Campi Flegrei: Starker Erdbebenschwarm am 08.06.24

Neuer Erdbebenschwarm rockt Calderavulkan Campi Flegrei – Stärkstes Beben Mb 3,7 sogar in Neapel zu spüren gewesen

Datum: 08.06.2024 | Zeit: 02:09:03 UTC | Lokation: 40.8313 ; 14.1517 | Tiefe: 2,6 km | Mb 3,7

Der Untergrund des süditalienischen Calderavulkans Campi Flegrei kommt nicht zur Ruhe: Heute Nacht begann ein weiteres starkes Schwarmbeben, das sich bis heute Morgen um 9:30 Uhr aus mehr als 100 Einzelbeben bestand. Doch nicht nur die schiere Anzahl der Beben besorgt, sondern auch die Magnituden einiger Beben, die wieder im Dreierbereich angesiedelt waren. Der stärkste Erdstoß der Serie brachte es auf Mb 3,7 und hatte einen Erdbebenherd in 2,6 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum lag neben der Via Pisciarelli, unweit der bekannten Fumarole. Im direkten Umfeld der Fumarole mit ihrem brodelnden Fangopool manifestierten sich 4 Beben mit Magnituden zwischen 2,1 und 3,5, die die folgenden Plätze im Magnitudenranking des Schwarms einnahmen.

Bei der Pisciarelli-Fumarole handelt es sich um die stärkste postvulkanische Erscheinung der Caldera. Sie liegt an der Nordostbasis des Solfatarakraters und direkt am Ortsrand der Stadtteile Pisciarell/Agano, die zur Gemeinde von Pozzuoli gehören. Ich halte es für durchaus möglich, dass sich hier phreatische Explosionen ereignen könnten. Im Extremfall könnten phreatische Explosionen auch Gesteinstrümmer bis auf die benachbarte Sportanlage und sogar darüber hinaus schleudern.

Die stärksten Erdstöße konnten von den Anwohnern der Caldera Campi Flegrei gespürt werden und rissen diese teilweise aus dem Schlaf. Obwohl sich die Erdbeben zu nachtschlafender Zeit ereigneten, liegen dem EMSC mehrere Wahrnehmungsmeldungen aus einem 10 Kilometer durchmessenden Umkreis vor. Der stärkste Erdstoß wurde sogar in der Hafengegend von Neapel wahrgenommen. In einigen Berichten heißt es, dass man nahe der Epizentren ein brüllendes Geräusch gehört hat. Dieses unterschwellig wahrnehmbare Grummeln kenne ich selbst von den Erdbeben, die ich bis jetzt erlebt habe. Dieses niedrigfrequente Grummeln oder Brüllen trifft mit den ersten P-Wellen ein, kurz bevor einen die stärkeren S-Wellen erreichen, die die stärksten Erschütterungen auslösen. Man kann ein Erdbeben also Sekunden vor seinen stärksten Auswirkungen hören: Kostbare Sekunden, die einem im Falle eines starken Erdbebens vielleicht Zeit geben, Deckung zu suchen. Doch dazu muss man natürlich sofort reagieren und nicht länger auf das lauschen, was da kommt.



Aschestromcaldera Campi Flegrei und der Kampanische Ingnimbrit

Bei der Caldera Campi Flegrei handelt es sich um eine sogenannte Aschestromcaldera. Im Unterschied zu normalen Vulkanen, die einen Einbruchskessel im Gipfelbereich des Vulkanbergs haben, existierte an der Stelle der Campi Flegrei sehr wahrscheinlich niemals ein normaler Vulkanberg, obgleich es einer These nach eine  große vulkanische Vorgängerstruktur in Form eines Vulkankomplexes gegeben haben könnte. Die Calderabildung geht auf eine gigantische Eruption zurück, die sich vor 39.000 Jahren manifestierte und den Kampanischen Ingnimbrit förderte. Hierbei handelt es sich um eine enorm große Ablagerung vulkanischen Materials aus pyroklastischen Dichteströmen. Diese flossen bis zu 70 Kilometer weit und überwunden bis zu 1000 Meter hohe Gebirgsrücken des Apennins. Der Kernbereich der Ablagerungen hat einen Durchmesser von ca. 50 Kilometern. Am Rand der Campi Flegrei sind die Ablagerungen des Ignimbrits bis zu 80 Meter mächtig. Im Stadtgebiet von Neapel sind sie zwischen 50 und 40 Meter dick. Insgesamt bedeckten die Ablagerungen der pyroklastischen Dichteströme ein Gebiet von ca. 30.000 Quadratkilometern, wobei sie zum Rand hin immer dünner werden. Zum Vergleich: Das Bundesland NRW hat eine Fläche von ca. 34.000 Quadratkilometern. Man kann davon ausgehen, dass es in größerer Entfernung zur Caldera vor allem zu Ablagerungen aus Aschewolken kam, die von den pyroklastischen Strömen ausgingen, und dass nicht das gesamte Verbreitungsgebiet des Ignimbrits direkt von den pyroklastischen Strömen überrollt wurde. Sollte sich so eine Eruption heutzutage wiederholen, würde es im Großraum Neapel keine Überlebenden geben. Zugegeben, dass so eine Eruption zu unseren Lebzeiten eintritt, ist sehr unwahrscheinlich, doch die reine theoretische Möglichkeit solcher Eruptionen schürt natürlich Sorgen bei der Bevölkerung.