Kurzurlaub führte uns zu Karneval in den Golf von Neapel
Ich stehe an der Balustrade unserer Unterkunft und blicke über das weite Tal von Neapel, das in seiner Mitte vom Vesuv überragt wird. Die Nebelschwaden, die die Vulkanhänge einhüllen, lichten sich langsam, und der Geruch von frisch aufgebrühtem Kaffee steigt mir in die Nase. Die Sonne geht langsam auf, und mit ein wenig Wehmut muss ich mich nach 5 Reisetagen wieder von diesem großartigen Anblick verabschieden. In meinen Gedanken lasse ich die wichtigsten Ereignisse unserer Reise, bei der mich Manfred und Leroy begleitet hatten, Revue passieren.
Nach der stressigen Anreise, bei der mich die Fluggesellschaft Eurowings außerplanmäßig um 50 € erleichtert hatte, weil Leroy einen kleinen Rollkoffer als Handgepäck hatte, der in unserer Buchungsklasse angeblich nicht erlaubt war, und nachdem wir vom Autoverleiher einen Mietwagen mit eingedellter Tür bekommen hatten, der nicht unserer Buchungsklasse entsprach und einem Downgrade gleichkam, fuhren wir vom Flughafen in Neapel schnurstracks Richtung Pozzuoli und der Caldera Campi Flegrei, die bei uns unter dem Namen Phlegräische Felder bekannt ist.
Pisciarelli und Solfatara in den Phlegräischen Feldern
Unser Ziel war die Pisciarelli-Fumarole, die generell abgesperrt ist, doch einige Mitglieder der Vulkanologischen Gesellschaft e.V. hatten in früheren Jahren mal Glück gehabt, und es gelang ihnen, bis zur Fumarole vorzudringen. Allerdings gestaltete es sich als recht schwierig, die richtige Zufahrtsstraße zu finden. Wir entdeckten einen Weg am Ende einer Sackgasse, von dem aus man den Dampf der Fumarole aufsteigen sehen konnte, und folgten dem Pfad, bis er in etwa 300 m Entfernung zum Dampfaustritt in die falsche Richtung abzweigte. Hier nutzte ich die Gelegenheit, meine Drohne unbeobachtet aufsteigen zu lassen, um ein paar Luftaufnahmen des Areals zu schießen. Nachdem ich einige Aufnahmen auf dem Speicherchip hatte, brach die Verbindung zur Drohne ab, und sie kehrte automatisch zu mir zurück. Auch weitere Versuche, sie näher an die Fumarole zu steuern, scheiterten: Ein anderer Sender musste die Verbindung stören. Also brachen wir die Aktion ab und suchten die richtige Straße zur Fumarole, die wir dann nach 15 Minuten auch fanden. Bekanntermaßen befindet sich die Pisciarelli-Fumarole hinter einem Sportclub, und der Zugang ist gut abgesichert. Doch das Tor zur Sportanlage stand einladend weit offen, also fuhren wir auf das Gelände, nur um vom Verwalter abgefangen und vom Grundstück verwiesen zu werden. Das war dann wohl nichts. Also machten wir uns auf den Weg zur Solfatara und fanden natürlich auch den Zugang zum Krater verbarrikadiert vor. So blieb uns nur ein Fernblick von der Straße aus, die am Rand des Solfatara-Kraters -der eigentlich ein Maar ist- entlang verläuft. Der Anblick des Kraters war ernüchternd: Wenn man genau hinschaute, sah man, dass die meisten Absperrungen in der Solfatara kaputt waren, und auch das Gelände des einstigen Campingplatzes wirkte verwahrlost. Noch vor einem Jahr gingen Gerüchte um, dass man die Solfatara für Besucher wieder zugänglich machen wolle, doch davon konnte ich nichts entdecken. Also besichtigten wir noch schnell die Hafengegend von Pozzuoli und machten uns dann auf den Weg zu unserer Unterkunft, die am Südende der Bucht von Neapel liegt.
Das Gewölbe von Varo Chirico in Lettere
Leroy hatte uns ein tolles Gewölbe als Unterkunft aus dem Internet herausgesucht, das auf einem Höhenzug unterhalb der Festung von Lettere liegt, der den südlichen Teil der Küstenebene abgrenzt, auf der Neapel errichtet wurde. Von dort aus sollte man nicht nur einen super Blick über das neapolitanische Städtekonglomerat haben, sondern auch auf den Vesuv. Der Anbieter warb damit, dass die Privatunterkunft nur 5 Kilometer von Pompeji entfernt liegt, vergaß aber in seiner Beschreibung zu erwähnen, dass die schmale Straße, die von Pompeji aus den Berg hinaufführt, gut 2 Fahrminuten von der Unterkunft entfernt dauerhaft gesperrt ist! Keine unserer Navigationsapps sah sich in der Lage, eine alternative Route anzubieten, und so mussten wir unseren Weg selbst suchen. Ein Unterfangen, das gut 90 Minuten in Anspruch nahm und im Dunkeln nicht gerade Spaß machte. Es sollte sich herausstellen, dass wir normalerweise eine mindestens 30 Minuten längere Anfahrt zur Unterkunft hatten als geplant. Aber von diesem Umstand abgesehen, war es eine fantastische Unterkunft. Bereits am ersten Abend genossen wir den Blick auf die nächtliche Stadt und den Feuerberg, in dessen Schatten sie liegt.
Am nächsten Morgen war die Aussicht dann leider nur noch so schlecht wie das Wetter, denn nachts hatte Landregen eingesetzt. Ein wenig frustriert machten wir uns auf den Weg zum Antiquarium von Boscoreale, wo wir auf Museumstour gingen. Den verregneten Nachmittag verbrachten wir dann in einem Restaurant am Hang des Vesuvs.
Stippvisite in Herculaneum und Pompeji
Am nächsten Morgen regnete es immer noch, aber es gab gelegentliche Regenpausen, und so schoben wir Herculaneum in unser Programm ein, nur um dort festzustellen, dass die Bootshäuser mit den Skeletten für Besucher nicht mehr zugänglich sind. Was für eine herbe Enttäuschung! Nachmittags fuhren wir in Richtung Pompeji und kauften für 18 Euro ein Ticket, obwohl die Anlage nur noch 2 Stunden geöffnet sein sollte. Einen Rabatt für Spätnachmittagsbesucher gab es nicht. Aber wenigstens hatte der Regen aufgehört. Doch auch hier stellten wir fest, dass nicht alle Sehenswürdigkeiten der Stadt offen waren, die ich aus früheren Besuchen als zugänglich kannte. So war z.B. das Odeon gesperrt. Nun gut, wenigstens schafften wir es, einen Teil unseres Besichtigungsprogramms abzuarbeiten. Die Reise im Winter und das schlechte Wetter boten nicht nur Nachteile: die Straßen von Pompeji waren bei weitem nicht so überlaufen wie während des Sommers und Leroy bekam Gelegenheit Wasserspiegelungen in den Pfützen zu fotografieren, was die Bilder zu Unikaten machte.
Am Montag war das Wetter besser, auch wenn sich der Vesuvgipfel weiterhin in Wolken hüllte. Also entschieden wir uns erneut für einen Besuch in Pompeji, wo wir bis etwa 13 Uhr verweilen wollten. Den Nachmittag hatten wir für den Vulkan reserviert. Tatsächlich gab es in Pompeji eine Neuerung: Man verkauft jetzt nicht nur ein Ticket, sondern bietet gleich mehrere Optionen an. Möchte man die Villa dei Misteri besichtigen, die außerhalb der alten Stadtmauern Pompejis liegt, muss man für das Ticket 4 Euro mehr bezahlen. Ein halber Tag reicht natürlich bei Weitem nicht aus, um ganz Pompeji zu erkunden, aber da ich bereits oft genug hier war und Leroy einen ersten Eindruck bekommen sollte, reichte es aus.
Der Vesuv, das Onlineticket und der Vergleich zweier Hochkulturen
Erst gegen 14.30 Uhr kamen wir tatsächlich oben an der Seitenstraße des Vesuvs an, wo Individualtouristen seit einigen Jahren parken müssen, während Gruppenreisende mit Bussen bis zum Beginn des Weges gefahren werden, von dem aus man zum Krater laufen kann. Von der Seitenstraße aus gibt es natürlich auch einen kostenpflichtigen Shuttleservice, der einen die 3 Kilometer bis zum Beginn der Aufstiegsroute fährt. Der Shuttlefahrer fragte mich, ob wir unsere Onlinetickets dabei hätten, denn oben am Krater gäbe es keine mehr zu kaufen. Natürlich hatten wir keine, denn von meinen früheren Besuchen kannte ich es so, dass man sie am erwähnten Ticketschalter am Kraterrand kaufen musste. Na toll, willkommen im Zeitalter der Smartphones! Natürlich war es nicht anders zu erwarten gewesen, dass es am Parkgelände keinen Internetempfang gab, und so mussten wir unverrichteter Dinge wieder abziehen. Immerhin war der Gipfel des Vesuvs ohnehin in Wolken gehüllt, sodass es darauf auch nicht mehr ankam. Später recherchierte ich natürlich nach den Tickets und landete zunächst auf Seiten von Reiseanbietern, die sündhaft überteuerte Touren auf den Vesuv anbieten. Aber auch das Buchungsprozedere für Tickets auf der Website des Vesuv-Nationalparks ist umständlich und erfordert die Erstellung eines Nutzerkontos. Nicht gerade etwas, das man mal eben kurz vor dem Besuch des Vulkans erledigt. Angeblich wurde dieses Prozedere aus Sicherheitsgründen eingeführt, weil sich während der Hauptsaison wohl zu viele Besucher am Kraterrand drängten. Aber warum man dieses Verfahren auch im Winter aufrechterhält, bleibt schleierhaft. Für mich riecht das verdammt nach allgegenwärtigem Serviceabbau, gepaart mit Gewinnoptimierung, was mir mehr und mehr die Lust am Reisen nimmt! Aber immerhin entdeckten wir beim alten Vesuv Observatorium ein Lost Place. Eine gute Gelegenheit zum Vergleich des künstlerischen Schaffens zweier Hochkulturen mit 2000 Jahren Zeitabstand.
Auf der Rückfahrt zum Gewölbe gerieten wir dann noch in den neapolitanischen Feierabendverkehr, der einem absoluten Stillstand gleichkommt. So waren wir vom Vesuv aus gut zweieinhalb Stunden unterwegs, bis wir unsere Unterkunft erreicht hatten, und meine Laune war ziemlich im Keller. Da konnte abends nur noch leckere Pasta und ein Blick in die Weinflasche für etwas Aufmunterung sorgen.
Jetzt, am letzten Morgen, zeigt sich das Wetter von seiner schönsten Seite, und die aufgehende Sonne hüllt den Vesuv in pastellfarbenes Licht. Ich glaube, ich bekomme Gicht!
Die Fotos sind übrigens alle mit Smartphones gemacht und wurden aus der Hand geschossen. Die Dinger gewinnen als Kamera langsam an Daseinsberechtigung! Die Videoclips und 360 Grad Panoramen liefere ich nach.