Bodenhebung und Seismizität stoppten – Spekulationen um Ende der Hebungsphase
Nach dem (vorläufigen) Höhepunkt in der aktuellen Unruhephase der süditalienischen Caldera Campi Flegrei, der Mitte Oktober vergangenen Jahres erreicht wurde, ruht sich der Vulkan momentan aus. Wie dem neusten Wochenbericht des INGV zu entnehmen ist, kam es zuletzt nur noch zu wenigen schwachen Erdbeben und die Bodenhebung stoppte. Nachdem die Anwohner einen bevorstehenden Vulkanausbruch fürchteten und die Medien die Sorgen mit reißerischen Berichten anfeuerten, sieht es erst einmal nach einer Atempause aus. Und vielleicht könnte das Ende der Hebungsphase erreicht sein, die bereits im Jahr 2005 begann und ab 2011 richtig Fahrt aufgenommen hatte. In dieser Zeit hob sich der Boden stellenweise um 118 cm.
Über das mögliche Ende der Hebungsphase wurde bereits im Oktober spekuliert, als es die stärksten Erdbeben (M>4) der letzten Jahrzehnte gab. Grund für diese Spekulationen lieferten Vergleiche mit der recht kurzweiligen Hebungsphase 1982–84, die ebenfalls nach den stärksten Erdbeben aufhörte. Nach einigen Monaten Stillstand begann sich dann der Boden zu senken, allerdings ohne soweit abzusinken, dass die vorherige Nulllinie erreicht worden wäre: Einer Anhebung von 178 cm stand einer Absenkung von 93 cm gegenüber, so dass Netto eine Bodenhebung von 85 cm übrig geblieben war. Dieses Bodenhebungsniveau war die Ausgangsbasis der aktuellen Hebungsphase.
Neue Studie zum Bradyseismos
Eine neue Studie einer italienischen Forschergruppe vom INGV untersuchte den Untergrund der Caldera genauer und fand heraus, dass es nicht nur eine Gesteinsschicht in ca. 4-5 km Tiefe gibt, die möglicherweise aufsteigenden Magma vom weiteren Aufstieg abhält, sondern dass es zwei weitere abdichtende Gesteinsschicht in geringer Tiefe gibt, die das Hydrothermalsystem einschließen und zur Oberfläche abdichten. Daher ist es Fluiden nicht möglich an der Oberfläche im entsprechenden Maße zu entweichen. Die Deckschichten sind in gewissem Maße elastisch verformbar und wölben sich bei steigenden Fluiddruck auf, so dass sich der Boden hebt. Die untere dieser Schichten scheint soweit plastisch zu sein, dass sie Risse im Laufe der Zeit selbst reparieren und abdichten können. Nun geht man davon aus, dass es bei den starken Erdbeben Mitte Oktober zum Bruck der Schichten gekommen ist, so dass die Fluide entweichen können und der Druck im Hydrothermalsystem sinkt.
Die Forscher postulierten in ihrer Studie aber noch nicht das Ende der aktuellen Hebungsphase, denn diese unterscheidet sich von der vorherigen u.a. durch die Lage der Erdbebenherde.
Verglichen mit der Periode von 1982–84 trat ein größerer Anteil der jüngsten Seismizität in geringeren Tiefen unterhalb der aktiv entgasenden Fumarolen von Solfatara-Pisciarelli nordöstlich von Pozzuoli auf.
Der fortgesetzte Auftrieb könnte daher andauern, bis das Brechen der flachen Kruste eine schnellere Freisetzung von Gas und eine Druckentlastung der Quelle ermöglicht.
In dieser Druckentlastung sehe ich aber auch eine Gefahr: Sollte sich in Tiefen jenseits von 4-5 km eine größere Menge Schmelze angesammelt haben, könnte gerade diese Druckentlastung einen Vulkanausbruch triggern.
Nächsten Monat halte ich mich mit Leroy ein paar Tage im Golf von Neapel auf und natürlich steht auch ein Besuch der Campi Flegrei auf dem Besichtigungsprogramm.
(Quelle: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0012821X23005423)