Erdbeben-News 15.04.22: Sizilien

Seismisch betrachtet ist in und um Sizilien einiges los: Vor der Ostküste gab es ein Erdbeben Mb 4,5. Am Ätna zog die Seismizität etwas an und auf der Lipareninsel Vulcano gab es weitere Beben.

  • Erdbeben Mb 4,5 vor der Ostküste
  • Beben am Ätna
  • Vulcano mit weiteren Erdbeben

Sizilien: Erdbeben Mb 4,5

Datum: 15.04.22 | Zeit: 01:34:39 UTC | Lokation: 37.28 N ; 15.80 E | Tiefe: 10 km | Mb 4,5

Vor der Ostküste Siziliens bebte es mit einer Magnitude von 4,5. Das Hypozentrum befand sich in 10 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 51 km nordöstlich von Syrakus verortet. Catania liegt 69 km vom Epizentrum entfernt. Es handelte sich um ein moderates tektonisches Beben und stellte keine Gefahr für die Bevölkerung dar. Beim EMSC gibt es 2 Wahrnehmungsmeldungen. Eine Person schreibt, dass der Erdstoß sie weckte und aus dem Bett holte. Eine weitere Person meldete, dass das Beben unerheblich sei. Also wurde die Erschütterung unterschiedlich wahrgenommen, obwohl sich die Melder ähnlich nahe am Epizentrum befanden.

Das Beben ereignete sich an einer Subduktionszone am Rand des Ionischen Beckens. Hier taucht die Ionische Platte unter die Tyrrhenische Platte ab. Der Prozess steht im Zusammenhang mit der Kollision der Kontinente Afrika und Europa, in dessen Zuge sich bereits mehrere katastrophale Erdbeben an der Küste Siziliens ereigneten. Die Gefahr von Starkbeben ist in der Region latent und nun nicht höher als sonst, dennoch dürfte der Erdstoß die Menschen daran erinnert haben, dass sie in einem Erdbebengebiet wohnen.

Die schwerste Erdbebenkatastrophe Siziliens ereignete sich 1908, als ein Erdbeben der Magnitude 7,5 große Teile der Hafenstadt Messina zerstörte. In Bezug auf die Todesopfer war es sogar die folgenreichste Naturkatastrophe, die sich im 20. Jahrhundert in Europa ereignete. Je nach Quelle waren zwischen 72.000 und 110.00 Opfer zu beklagen gewesen. Das große Messina-Beben war aber nicht das einzige Beben mit katastrophalen Folgen. So wurden Beben im Osten Siziliens bereits aus den Jahren 1086 (Syrakus), 1137, 1169, 1693 (Catania) überliefert. Auffällig ist, dass die ersten 3 Beben zeitlich und räumlich betrachtet vergleichsweise eng beieinander lagen. Wahrscheinlich handelte es sich um eine Erdbebensequenz.

Ätna mit leichter Zunahme der Seismizität

Die Erdbebentätigkeit am Ätna war in den vergangenen Wochen sehr gering. In den letzten Tagen ist eine leichte Zunahme der Seismizität festzustellen. Die Shakemap des INGVs zeigt 19 schwache Erschütterungen an, die sich in den letzten 10 Tagen manifestierten. Das Stärkste hatte eine Magnitude von 1,7. Im April gab es insgesamt 34 schwache Erdbeben am Ätna. Die Beben spiegeln die normale seismische Aktivität eines aktiven Vulkans wider und geben keinen Hinweis auf eine Steigerung der vulkanischen Aktivität.

Vulcano: Noch mehr Beben

Vergleicht man die Erdbeben unter Vulcano mit jenen am Ätna, dann stellt man fest, dass die Aktivität unter Vulcano fast doppelt so stark ist, wie unter dem Ätna. In diesem Monat wurden insgesamt 61 Beben detektiert. Von ihnen werden in der Erdbebenkarte aktuell 31 dargestellt. Einige der Beben liegen unter der Südspitze der Nachbarinsel Lipari. Von der Karte verschwunden sind die Beben westlich des Südspitze Liparis. Mich würde interessieren, ob hier Bodenhebung infolge Inflation festgestellt wird. Seit Beginn der Krise auf Vulcano, wurden nicht so viele Erdbeben registriert, wie in diesem Monat. Interessant ist auch, dass es in den letzten Monaten zahlreiche Erdbeben östliche der Liparischen Inseln gab. Sie manifestierten sich unter dem Tyrrhenischen Meer, in einer Tiefe von mehr als 100 km. In diesem Bereich der Asthenosphäre findet partielles Schmelzen statt, wodurch Magmen entstehen. Das sind normale Prozesse für eine seismisch- und vulkanisch aktive Region. Sie repräsentieren die Aktivität des Untergrunds, die früher- oder später sehr wahrscheinlich zu einem Vulkanausbruch auf Vulcano führen wird. Doch bis jetzt kann niemand sagen, wann es soweit sein wird. Ein Vulkanausbruch könnte sich binnen Monaten ereignen, oder auch erst in Jahren. Zwischendurch könnte es auch wieder zu einer Ruhephase kommen.

Vulcano mit weiteren Erdbeben im April

Datum: 10.04.22 | Zeit: 07:23:25 UTC | Lokation: 38,3949; 15,0175 | Tiefe: 10,2 km | Mb 1,9

  • Unter Vulcano wurden weitere Erdbeben festgestellt
  • Im April gab es bereits 53 Erschütterungen
  • Der Schwefeldioxid-Ausstoß ist leicht gestiegen

Unter der Liparischen Insel Vulcano ereigneten sich weitere Erschütterungen. Seit dem 9. April summierten sich 9 Erdbeben hinzu, so dass in diesem Monat bereits 26 Erdbeben auf der Erdbebenkarte angezeigt werden. Allerdings werden die Beben auf der Anzeige gefiltert, denn insgesamt trugen sich im April bereits 53 Erschütterungen im Bereich von Vulcano zu. Im ganzen März waren es 44. Somit erleben wir eine seismische Aktivitätssteigerung.

Das Stärkste der neuen Erdbeben hatte eine Magnitude von 1,9 und ein Hypozentrum in 10,2 km Tiefe. Das Epizentrum befand sich 6.0 km östlich von Porto di Ponente.

In meinem letzten Update schrieb ich, dass ich auf das neue Wochenbulletin des INGVs gespannt bin. Dort findet die Zunahme der seismischen Aktivität zunächst kaum Beachtung. In der Zusammenfassung heißt es: “ Lokale Seismizität: Geringe Häufigkeit von lokalen Ereignissen. Regionale Seismizität: Mäßige Frakturseismizität in Verbindung mit Erdbeben mit Ml ab 1,0.“ In der genaueren Analyse ist dann zu lesen, dass die lokale Seismizität im Frequenzband unter 1 Hz (VLP-Ereignisse) im Vergleich zur Vorwoche nicht zugenommen habe. Dafür werden dann aber die regionalen Erdbeben mit Magnitude größer 1 genauer beschrieben.

Schwefeldioxid-Ausstoß auf Vulcano nahm zu

Interessant ist auch, dass der Schwefeldioxid-Ausstoß aus den Fumarolen am Kraterrand wieder zugenommen hat. Die Werte werden als mittelhoch beschrieben, mit steigender Tendenz. Der Kohlendioxid-Ausstoß ist weiterhin hoch. Eine neue Bodendeformation wurde nicht festgestellt. Dennoch ist es möglich, dass es einen Zusammenhang zwischen den Erdbeben und dem steigenden Gasausstoß gibt, selbst wenn die Erdbeben nicht direkt durch Fluidbewegungen ausgelöst worden sind. Vom Magmenkörper aufsteigendes Gas könnten den Druck auf die Störungszonen erhöht haben. Zu beachten ist auch, dass sich recht viele Erdbeben in einem Cluster offshore zutrugen. Hier wäre eine evtl. Bodenhebung nur schwer festzustellen.

Sahen wir in den letzten Wochen eine leichte Entspannung der Situation auf Vulcano, gibt es nun also wieder eine leichte Zunahme der geophysikalischen Parameter, die im Zusammenhang mit dem intrudierten Magmenkörper stehen. Ein unmittelbar bevorstehender Vulkanausbruch lässt sich aus den Daten nicht unbedingt ablesen, aber es könnte jederzeit zu phreatischen Explosionen kommen. Vor einem stärkeren magmatischen Ausbruch, würde man eine seismische Krise mit weiterem Magmenaufstieg erwarten. Auszuschließen sind spontane Eruption allerdings nicht. Der Alarmstatus steht auf „gelb“.

Erdbeben-News 13.04.22: Papua Neuguinea

Papua Neuguinea: Erdbeben Mw 5,9

Datum: 13.04.22 | Zeit: 03:00:55 UTC | Lokation: 4.42 S ; 151.96 E | Tiefe:  149 km | Mw 5.9

Unter der Insel New Britain in Papua Neuguinea, bebte es mit einer Moment-Magnitude von 5,9. Der Erdbebenherd lag in der recht großen Tiefe von 149 km. Daher wirkte sich der Erdstoß an der Erdoberfläche nicht sehr stark aus. Interessant ist aber seine Lage: das Epizentrum manifestierte sich 35 km westlich von Kokopo und somit in relativer Nähe zur Rabaul-Caldera und dem Tavurvur.


Japan: Erdbeben Mw 5,7

Datum: 13.04.22 | Zeit: 01:22:33 UTC | Lokation: 26.87 N ; 126.43 E | Tiefe:  10 km | Mw 5.7

Das japanische Archipel von Ryukyu wurde von einem Erdbeben der Magnitude 5,7 erschüttert. Das Hypozentrum lag 10 km tief. Das Epizentrum wurde 144 km westlich von Naha (Okinawa) festgestellt. Es gab mehrere Vor- und Nachbeben.


Vanuatu: Erdbeben Mw 5,5

Datum: 13.04.22 | Zeit: 02:31:59 UTC | Lokation: 13.76 S ; 166.81 E | Tiefe:  10 km | Mw 5.5

Am Vanuatu-Graben trug sich ein Erdbeben zu. Es hatte die Magnitude 5,5 und lag in einer Tiefe von 10 km. Das Epizentrum befand sich 81 km westlich von Sola. Der Erdstoß manifestierte sich im Norden des Archipels.


Frankreich: Erdstoß Ml 2,6

Datum: 13.04.22 | Zeit: 07:39:57 UTC | Lokation: 45.38 N ; 3.16 E | Tiefe: 2 km | Ml 2,6

Im französischen Vulkangebiet der Auvergne ereignete sich ein weiteres Erdbeben. Es hatte eine Magnitude von 2,6. Das Hypozentrum lag in einer Tiefe von nur 2 km. Das Epizentrum wurde 20 km südlich von Issoire lokalisiert. Die Seismizität der Region ist erhöht.

Island: Neue Erdbeben am 13.04.22

Heute ist in der Welt der Erdbeben einiges los! Ich beginne meinen Bericht nicht mit dem stärksten Beben, sondern mit den Meisten. Sie ereigneten sich auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel.

Zusammenfassung:

  • Unter Westreykjanes bebte es 323 Mal
  • Stärkste Erschütterung hatte M 3,9
  • Weitere Beben unter dem Vatnajökull
  • Ein Schwarm gab es zwischen Hveravellir und Langjökull

Reykjanes: Starkes Schwarmbeben

Datum: 12.04.22 | Zeit: 21:21:53 UTC | Lokation: 63.854; -22.620 | Tiefe: 6 km | Mb 3,9

Unter der Westspitze der isländischen Reykjanes-Halbinsel manifestierte sich ein starker Erdbebenschwarm, so wie wir ihn in den Monaten vor der Fagradalsfjall-Eruption öfters sahen. IMO registrierte innerhalb von 48 Stunden 323 Erschütterungen. 8 Beben hatten Magnituden größer als 3. Das Stärkste brachte es auf M 3,9 und hatte ein Hypozentrum in 6 km Tiefe. Dae Epizentrum wurde 7.3 km NE of Reykjanestá lokalisiert. Beim EMSC wurde das Beben mit M 4,2 bewertet und weiter östlich lokalisiert. Das zeigt, wie schwer es ist Erdbebendaten auszuwerten.

Die Beben streuten in einem relativ großen Umkreis und es wurden auch Erschütterungen nahe am Fagradalsfjall und bei Grindavik festgestellt. Betrachtet man die Shakemap genauer, stellt man fest, dass sich die Beben entlang 3 verschiedener Störungssysteme ereigneten. Der östlichste Cluster folgt in etwa den Verlauf des Magmatischen Gangs am Fagradalsfjall.

Interpretation der Erdbeben

Die Interpretation der Erdbeben ist -wie so oft- schwierig. Betrachtet man die Tiefe der Hypozentren, dann möchte man auf rein tektonisch bedingte Erdbeben tippen. Den Aufstieg eines Magmenkörpers aus größeren Tiefen kann ich nicht erkennen. Dennoch ist es möglich, dass Magmenintrusion die Spannungen in der Erdkruste erhöhte und die tektonischen Störungszonen aktivierte. Genauere Untersuchungen werden zeigen, ob es zu einer Bodenhebung kam. Isländische Geowissenschaftler habe ja bereits im Zusammenhang mit der Fagradalsfjall-Eruption hervorgesagt, dass der Reykjanes-Halbinsel unruhige Zeiten bevorstehen und dass Ereignisse entlang der zahlreichen tektonischen Spaltensystemen oft in Schüben erfolgen, die mehrere Jahrzehnte andauern können. So muss man in dem Gebiet zwischen dem internationalen Flughafen von Keflavik und der Hauptstadt Reykjavik mit weiteren Erdbeben und Vulkanausbrüchen rechnen.

Bei den Eruptionen auf Reykjanes handelt es sich meistens um effusive Spaltenausbrüchen, die sich für gewöhnlich nur lokal auswirken. Dennoch könnten Lavaströme die wenigen Hauptverkehrswege unterbrechen. Selbst bei effusiven Eruptionen könnten Eruptionswolken entstehen, die den Flugverkehr beeinträchtigen.  Das ist besonders dann der Fall, Wenn Magma und Wasser interagieren. Erdbeben größerer Magnituden bergen Zerstörungspotenzial. Vor allem die Geothermiekraftwerke der Region könnten in Mitleidenschaft gezogen werden, was die Stromversorgung der Hauptstadt gefährden würde.

Weitere Erdbeben unter Island

Doch die Beben auf Reykjanes waren nicht die Einzigen, die Island erschütterten. Beben ereigneten sich auch in Südisland. Unter der Hekla kam es zu einer Erschütterung. 18 Beben manifestierten sich unter den subglazialen Vulkane des Gletschers Vatnajökull. Zudem kam es zu einem kleineren Schwarmbeben zwischen dem Thermalgebiet Hveravellier und dem Gletscher Langjökull. Hier wurden 27 schwache Erschütterungen registriert.

Erdbeben News 10.04.22: Vanuatu

Datum: 10.04.22 | Zeit: 20:52:37 UTC | Lokation: 16.28 S ; 166.86 E | Tiefe: 10 km | Mw 6,2

Zusammenfassung:

  • Im Westen Vanuatus ereignete sich ein starkes Erdbeben Mw 6,2
  • Erst in der letzten Woche gab es ein Erdstoß Mw 6,0
  • Mehrere Vulkane Vanuatus sind aktiv

Das Archipel von Vanuatu wurde von einem Erdbeben der Magnitude 6,2 durchgerüttelt. Der Erdstoß manifestierte sich gestern Abend um 20:52:37 UCT, in einer Tiefe von 10 km. Das Epizentrum wurde 62 km westlich des Ortes Norsup auf der Insel Malakula lokalisiert. Meldungen über Schäden liegen nicht vor und es wurde kein Tsunami-Alarm ausgelöst. Anders sah es Ende März aus, als ein Erdbeben Mw 7,2 das benachbarte Neu Kaledonien erschütterte. Es wurde Tsunami-Alarm gegeben, von dem auch Vanuatu betroffen war. Eine große Hafenwelle blieb aber aus.

Tektonische Situation Vanuatus

Vanuatu ist ein vulkanischer Inselbogen, der sich parallel eines Tiefseegrabens erstreckt. Hierbei handelt es sich um den Vanuatu-Graben, der seine Existenz der Subduktion verdankt. Hier taucht die Australische Platte unter jener des Pazifiks ab und wird aufgeschmolzen. Es entstehen Erdbeben und Vulkanausbrüche. Dem nicht genug, gibt es unter dem Archipel ein Kreuzungspunkt der konvergenten Plattengrenze mit einer divergenten Störungszone eines Mittelozeanischen Rückens. Aufgrund dieser prekären tektonischen Lage, gibt es unter Vanuatu besonders viele Erdbeben. Der letzte starke Erdstoß manifestierte sich am 4. April und hatte eine Magnitude von 6,0.

Vulkane in Vanuatu

Die meisten Erdbeben Vanuatus sind tektonischer Natur, aber es gibt auch immer wieder Schwarmbeben vulkanischen Ursprungs. Einen besonders starken Schwarm sahen wir Ende 2018, als die Lavaseen von Ambrym abliefen. Damals gab es zahlreiche Erdstöße mit Magnituden im 6-er Bereich und an der Küste entstanden Erdspalten. Lange Zeit war der Vulkan danach ruhig, doch in den letzten Monaten gibt es auf Ambrym wieder vermehrt Anzeichen vulkanischer Unruhe. Unruhig ist auch der daueraktive Vulkan Yasur. Er ist strombolianisch tätig und emittierte am 4. April eine moderate Wärmestrahlung. Dank der Reisebeschränkungen der letzten 2 Jahre sind Augenzeugenberichte des entlegenen Inselvulkans selten geworden. Die Aktivität lässt sich aber via LiveCam beobachten.

Weiterführender Link: Übersicht aktueller Erdbeben im Erdbeben-Monitor.

Erdbeben-News 09.04.22: Marokko

Datum: 09.04.22 | Zeit: 03:55:18 UTC | Lokation: 36.06 N ; 4.17 W | Tiefe: 20 km | Ml 3,5

Kurz vor der marokkanischen Mittelmeerküste gibt es wieder ein Schwarmbeben, das vom EMSC der Straße von Gibraltar zugeordnet wird. Dabei liegen die Epizentren über 100 km östlich der Meerenge. In den letzten 2 Tagen wurden vom EMSC 50 Erdbeben mit Magnituden ab 2 registriert. Das stärkste Erdbeben heute hatte eine Magnitude von 3,5 und ein Hypozentrum in 20 km Tiefe. Die Tätigkeit begann schon früher, sodas der Erdbebenschwarm Hunderte Erschütterungen umfasst. Der stärkste Erdstoß der vergangenen Monate brachte es am 28. August 2021 auf eine Magnitude von 5,3.

Mehrere Erdbebensequenzen im Norden Marokkos ereigneten sich an Blattverschiebungen

Die Beben manifestieren sich an einer offshore-Störungszone vor dem Küstenort Al Hoceima. Die Störungszone steht im Zusammenhang mit der Plattenkollision zwischen Europa und Afrika und ist kein unbeschriebenes Blatt: Im Jahr 2004 ereignete sich hier ein starkes Erdbeben der Magnitude Mw 6,4. Damals starben mehr als 600 Menschen, als die Lehmhäuser der umliegenden Dörfer wie Kartenhäuser in sich zusammenfielen. Dementsprechend besorgt ist man Vorort, dass die anhaltenden Schwarmbeben Vorboten eines stärkeren Erdbebens sein könnten.

In den vergangenen Jahrzehnte gab es bereits mehrere Erdbebensequenzen, die sich entweder offshore zutrugen, oder unter dem Land. Die Beben vor der Küste manifestieren sich dabei an einer rechtslateralen Blattverschiebung in der Alboransee, die Erdbeben an Land ereigneten sich an einer gekoppelten linkslateralen Störung des küstennahen Rif-Gebirges. Die Tektonik der Region ist komplex, so wird die Gegend von unzähligen lokalen Störungen durchzogen und man muss mit weiteren Erdbeben rechnen. An den Hauptstörungszonen sind starke Erdbeben möglich, die sich katastrophal auswirken könnten. Die Blattverschiebungen sind vom gleichen Typ wie die bekanntere (und größere) San-Andreas-Fault in den USA.

Ein Blick auf die Shakemap enthüllt, dass es in den vergangenen Tagen nicht nur den Schwarm bei Al Hoceima gab. Im gesamten Raum des Kartenausschnitts erkennt man zahlreiche Erdbeben, die mit der Plattenkollision assoziiert sind. So ist es jederzeit möglich, dass sich starke Erdbeben ereignen können. Ein verlässliches Erdbeben-Vorhersagesystem gibt es nicht und in den betroffenen Regionen lebt man mit einer latenten Erdbebengefahr.

Erdbeben-News 08.04.22: Island

  • Auf Island bebte es 256 Mal
  • Die Erdbeben manifestierten sich entlang der divergenten Plattengrenzen
  • Es waren Vulkangebiete betroffen

Auf Island ist erdbebentechnisch gesehen heute einiges los! In den letzten 48 Stunden registrierte IMO 256 Erschütterungen unter der gesamten Insel. Die Beben verteilen sich überwiegend in 4 Zonen entlang der großen divergenten Störungszonen, die die Insel von Südwest nach Nordost durchziehen.

Die meisten Beben wurden im Bereich der Reykjanes-Halbinsel festgestellt. Hier detektierte IMO 133 Beben. Die Erschütterungen waren überwiegend sehr schwach und hatten Magnituden kleiner als 1. Zudem lagen die Hypozentren flach. Sie manifestierten sich in der Gegend von Grindavik und dort schwerpunktmäßig am Fagradalsfjall und Krýsuvík. Vereinzelte Beben gibt es auch in Südisland, genauer, im Bereich von Hekla.

Der zweite Bebenspot befindet sich bei den großen Vulkansystemen unter dem Vatnajökull und zieht sich bis zur Askja. In diesem Areal registrierten die Seismometer 30 Erdbeben. Grimsvötn-Grimsfjall und Bardarbunga wurden genauso erschüttert wie die Askja. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 1,9 und ein Hypozentrum in 4 km Tiefe.

Ein weiterer Erdbebencluster suchte die Tjörnes-Fracture-Zone (TFZ) in Nordisland heim. 67 Erdbeben wurden detektiert. Die Meisten ereigneten sich einige Kilometer nordöstlich der Insel Grimsey. Dort gibt es submarinen Vulkanismus.

Interpretationsversuch der Erdbeben auf Island

Inwieweit die Erdbeben tektonischer Natur waren, und ob es auch vulkanotektonische Erschütterungen gab, lässt sich mit den mir zur Verfügung stehenden Daten nicht sagen. Die sehr flach gelegenen Erdbeben auf Reykjanes könnten Setzungserdbeben entlang des Magmatischen Gangs sein, allerdings gab es auch Beben, die sich nicht am Dyke ereigneten. Diese Mikrobeben könnten infolge von Fluidbewegungen entstanden sein. Auf der anderen Seite ist praktisch jedes Spaltensystem der Region betroffen, so dass tektonische Erdbeben ebenfalls möglich sind.

Eine Interpretation des Geschehens im Bereich vom Vatnajökull ist ebenfalls nicht einfach. Zwar ist ein aktives Vulkangebiet betroffen, aber ich gehe ehr von tektonischen Erschütterungen aus, wobei eine klare Abgrenzung nicht möglich ist, denn auch tektonische Erdbeben können indirekt durch Magmenintrusion ausgelöst werden.

Die Erdbeben entlang der TFZ halte ich auch für tektonischen Ursprungs. Schwarmbeben, die mit Magmenintrusion assoziiert sind, sind dort für gewöhnlich weitaus intensiver. Alles in allem sieht es so aus, als würde die Divergenz entlang der Störungszonen zuschlagen und sich Europa und Nordamerika weiter voneinander entfernen.

Erdbeben-News am 05.04.22: Vanuatu

In den letzten 24 Stunden gab es mehrere interessante Erdbeben in Vulkanregionen. Darunter in Vanuatu, Indonesien und der französischen Auvergne.

Vanuatu: Erdbeben Mw 6,0

Datum: 04.04.22 | Zeit: 16:06:56 UTC | Lokation: 17.38 S ; 167.95 E | Tiefe: 31 km | Mw 6.0

Gestern Nachmittag manifestierte sich nordwestlich der Hauptinsel von Vanuatu ein Erdbeben der Moment-Magnitude 6,0. Das Hypozentrum lag 31 km tief. Das Epizentrum wurde 55 km nordwestlich von Port-Vila lokalisiert. Vor Ort war es nachts und die Menschen wurden aus dem Schlaf gerissen. Beim EMSC gibt es 2 Wahrnehmungsmeldungen. Das Erdbeben wurde als laut, aber kurz bezeichnet. Aufgrund der Tiefe des Hypozentrums blieben die Auswirkungen an der Erdoberfläche verhältnismäßig gering.

Indonesien: Erdbeben Mb 5,9

Datum: 05.04.22 | Zeit: 01:44:09 UTC | Lokation:  1.99 N ; 126.97 E | Tiefe: 41 km | Mw 6.0

Ein ähnlich starkes Erdbeben gab es im Norden des indonesischen Archipels, genauer, in der Molukkensee. Dort bebte es mit Mb 5,9. Der Erdbebenherd lag 41 km tief. Das Epizentrum befand sich 119 km westlich von Tobelo. In relativer Nähe liegen mehrere Vulkane, darunter der Karangetang, Ibu und Dukono. Ein Blick auf die Karte enthüllt, dass die Region seismisch sehr aktiv ist.

Frankreich: Erdbeben in der Auvergne

Datum: 05.04.22 | Zeit: 10:55:56. UTC | Lokation: 45.59 N ; 2.87 E | Tiefe: 2 km |  Ml 2.5

In der französischen Vulkan-Region der Auvergne gab es weitere Erdbeben. Die Erschütterung des Tages hatte eine Magnitude von 2,5 und ein Hypozentrum in nur 2 km Tiefe. Das Epizentrum lag 10 km östlich von La Bourboule. Seit dem 31 März gab es 8 Beben mit Magnituden ab 2.

Phlegräische Felder: Weiteres Schwarmbeben am 05.04.22

Datum: 05.04.22 | Zeit: 03:37:59 UTC | Lokation:  40.82; 14.13 | Tiefe: 1,8 km | Md 2,0

Unter den Phlegräischen Feldern (Campi Flegrei) begann gestern ein neues Schwarmbeben. Seitdem registrierte das INGV 30 Erschütterungen. Die Meisten hatten Magnituden im Bereich der Mikroseismizität, doch ein Beben stach heraus und brachte es auf Md 2,0. Es hatte ein Hypozentrum in nur 1,8 km Tiefe und stand damit im Zusammenhang mit dem Hydrothermalsystem des Vulkans. Sehr wahrscheinlich verursachten Fluidbewegungen den Bruch von Gestein, oder durch steigenden Druck wurde eine Störungszone aktiviert. Im ersten Fall würde es sich um ein vulkanotektonisches Erdbeben handeln. Im zweiten Fall wäre es als tektonisches Beben einzustufen, selbst wenn es indirekt durch Fluidbewegungen ausgelöst worden wäre. Das Epizentrum dieser Erschütterung lag am südwestlichen Kraterrand der Solfatara. In diesem Bereich manifestierten sich auch die nächst stärkeren Beben mit den Magnituden 1,6 und 1,1.

Generell befindet sich die Solfatara im Zentrum der Aktivität. Das gilt sowohl für die Seismizität, der Bodenhebung und der fumarolischen Tätigkeit. Auch wenn gerne, mit Hinweisen auf den zyklisch widerkehrenden Bradyseismos beschwichtigt wird, dass es sehr wahrscheinlich in absehbarer Zeit zu keinem Vulkanausbruch kommen wird, muss man die Situation mit Argusaugen betrachten. Ich halte es für möglich, dass es jederzeit zu phreatischen Eruptionen kommen könnte. Da der Zugang zum Solfatara-Krater bereits seit über 5 Jahren gesperrt ist, bin ich sehr wahrscheinlich nicht der einzige, der so ein Szenario für möglich hält. Besonders, wenn es zu einer signifikanten Temperaturerhöhung fumarolischer Gase kommen sollte, steigt das Risiko phreatischer Eruptionen deutlich. Doch von einer Temperaturerhöhung ist im -heute erschienenen- Wochenbericht nichts erwähnt.

Was sagt der Wochenbericht des INGVs zu den Phlegräischen Feldern?

Die Gas-Temperatur der Pisciarelli-Fumarole ist bei ca. 95 Grad Celsius stabil. Die Temperatur wurde in 5 m Entfernung zum Gasaustritt gemessen. Auch der Kohlendioxid-Ausstoß änderte sich nicht. Im Zeitraum zwischen dem 28. März und 3. April 2022 wurden 70 Erdbeben registriert. Darunter befand sich ein Beben mit einer Magnitude von 3,6. Dieser Erdstoß war das energiereichste Beben der aktuellen Hebungsphase, die im Jahr 2005 begann. Die Vulkanologen schreiben, dass es sogar das stärkste Beben seit 1985 war! Die Bodenhebung bleibt bei ca. 13 mm pro Monat und beträgt an der Messstation RITE 87,5 cm. Als Referenzwert gilt der Januar 2011.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Bodenhebung und Seismizität Grund zur Sorge geben, dass aber die restlichen geophysikalischen Parameter stabil sind. Vor einer Eruption würde man einen Temperaturanstieg und eine Erhöhung des Gasausstoßes erwarten.