  • Organische Flüssigkeiten – Bestimmte Polymere, Zucker oder biologische Lösungen können verglasen, wenn sie schnell abgekühlt werden.
  • Wasser in biologischem Gewebe – In der Kryokonservierung gefriert Wasser nicht kristallin, sondern bildet bei extrem niedrigen Temperaturen eine glasartige Struktur.
  • Metallschmelzen – Einige Metalle und Legierungen können durch sehr schnelles Abkühlen als metallisches Glas erstarren.

Im Fall des verglasten Gehirns von Herculaneum bestand die Flüssigkeit wahrscheinlich aus einer Mischung aus Zellflüssigkeit, Lipiden und Proteinen, die durch extreme Hitze geschmolzen und dann abrupt abgekühlt wurden.

Wandmalereien im Collegium Augustalium. © Marc Szeglat

Ein italienisch-deutsches Forschungsteam unter Guido Giordano von der Universität Rom wollte dem Rätsel um das verglaste Gehirn auf die Spur kommen und fand in Experimenten heraus, dass eine über 510 Grad heiße Gaswolke, die vermutlich nur wenig Tephra enthielt und einem pyroklastischen Strom voranging, das Hirngewebe in Glas verwandelt haben musste. Anschließend kühlte das Gehirn im Schädel rasch ab und verhinderte eine Kristallisation.




Wie genau es zu der schnellen Abkühlung gekommen ist, bleibt unklar. Vermutlich kühlte der Leichnam an der normalen Luft schnell ab, nachdem die Gaswolke vorübergezogen war und noch bevor es zu den ersten pyroklastischen Strömen kam, die Herculaneum bedeckten. Möglicherweise wurde die Leiche des Mannes mit dem Glashirn zunächst in einem vergleichsweise kühlen vulkanischen Material eingeschlossen, das ihn vor weiteren Hitzeeinwirkungen isolierte. Im Collegium Augustalium müssen einzigartige Bedingungen geherrscht haben, denn ansonsten hätte es auch in den Schädeln anderer Opfer verglastes Hirn geben müssen.

Dieser Fund eines verglasten Gehirns ist einzigartig, da sich kein weiteres verglastes Gehirn in Herculaneum oder Pompeji nachweisen ließ. Auch andernorts auf der Welt wurde bislang nichts Vergleichbares entdeckt. Die Erkenntnisse helfen nicht nur bei der Rekonstruktion des Vesuv-Ausbruchs, sondern auch beim modernen Katastrophenschutz, da sie die tödlichen Auswirkungen heißer Gaswolken verdeutlichen. Es stellt sich natürlich die Frage, wie diese Gaswolke entstand, die vor den eigentlichen pyroklastischen Strömen abgegangen sein muss. Und natürlich, warum der Mann auf dem Bett lag und womöglich schlief. Wurde die Gaswolke während eines Initialereignisses freigesetzt und war nur lokal begrenzt? Die Menschen, die sich am anderen Ende Herculaneums in den Bootschuppen schutzsuchend zusammengefunden hatten, zeigen, dass sie alarmiert waren und nicht von de Eruption überrascht wurden. (Quelle: Nature.com)

Studie erklärt Zyklizität von Eiszeiten

Studie belegt Zusammenhang zwischen Milanković-Zyklen und Eiszeiten

Das Klima auf der Erde unterliegt natürlichen Schwankungen und kann dabei extreme Formen annehmen: während der Kreidezeit lagen die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen 8 und 10 Grad höher als heute. Trotzdem fühlten sich Dinosaurier am Äquator pudelwohl. Es gab auch das andere Extrem, als sich vor ca. 700 Millionen Jahre die Erde in einen Schneeball verwandelte und komplett von Eis bedeckt war.  Damals war es um bis zu 30 Grad kälter als heute. Dies wurde durch einen extrem niedrigen Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre in Kombination mit ungünstigen astronomischen Parametern verursacht. Zudem verursachten massive Vulkanausbrüche, die große Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre freisetzten, ungewöhnliche Warmphasen. Wurden hingegen Vulkanasche und Schwefeldioxid freigesetzt, kam es zu Kälteperioden. Solche extremen Klimaveränderungen, die schnell abliefen, gingen oft mit Massenaussterben einher.

Während der Mensch sich besonders gut an gemäßigte Klimazonen angepasst hat, musste er im Laufe seiner Geschichte auch Eiszeiten überstehen. Klimaschwankungen und Extreme gelten als Motor der Evolution und trugen zur Entwicklung menschlicher Fähigkeiten bei. Der moderne Mensch existiert seit etwa 300.000 Jahren, entwickelte sich in den Savannen Ostafrikas und breitete sich von dort aus in mehreren Wellen über den gesamten Planeten aus. Besonders die Eiszeiten der letzten 100.000 Jahre mit ihren starken Klimaschwankungen zwangen Homo sapiens zur Innovation: Er lernte den gezielten Einsatz von Werkzeugen, verfeinerte seine Jagdtechniken, beherrschte das Feuer und entwickelte eine komplexe Sprache.

Lange Zeit war unklar, was genau Eiszeiten auslöst und wieder beendet. Sicher ist, dass die letzten Eiszeiten einem Zyklus von etwa 100.000 Jahren folgten und dass es in den Zwischenperioden kleinere Warm- und Kaltphasen gab. Bereits seit Langem werden die sogenannten Milanković-Zyklen als Ursache für diesen Wechsel diskutiert. Allerdings blieb unklar, welcher der Parameter in den Bahnschwankungen der Erde letztlich den Beginn und das Ende von Eiszeiten bestimmt. Eine aktuelle Studie, die im Fachjournal Science veröffentlicht wurde, liefert nun neue Erkenntnisse zu den natürlichen Klimazyklen der Erde. Ein internationales Forschungsteam analysierte Foraminiferenschalen in marinen Sedimenten, um den Zusammenhang zwischen der Erdumlaufbahn und dem Wechsel von Eiszeiten und Warmphasen besser zu verstehen.

Die Milanković-Zyklen beschreiben langfristige Schwankungen in der Erdbewegung, die das Klima über Zehntausende bis Hunderttausende von Jahren beeinflussen. Sie wurden nach dem serbischen Mathematiker und Geophysiker Milutin Milanković benannt, der in den 1920er Jahren ihre Auswirkungen auf das Erdklima berechnete. Die Zyklen entstehen durch Veränderungen in drei Hauptparametern der Erdbewegung:

1. Exzentrizität (100.000- und 400.000-Jahres-Zyklen)

Die Umlaufbahn der Erde um die Sonne schwankt zwischen nahezu kreisförmig und leicht elliptisch. Wenn die Bahn elliptischer ist, schwankt die Sonneneinstrahlung auf der Erde stärker, was die Intensität der Jahreszeiten beeinflusst.

2. Obliquität (41.000-Jahres-Zyklus)

Die Erdachse ist nicht senkrecht zur Umlaufbahn geneigt, sondern schwankt zwischen etwa 22,1° und 24,5°. Eine größere Neigung verstärkt die Jahreszeiten, während eine geringere Neigung für ein ausgeglicheneres Klima sorgt.

3. Präzession (ca. 26.000-Jahres-Zyklus)

Die Erde taumelt wie ein Kreisel um ihre eigene Achse. Dadurch verändert sich die Richtung, in die die Achse zeigt, was wiederum beeinflusst, wann die Jahreszeiten während der Umlaufbahn um die Sonne auftreten.

Auswirkungen auf das Klima

Diese Zyklen beeinflussen die Menge und Verteilung des Sonnenlichts, das die Erde erreicht, und sind eine Hauptursache für den Wechsel zwischen Eiszeiten (Glazialen) und Warmzeiten (Interglazialen) in den letzten Millionen Jahren. Sie allein reichen jedoch nicht aus, um den aktuellen menschengemachten Klimawandel zu erklären, da dieser durch den Ausstoß von Treibhausgasen dominiert wird.

 

Unter der Leitung der Universität Cardiff und mit Beteiligung des Alfred-Wegener-Instituts analysierten Wissenschaftler Sauerstoffisotopendaten aus Tiefseesedimenten. Diese Daten geben Aufschluss über die Größe der Eisschilde auf der Nordhalbkugel sowie über Temperaturveränderungen in der Tiefsee. Die Studie zeigt, dass zyklische Schwankungen der Erdachse und der Bahngeometrie die Verteilung des Sonnenlichts beeinflussen und langfristige Klimaveränderungen auslösen.

Schon seit über einem Jahrhundert wird ein Zusammenhang zwischen der Erdumlaufbahn und den Klimazyklen vermutet, der jedoch erst in den 1970er Jahren durch Daten bestätigt wurde. Unklar blieb jedoch, welcher Orbitalparameter den größten Einfluss auf den Beginn und das Ende von Eiszeiten hat. Durch die Analyse zyklischer Muster in der Klimageschichte konnte das Forschungsteam diese Frage nun beantworten. Die Ergebnisse ermöglichen eine präzisere Rekonstruktion vergangener Zwischeneiszeiten und eine bessere Prognose zukünftiger klimatischer Entwicklungen.

Triggerpunkte für das Auslösen von Eiszeiten entschlüsselt

Die Forscher fanden heraus, dass eine Eiszeit in hohen Breiten unter dem Einfluss einer ausgeprägten Neigung der Erdachse (Obliquität) beginnt. Die Enteisung hingegen setzt ein, wenn Präzession und Obliquität gemeinsam wirken und sich auf die gesamten Gletschereisschilde ausdehnen.

Eine lange Enteisungsphase tritt ein, wenn die Veränderung der Präzession früh im Zyklus der Obliquität einsetzt. Dadurch verzögert sich der Rückzug der Eisschilde nach Norden in Richtung ihres interglazialen Zustands. Zudem stellten die Forscher fest, dass die präzessionsbedingten Wärmephasen, die eine Eiszeit beenden (und stets mit zunehmender Obliquität einhergehen), direkt auf Phasen mit geringer Exzentrizität folgen. Dies stützt die Annahme, dass eine niedrige Exzentrizität – durch die reduzierte Amplitude der Präzession – das Wachstum großer Eisschilde begünstigt.

Die Studie bestätigt, dass die langfristigen Klimaveränderungen der Erde nicht zufällig, sondern weitgehend vorhersehbar sind. Da die Erde sich aktuell in einer Zwischeneiszeit befindet, wäre unter natürlichen Bedingungen ein Übergang in eine neue Eiszeit in etwa 10.000 Jahren zu erwarten. Die Forscher betonen jedoch, dass die hohen CO₂-Emissionen der Menschheit das Klimasystem bereits stark beeinflusst haben und diesen natürlichen Verlauf wahrscheinlich verändern werden. Zukünftig wollen sie eine Klimabaseline für die kommenden Jahrtausende erstellen, um den Einfluss des menschlichen Handelns besser quantifizieren zu können. Die Studie liefert damit eine wichtige Grundlage für zukünftige Klimaprognosen und politische Entscheidungen.

Die aktuelle Weltpolitik hat aber das Thema Klimawandel weitestgehend aus den Augen verloren und fokussiert sich auf die Themen Wirtschaft und Krieg. Ob die Menschheit unter diesen Bedingungen noch das Einsetzen der nächsten Eiszeit erleben wird, ist fraglich.

(Quelle: Science, Pressemeldung AWI)

Island: Enormer Geltscherschwund

Starker Gletscherschwund auf Island – IMO stellt Vergleichsgrafik online

Dass die Gletscher weltweit auf dem Rückzug sind, ist kein Geheimnis mehr, doch eine neue Studie, die im Wissenschaftsjournal Nature veröffentlicht wurde, zeigt, wie dramatisch die Situation in einigen Ländern ist: Seit Beginn des 21. Jahrhunderts haben Gletscher außerhalb Grönlands und der Antarktis jährlich durchschnittlich 273 Milliarden Tonnen Eis verloren. Besonders besorgniserregend ist, dass sich dieser Verlust in den letzten zehn Jahren erheblich beschleunigt hat.

Insgesamt ist das Gletschervolumen in den vergangenen zwei Jahrzehnten um 5 Prozent geschrumpft. Die Geschwindigkeit dieses Rückgangs variiert regional stark – von etwa 2 Prozent in der Antarktis bis hin zu alarmierenden 39 Prozent in den Höhenlagen Mitteleuropa, sprich vor allem in den Alpen. Dort ist das Schrumpfend er Gletscher besonders dramatisch, denn die Trinkwasserversorgung vieler Gemeinden hängt vom Schmelzwasser der Gletscher ab. Sind diese Verschwunden, gibt es auch nichts mehr zum Trinken. Das ist natürlich nicht nur in den Alpen ein Problem, sondern auch in anderen Gebirgsregionen, z.b. im Himalaya und in den Anden, wo auch die Landwirtschaft vom Schmelzwasser der Gletscher abhängt. Hinzu kommt der Anstieg des Meeresspiegels: in diesem Jahrtausend stieg er bereits um 18 mm. Ein weiteres Problem ist die Aussüßung des Meereswassers, wodurch sich globale Meeresströmungen ändern können, die einen großen Einfluss auf das Klima haben.

Besonders stark betroffen ist auch Island, wo seit dem Jahr 2000 jährlich im Durchschnitt 8,3 Milliarden Tonnen Eis verschwunden sind. Das entspricht einem jährlichen Rückgang der Gletscherhöhe um 93 Zentimeter. Im Jahr 2019 wurde ein erster isländischer Gletscher für tot erklärt. Hierbei handelt es sich um den Okjökull, der komplett verschwunden ist. Doch auch andere Gletscher schmelzen rasant, ein umstand, von dem ich mich bei meinen Islandreisen der letzten 30 Jahre selbst von überzeugen konnte und aktuell auch kann.

Zwar verlangsamte sich der Schmelzprozess isländischer Gletscher seit 2010 aufgrund lokaler Abkühlungen vor der Küste, dennoch verliert Island weiterhin schneller Eis als viele andere Regionen der Erde. Zur Diskussion seht auch, dass sich Eisschwund und Meeresspiegelanstieg durch veränderte Auflast auf die Erdkruste auf vulkanische Aktivität auswirken könnte. Etwas, von dem Island besonders betroffen sein könnte.

Das Bild oben veranschaulicht das Volumen von 1 Kubikkilometer Wasser in Form einer Kugel mit einem Durchmesser von 1.240 Metern. Wäre sie auf gleicher Höhe wie die Hallgrímskirkja (Kirche in Reykjavik) platziert, würde sie den Gipfel des Gebirgszugs Esjan um etwa 360 Meter überragen. Zum Vergleich: Die jährlich schmelzende Eismasse der Gletscher weltweit entspricht dem Volumen von 273 solcher Kugeln.

Der Artikel erscheint nicht zufällig heute, denn ich bin gerade auf Island unterwegs. Auf dem Plan steht heute die Fahrt zur Gletscherlagune Jökullsarlon, die am Ostrand des größten Gletschers Europas liegt, dem Vatnajökull. (Quelle: IMO)

Innerer Erdkern verformbarer als gedacht

Schnitt durch die Erde enthüllt Erdmantel und Erdkern. © Shutterstock/ Hdtrial-huni

Neue Studie enthüllt: Innerer Erdkern könnte plastisch verformbar sein

Wissenschaftliche Untersuchungen haben eine überraschende Entdeckung über den Erdkern ergeben, die möglicherweise die Länge eines Tages beeinflusst. Die neuen Erkenntnisse widersprechen bisherigen Annahmen über die Struktur und physikalischen Eigenschaften des inneren Kerns.

Der Erdkern, der aus einem flüssigen äußeren und einem festen inneren Bereich besteht, ist für die Erzeugung des Magnetfelds der Erde verantwortlich. Bisher galt der innere Kern als eine etwa 6000 Grad heiße, feste Nickel-Eisen-Kugel, doch aktuelle Forschungen deuten darauf hin, dass er formbarer sein könnte als bislang angenommen.

Ein Team der University of Southern California (USC) stellte fest, dass der innere Kern strukturellen Veränderungen unterliegt. Diese könnten mit einer als „viskose Deformation“ bekannten Verformung zusammenhängen, die durch Wechselwirkungen mit dem äußeren Kern verursacht wird. Schätzungen zufolge könnte sich der innere Kern um mehr als 100 Meter verformt haben.

Die Forschenden analysierten 121 sich wiederholende Erdbeben an 42 Standorten nahe der Südlichen Sandwichinseln in der Antarktis. Dabei zeigte sich, dass sich einige seismische Wellen anders verhielten als erwartet, was auf eine größere physische Aktivität des inneren Kerns hindeuten könnte. Die Beobachtungen legen zudem nahe, dass der turbulente äußere Kern den inneren Kern innerhalb einer menschlichen Zeitspanne beeinflusst – ein bisher nicht nachgewiesenes Phänomen.

Diese neuen Erkenntnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht und könnten weitreichende Auswirkungen auf das Verständnis des Erdinneren haben.

Anomalie im Erdmagnetfeld vergrößerte sich

Mit dem Erdkern befasste sich auch eine weitere Entdeckung, die in diesen Tagen für Schlagzeilen sorgte: Wissenschaftler haben eine wachsende Schwachstelle im Magnetfeld der Erde entdeckt, die potenziell schwerwiegende Auswirkungen haben könnte. Diese sogenannte Südatlantische Anomalie (SAA) erstreckt sich über Südamerika und Afrika und könnte dazu führen, dass gefährliche Sonnenstrahlung ungehindert in die Erdatmosphäre eindringt.

Seit ihrer erstmaligen Identifizierung im Jahr 2020 hat sich die Anomalie um etwa sieben Prozent vergrößert. Experten beobachten fortlaufende Veränderungen in diesem Bereich, die sowohl biologische als auch technologische Risiken mit sich bringen könnten.

Das Erdmagnetfeld entsteht im wesentlichen durch Strömungen um plastischen äußeren Erdkern, der als Erddynamo angesehen wird. Da die Strömungen im Erdkern variieren kommt es auch zur Verlagerung der magnetischen Pole der Erde. Seit den 1950iger Jahren beschleunigte sich die Wanderung des magnetischen Nordpols, was von einigen Forschern als Anzeichen eine möglicherweise bevorstehenden Polsprungs interpretiert wird.

Campi Flegrei: Studie warnt vor phreatischen Eruptionen

Piciarelli-Fumarole neben der Solfatara in der Campi Flegrei © Marc Szeglat

Studie hält seismische Bursts für Hinweise auf bevorstehende phreatische Eruptionen in den Campi Flegrei

Während die seismische Krise in den Campi Flegrei weiterhin anhält, wurde eine Studie veröffentlicht, die bei den Anwohnern der süditalienischen Caldera kaum für Beruhigung sorgen dürfte. Die Studie entstand unter Mitwirkung zahlreicher INGV-Wissenschaftler unter Zusammenarbeit mit Forschern des Nationalen Forschungsrates und wurde am 11. Februar auf nature.com veröffentlicht. Die Autoren analysieren die Geschehnisse in der Caldera detailliert und identifizieren zwei Hauptzonen in der Depression, in denen sich die meisten Erdbeben ereignen und die stärkste Bodenhebung stattfindet. Beide Zonen lassen sich mit Ellipsen umreißen: Die kleinere Zone befindet sich im Golf von Pozzuoli, die größere umfasst eine Region, in der sich nicht nur die Altstadt und der Hafen von Pozzuoli befinden, sondern auch der Solfatara-Krater mit dem Thermalgebiet von Pisciarelli. Meiner Meinung nach wurde eine dritte Zone übersehen, die sich südöstlich von Pozzuoli erstreckt.

In der Studie heißt es, dass während der Bradyseismos-Phasen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und in der aktuellen Phase die größten Bodenhebungen stets im geografischen Zentrum der Caldera gemessen wurden. Dieses Zentrum liegt in der Hafengegend, wo sich die oft zitierte Messstation RITE befindet. Durch die Bodenerhebung entsteht ein radiales Deformationsmuster in Richtung der Calderaränder. Die Bodenhebung an der RITE-Messstation beträgt mittlerweile rund 140 Zentimeter. Während die aktuelle Hebungsphase im Jahr 2006 erstmals messbar wurde, stoppte die zuvor beobachtete Subsidenz bereits ein Jahr zuvor. Seitdem wurden bis 2024 etwa 18.500 Erdbeben registriert. Das stärkste ereignete sich im Mai 2024 mit einer Magnitude von 4,4. Beim aktuellen Schwarm erreichten die beiden stärksten Beben eine Magnitude von 3,9.

Die Forscher führten eine detaillierte Analyse der Bebensequenzen zwischen 2021 und 2024 durch, in denen sich die seismische Aktivität signifikant steigerte. Demnach handelte es sich bei den meisten Erdbeben um vulkanotektonische Erschütterungen, die durch Gesteinsbruch infolge von Fluidbewegungen entstehen. In Schwärmen folgen die einzelnen Beben im Durchschnitt in Zeitabständen von 200 Sekunden. Die Forscher identifizierten jedoch auch Bebensequenzen, in denen die Erschütterungen so schnell hintereinander auftraten, dass ihre Signale im Seismogramm unter Umständen nicht vollständig voneinander zu trennen waren. In diesen Sequenzen folgten die Beben in Abständen von nur wenigen Sekunden aufeinander. Diese Erdbebensequenzen bezeichnen die Forscher als seismic bursts. Sie treten überwiegend im Pisciarelli-Gebiet auf, aber auch direkt unter der Solfatara, insbesondere im Bereich des Monte Olibano.

Die seismic bursts stehen im Zusammenhang mit Erdbebenschwärmen und konzentrieren sich entlang der Biegezone zwischen dem stark verformten zentralen Teil der Caldera und dem weniger deformierten äußeren Bereich. Die übergeordnete Seismizität wird als spröde Reaktion der Krustengesteine auf eine primäre Verformungsquelle in etwa 3800 m Tiefe interpretiert. Die genaue Natur dieser Quelle bleibt unklar – sie könnte eine Ansammlung magmatischer Flüssigkeiten, die Ausdehnung eines porösen Mediums unter Druck oder eine Magmaintrusion sein.

In weiteren Untersuchungen konzentrierten sich die Forscher auf zwei dieser stoßartigen Erdbebensequenzen, die mich ein wenig an Tremor erinnern und offenbar auch beim aktuellen Schwarmbeben vor Santorin auftraten. Die beiden detailliert analysierten Sequenzen manifestierten sich in der Region Solfatara-Mt. Olibano, wiesen jedoch unterschiedliche Tiefenverteilungen auf. Die Sequenz vom 12. Oktober 2023 (10 Ereignisse) konzentrierte sich auf Tiefen von 700–900 m unter dem Monte Olibano, während sich die Schwarmsequenz vom 14. April 2024 (37 Ereignisse) auf Tiefen von 730–2870 m erstreckte und stärker unter dem Solfatara-Krater verteilt war, mit einer Tendenz in Richtung Pisciarelli. Dies deutet darauf hin, dass beide Sequenzen dieselbe Quellregion haben, jedoch unterschiedliche räumliche Muster aufweisen – beeinflusst durch die geologischen Strukturen der Lavadome am Monte Olibano und des hydrothermalen Systems.

Im Bereich des Monte Olibano -an dessen Fuß außerhalb des Solfatarakraters das Pisciarelli-Gebiet liegt- wurde in einer anderen Studie aus dem Jahr 2023 eine Schwereanomalie festgestellt. Hier hebt sich der Boden langsamer als in den umliegenden Gebieten. Im vergangenen Jahr verlangsamte sich die Bodenhebung weiter. Inzwischen beträgt die Differenz zwischen der erwarteten und der tatsächlich gemessenen Hebung 11 Zentimeter. Die Forscher konnten eine Korrelation zwischen der Verlangsamung der Bodenhebung in der Schwereanomalie und einer Zunahme der Erdbeben in derselben Region feststellen. Gleichzeitig stieg in der Solfatara und dem angrenzenden Thermalgebiet von Pisciarelli der Kohlendioxidausstoß auf Werte, die für aktive Vulkane mit offenem Fördersystem typisch sind. Zudem nahmen die Temperaturen der Flüssigkeiten und Gase in den Thermalgebieten von Solfatara und Pisciarelli zu.

Seismic bursts sind auch von anderen Calderavulkanen mit großen Hydrothermalsystemen bekannt. Es gibt Hinweise darauf, dass sie durch das Einspritzen von Fluiden entstehen, die unter hohem Druck in das Hydrothermalsystem eindringen. Sie werden als mögliche Vorläufer phreatischer Eruptionen interpretiert. Eine Zunahme dieser Bebensequenzen könnte auf ein steigendes Risiko solcher dampfgetriebenen Eruptionen hindeuten.

Die Forscher der Studie benennen die Ursache für die Schwereanomalie nicht eindeutig. Sie könnte jedoch bereits auf eine oberflächennahe Magmaintrusion hinweisen.

Geophysiker hebt lange Pausen des Bradyseismos hervor

Was bislang ebenfalls nicht thematisiert wurde, ist der Umstand, dass es vor den Bradyseismos-Phasen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lange Zeit überhaupt keine vergleichbaren Hebungs- und Senkungsphasen in der Caldera gab. Die Öffentlichkeit wurde in dem Glauben gelassen, dass der Bradyseismos quasi kontinuierlich abläuft. Doch laut einem Beitrag des Geophysikers Giuseppe De Natale soll das gar nicht der Fall gewesen sein. Er schrieb, dass es zwar vor und nach dem letzten Ausbruch von 1538 Erdbeben und Bodendeformationen gab, die jedoch um 1580 endeten. Danach blieb es über 400 Jahre lang ruhig. Erst in den 1950iger-Jahren begannen neue Bradyseismos-Phasen, auf die man sich immer bezieht, wenn man von diesem Phänomen spricht. Auch zwischen dem 8. Jahrhundert v. Chr. und etwa 1430 soll es keine größeren Erdbeben und Bodendeformationen gegeben haben. Glaubt man De Natale, dann verlief wohl auch die Zeit vor der (phreatischen) Eruption im Jahr 1198 still oder es wurden einfach keine Hinweise auf Unruhen dokumentiert und überliefert.

Meine Einschätzung der Situation

Während Wissenschaftler im Endeffekt immer nur das aussprechen dürfen, was sie mit wissenschaftlichen Methoden beweisen können, sieht es für Journalisten und Blogger anders aus, denn sie dürfen am Ende ihrer Berichterstattung auch eine persönliche Lageeinschätzung vornehmen. Jahrelang gehörte ich zu den Leuten, die die Bälle in Bezug auf die Phlegräischen Felder eher flach gehalten haben und eine bevorstehende Eruption zwar nicht ausgeschlossen haben, aber für eher unwahrscheinlich hielten. Die Steigerung der seismischen Aktivität insbesondere seit dem letzten Jahr und der Zuwachs an wissenschaftlichen Erkenntnissen lassen mich aber mittlerweile zu dem Schluss kommen, dass sich der Calderavulkan langfristig betrachtet auf eine Eruption vorbereitet. Über Größe und Zeitpunkt einer Eruption lässt sich nur spekulieren. Um das beurteilen zu können, fehlen sowohl Daten als auch Erfahrungswerte, schließlich brechen die großen Aschestrom-Calderavulkane vergleichsweise selten aus. Es könnten noch Jahrzehnte vergehen, bevor es zu einem größeren Ausbruch kommt, oder nur Stunden bis zu einer kleineren phreatischen Eruption. Grund zur Panik besteht zwar nicht, aber Vorsicht ist allemal geboten.

(Quelle der Studie: nature.com, Quelle des Posts von Giuseppe de Natale)

Laacher-See-Vulkan: Genauere Datierung der letzten Eruption

Luftaufnahme vom Laacher-See-Vulkan. © Marc Szeglat

Neue Datierung des Ausbruchs vom Laacher-See-Vulkan hilft bei Klärung der Frage nach der Ursache einer Kälteperiode am Ende der Altsteinzeit

Der Ausbruch des Laacher-See-Vulkans markiert das Ende zweier wichtiger Epochen: der Altsteinzeit und der letzten Eiszeit. Es war eine der stärksten Eruptionen auf dem europäischen Festland – abgesehen von der Eruption der Campi Flegrei vor etwa 39.000 Jahren – und hatte einen großen Einfluss auf die Steinzeitkultur der näheren Umgebung. Wissenschaftler stellten sich auch die Frage, ob die Eruption nicht noch deutlich weitreichendere Auswirkungen hatte. Denn im Zeitfenster der bisherigen Eruptionsdatierung kam es zu einer Renaissance der eigentlich abklingenden Eiszeit während der Jüngeren Dryaszeit.

Da der Laacher-See-Vulkan seine Asche über Tausende Kilometer weit verteilte, ist es wahrscheinlich, dass auch große Mengen Schwefeldioxid ausgestoßen wurden. Dieses Gas kann in der Stratosphäre Schwefelsäureaerosole bilden, die bekanntlich Sonnenlicht reflektieren und so zur Abkühlung des Klimas beitragen können. Der Abkühlungseffekt am Ende der Altsteinzeit trat vor etwa 12.900 Jahren auf – genau dem Zeitpunkt, der bislang als Datum des Laacher-See-Ausbruchs galt. Daher hielten es bis jetzt viele Forscher für wahrscheinlich, dass der Laacher-See-Ausbruch für die Kälteperiode verantwortlich war. Doch ein Forscherteam der Universitäten Mainz, Frankfurt und Heidelberg hat nun präzise datiert, wann die Eruption tatsächlich stattfand – und konnte dabei ausschließen, dass sie die klimatische Veränderung ausgelöst hat.




Sulfatablagerungen der Laacher-See-Eruption im Tropfstein der Herbstlabyrinth-Höhle

Um den Ausbruch genau zu datieren suchte das Team nach Schwefelablagerungen in verschiedenen natürlichen Klimaarchiven. Fündig wurden die Forscher nicht nur in einem grönländischen Eisbohrkern, sondern auch in einem Tropfstein der Herbstlabyrinth-Höhle im Westerwald. Die Höhle liegt 70 Kilometer nordöstlich des Laacher Sees und befindet sich im damaligen Aschefalloutgebiet. Die Wissenschaftler entdeckten in der Höhle einen spätglazialen Stalagmiten, der in einer seiner Wachstumszonen eine hohe Sulfatkonzentration aufwies. Diese wurde mit hochauflösenden geochemischen Methoden wie Sekundärionisations-Massenspektrometrie und Plasma-Massenspektrometrie analysiert.

Zur Altersbestimmung des Tropfsteins verwendeten die Forscher die Thorium-Uran-Datierung. Diese Methode basiert auf dem radioaktiven Zerfall von Uran-238 zu Thorium-230 und eignet sich zur Datierung von karbonathaltigen Materialien wie Tropfsteinen, Korallen oder Seesedimenten. Die Analyse ergab, dass sich die Sulfateinschlüsse im Tropfstein vor etwa 13.008 Jahren bildeten. Als Bezugspunkt dieser Datierung dient das Jahr 1950.

Eruption des Laacher-See-Vulkans ereignete sich früher als angenommen

Die Eruption des Laacher-See-Vulkans ereignete sich also vor 13.083 Jahren – und damit 183 Jahre früher als bislang angenommen. Demzufolge kann der Ausbruch nicht die neue Kälteperiode am Ende der letzten Eiszeit ausgelöst haben. Für die Forscher eine wichtige Erkenntnis, denn ihr eigentliches Ziel ist es, die Quellen möglicher Einflüsse auf abrupt eintretende Klimawandelereignisse zu identifizieren und mit dem aktuellen Klimawandel zu vergleichen. Was die Kälteperiode am Ende der Altsteinzeit letztlich auslöste, bleibt weiterhin rätselhaft.

Unabhängig davon stellt die europaweit verteilte Asche des Laacher-See-Vulkans einen wichtigen stratigrafischen Marker dar, anhand dessen sich das Alter vieler Gesteinsschichten bestimmen lässt. Die exakte Datierung des Ausbruchs ermöglicht nun auch hier präzisere Angaben. (Quelle: Science Advances)

Studie: Kilauea und Mauna Loa teilen sich Magmenquelle

Der neue Lavasee am Kilauea. Im Hintergrund erkennt man den Mauna Loa. © HVO/USGS

Neue Studie belegt gemeinsame Magmaquelle von Kilauea und Mauna Loa

Obwohl die Eruption am Kīlauea weiterhin pausiert, steht dieser faszinierende Schildvulkan auf Big Island, Hawaii, einmal mehr im Fokus der Berichterstattung auf Vnet. Diesmal geht es um den Ursprung des Magmas, das am Vulkan eruptiert wird.

Es wird schon seit Längerem davon ausgegangen, dass sich Kīlauea eine Magmenquelle mit dem benachbarten Vulkan Mauna Loa teilt, der den Kīlauea deutlich überragt. Die These lautet, dass beide Vulkane von einer tiefen Mantelquelle über einen Plume mit Schmelze versorgt werden. Hinweise auf diese gemeinsame Magmenquelle liefern Erdbeben unter der Küstenebene bei Pāhala, die in Tiefen von mehr als 30 Kilometern auftreten und auf Magmenaufstieg hindeuten. Doch wo genau die Zone der gemeinsamen Magmenquelle liegt, ist umstritten.

Eine vor zwei Jahren veröffentlichte Studie untersuchte den Untergrund mithilfe der seismischen Tomografie und kam zu dem Schluss, dass unter Pāhala ein großer Magmenkörper liegt, von dem Fördersysteme zu beiden Vulkanen aufsteigen. Da sich die von den beiden Vulkanen geförderten Laven im Detail chemisch unterscheiden, sollte in diesem Modell das Magma während des Aufstiegs durch unterschiedliche Fördersysteme und in flach liegenden Reservoirs differenzieren.

Eine neue Studie, die Ende letzten Jahres im Journal of Petrology erschien und jetzt publik gemacht wurde, geht von einer anderen These aus. Die Forscher um Aaron J. Pietruszka von der University of Hawaii at Mānoa analysierten fast 200 Jahre alte Aufzeichnungen zur Lavachemie und fanden Hinweise darauf, dass beide Vulkane eine gemeinsame Magmaquelle innerhalb des hawaiianischen Plumes nutzen.

Demnach soll sich die Schmelze in der Asthenosphäre bilden bzw. sammeln. Aufsteigend aus dieser gemeinsamen Quelle kann sich das Magma über Jahrzehnte hinweg abwechselnd zum Kīlauea oder zum Mauna Loa bewegen.

Seit 2010 beobachtet das Forschungsteam eine Veränderung der Lavachemie am Kīlauea, die darauf hindeutet, dass Schmelze aus der gemeinsamen Quelle nun erstmals seit Mitte des 20. Jahrhunderts wieder zum Mauna Loa umgeleitet wird. Der Mauna Loa brach zuletzt 2022 aus. Zuvor ruhte er 38 Jahre lang – die längste bekannte Ruhephase in seiner Geschichte. Diese inaktive Zeit überschnitt sich weitgehend mit dem etwa 35 Jahre andauernden Puʻuʻōʻō-Ausbruch des Kīlauea, der nach der Leilani-Eruption von 2018 mit dem Einsturz der Gipfelcaldera endete.

Die Studie legt nahe, dass ein langfristiges Muster wechselseitiger vulkanischer Aktivität existiert, was auf eine magmatische Verbindung zwischen den beiden Vulkanen hindeutet. Veränderungen in der Lavachemie von Kīlauea und Mauna Loa scheinen miteinander zu korrelieren. Ein Beispiel dafür zeigt sich im späten 19. Jahrhundert, als der Mauna Loa besonders aktiv war, während der Kīlauea weniger häufig ausbrach. In dieser Zeit entwickelte sich die Lava des Kīlauea chemisch in eine spezifischere Richtung, was darauf zurückgeführt wird, dass Magma aus der gemeinsamen Quelle vorrangig in Richtung Mauna Loa transportiert wurde. Teile der tiefen Leiterbahnen des Fördersystems, die im Modell an ein verzweigtes Wurzelsystem erinnern, alternieren dabei zwischen den beiden Vulkanen, wobei die Hauptschlote unter dem jeweiligen Vulkan beständig bleiben.

Langfristige Prognosen zur vulkanischen Aktivität basieren bislang auf der Analyse vergangener Ausbrüche eines Vulkans. Die Studie weist jedoch darauf hin, dass die Überwachung der Lavachemie ein potenzielles Instrument zur Vorhersage der Eruptionsrate und -häufigkeit beider Vulkane über Jahrzehnte hinweg sein könnte. Sollte sich die chemische Zusammensetzung der Lava am Kīlauea weiterhin verändern, könnte dies auf eine künftige Zunahme der Aktivität am Mauna Loa hindeuten. Die Forscher planen, diese Veränderungen weiter zu beobachten, um ihre Vorhersagen über das zukünftige Eruptionsverhalten zu überprüfen.

(Quellen: Journal of Petrology, Pressemeldung HVO)

Türkei: Unterirdischer Riss breitet sich entlang Zagros zum Irak aus

Alte ozeanische Platte reißt unter der arabischen und eurasischen Kontinentalplatte ab

Forschungsteam untersucht den Einfluss des Zagros-Gebirges im Iran und Irak auf die Erdabsenkung des Vorgebirgsbeckens

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen untersuchte die plattentektonischen Prozesse, die im Zagros-Gebirge der irakischen Region Kurdistan zur Bildung einer tiefen Depression führen. Diese Depression bildet ein sedimentgefülltes Becken im Vorland des Gebirges, das sich in Nordwest-Südost-Richtung durch den Süden des Irak und Irans erstreckt, dessen Ausläufer jedoch bis in die Osttürkei reichen. Das Vorgebirgsbecken war ursprünglich zwischen drei und vier Kilometern tief. Sedimente füllten die Senke größtenteils auf, sodass eine langgestreckte Ebene vor dem Gebirge entstand.

Entlang der Zagros-Gebirgszone erstrecken sich prominente Störungszonen, die für ihre Erdbebenaktivität bekannt sind und auch mit den beiden großen Störungen in Anatolien in Verbindung stehen.

Das Gebirge ist ein Ergebnis der Plattentektonik und bildete sich infolge der Kollision der Arabischen Platte mit Eurasien. Vor der Kollision waren beide Platten durch ein urzeitliches Meer, den Neotethys-Ozean, getrennt. Die ozeanische Kruste der Neotethys tauchte entlang einer Subduktionszone unter Eurasien in den Erdmantel ab. Dieser Prozess begann vor etwa 60 Millionen Jahren und endete vor rund 25 Millionen Jahren, als die Arabische Platte mit der Eurasischen Platte kollidierte und die Auffaltung des Zagros-Gebirges einsetzte.


Die Forschenden stellten fest, dass die sedimentgefüllte Depression im Vorland des Zagros-Gebirges tiefer ist als anhand der Gebirgshöhe zu erwarten wäre. Vorgebirgsbecken entstehen durch die Auflast des Gebirges, das die Kontinentalplatte an ihrem Rand nach unten drückt.

Mit seismischen Untersuchungen und Computermodellierungen bestimmten die Forschenden nicht nur die Tiefe des Vorlandbeckens, sondern auch, dass ein Relikt der Neotethys-Kruste an der Unterseite der Arabischen Platte haftet. Dieses zieht die Platte in der Kollisionszone mit Eurasien nach unten und erklärt die große Tiefe des Beckens.

Das subduzierte Stück der Ozeankruste haftete ursprünglich auch unter der Anatolischen Platte in der Türkei. Dort ist die Senke jedoch flacher, was darauf hindeutet, dass sich die ozeanische Kruste bereits gelöst hat. Der entstehende Riss entlang der horizontalen Lösungsfläche dehnt sich weiter in Richtung Nordwestiran aus, was möglicherweise die Erdbebenaktivität der Region beeinflusst.

Die Studie unter Leitung von Dr. Renas I. Koshnaw wurde bereits im letzten Jahr in der Fachzeitschrift Solid Earth veröffentlicht und nun durch eine Pressemeldung der Universität Göttingen bekannt gemacht. Das entwickelte geodynamische Modell könnte auch für weitere geologische Untersuchungen genutzt werden und liefert wichtige Erkenntnisse zur Struktur der Erdkruste. (Quelle: AGU)

Vulkane: Studie zu Magmenkörpern enthüllt erstaunliches

Crater Lake in den USA. © Epmatsw, Wikipedia Lizenz der CC

Studie über Magmenkörper zeigt, dass auch viele inaktive Vulkane über ein aktives Speicherreservoir mit Schmelze verfügen

In der Wissenschaft ist es ein seit langem diskutiertes Thema, ab wann ein Vulkan als ruhend oder erloschen gilt und ob nur in Eruption befindliche Vulkane als aktiv klassifiziert werden oder auch Vulkane die potenziell in Kürze ausbrechen könnten oder vor kurzem noch eruptierten.

Im Allgemeinen heißt es in der Vulkanologie, dass ein Vulkan der länger als 10.000 Jahre nicht ausgebrochen ist, als erloschen anzusehen ist. Doch in den letzten Jahren mehren sich die Hinweise, dass das so nicht stimmen kann: besonders große Calderavulkane können über lange Zeiträume inaktiv sein und erzeugen in Abständen von mehreren 10.000 oder sogar 100.000 Jahre sogenannte Supervulkaneruptionen. Zwar sind diese Vulkane zwischenzeitlich auch oft aktiv und generieren normale Eruptionen, doch auch die Zeiträume zwischen diesen Eruptionen können stark variieren. So liegt die letzte Supervulkaneruption der Yellowstone-Caldera ca. 640.000 Jahre zurück, während die letzte normale Eruption im Pleistozäne, also vor mehr als 12.000 Jahren stattfand. Die jüngste nachgewiesene Eruption manifestierte sich vor 70.000 Jahren, als ein Lavastrom austrat. Dennoch wies eine andere Studie hier einen großen Magmenkörper nach, dessen Schmelze sich horizontal verlagerte, also fließfähig ist.




Eine weit verbreitete Annahme geht davon aus, dass sich das Magmaspeichersystem eines lange nicht ausgebrochenen Vulkans zurückbildet und mit der Zeit auflöst. Unter einem lange ruhenden Vulkan dürfte es dann keinen Magmenkörper mit Schmelzanteil mehr geben. Ob dies wirklich so ist, wollte ein Forscherteam der Cornell University und des U.S. Geological Survey (USGS) wissen. Die Wissenschaftler um Geoffrey A. Abers untersuchten dafür Vulkane der US-amerikanischen Kaskadenkette, die sich in verschiedenen Lebensstadien befinden. Mit Hilfe eines Verfahrens, dass sich an die seismische Tomografie anlehnt, aber mit einem weitaus kleinerem seismischen Netzwerk auskommt, nutzen sie Laufzeitunterschiede von Erdbebenwellen um Magmenkörper unter den Vulkanen aufzuspüren.

Konkret untersuchten die Geoforscher den Untergrund der Vulkane Crater Lake, Lassen Peak, Mount Hood, Mount St. Helens, Mount Rainier und Newberry Volcano die zwar alle noch nicht als erloschen gelten und innerhalb der letzten 10.000 Jahren mindestens einmal eruptierten, sich aber in unterschiedlichen Ruhestadien befinden. Am längsten ist die letzte Eruption des Crater-Lake-Vulkans her, der vor ca. 4870 Jahren das letzte Mal ausbrach, während der Mount St. Helens zuletzt im Jahr 2008 eruptierte.

Das erstaunliche Ergebnis der Studie ist, dass unter allen 6 Vulkanen Magmenkörper nachgewiesen werden konnten, die sogar noch einen Schmelzanteil enthielten. Damit scheint klar zu sein, dass nicht allein die Anwesenheit von Schmelze in einem Magmenkörper ein hinreichendes Kriterium für eine bevorstehende Eruption ist. Zudem bleibt das Magma deutlich länger in schmelzflüssigem Zustand als gedacht und es stellt sich die Frage, ob die Schmelze unter einem scheinbar ruhenden Vulkan nicht auch ständig erneuert und ausgetauscht wird.

Um besser funktionierende Vorhersagemodelle zu entwickeln, erscheint es zwingend wichtig zu sein, weitere Eruptionsauslöser zu erforschen. Wichtig erscheint es mir auch zu eruieren, wie es sich bei Vulkanen verhält, die länger als 10.000 Jahre nicht ausgebrochen sind. (Quelle: nature.com)