Campi Flegrei: Beschleunigte Bodenhebung

Schlammbecken in der Solfatara. © Marc Szeglat

Beschleunigung der Bodenhebung in den Campi Flegrei während des Erdbebenschwarms nachgewiesen

Der süditalienische Calderavulkan verrichtete in den letzten 3 Tagen „business as usual“, soll heißen, dass er die Seismizität auf das bekannte Maß der aktuellen Hebungsphase verringerte. Die Bewohner der Caldera erholen sich langsam von ihrem Schock und versuchen, ihrem Leben mit so viel Normalität wie möglich nachzugehen. Dennoch gibt es immer wieder Konferenzen und Bürgerversammlungen mit Spezialisten. So auch gestern Abend, als man sich zu einer Diskussion in Agnano traf, an der nicht nur Anwohner des westlichsten neapolitanischen Stadtteils, der an den Campi Flegrei grenzt, teilnahmen, sondern auch hohe Vertreter von Zivilschutz und Bürgermeister. Es wurde der Beschluss gefasst, dass man im Hippodrom von Agnano einen Wartebereich einrichtet, in dem besorgte Bürger sich während eines Erdbebenschwarms aufhalten können, wenn sie ihren Häusern nicht trauen und Angst haben, dass sie bei einem stärkeren Erdbeben einstürzen könnten. Natürlich sind die Wartebereiche auch dafür gedacht, dass man sich hier vor einer Evakuierung sammelt. Den Verantwortlichen wird wohl auch langsam bewusst, dass im Falle eines Vulkanausbruchs evtl. nicht wochenlang vorher Zeit bleibt, um entsprechende Maßnahmen einzuleiten, und man anfangen muss, entsprechende Strukturen zu schaffen. Das Schwarmbeben letzte Woche verdeutlichte den Ernst der Lage noch einmal.




Wie im heute erschienen Wochenbulletin des INGV für den Beobachtungszeitraum 17. bis 23. Februar wurde noch einmal Bilanz gezogen, die verdeutlicht, dass es sich bei dem Schwarmbeben um ein Ereignis der Superlative handelte: Zwischen dem 15. und 19. Februar wurden 692 Erschütterungen festgestellt. 610 Beben hatten eine Magnitude größer Null. Direkt zu Beginn des Schwarms beschleunigte sich die Bodenhebung signifikant und in den ersten beiden Tagen kamen 10 mm dazu; so viel, wie sich der Boden sonst in einem Monat hebt. Das macht offensichtlich, dass die Bodenhebung Auslöser des Erdbebenschwarms war. Schaut man sich die nicht bereinigten Messwerte an, dann erkennt man, dass sich der Boden zunächst sogar um bis zu 25 mm hob, es dann aber zum Ende der Phase einen Rücksetzer der Bodenhebung gab. Ob es sich hierbei um tatsächliche Bodenbewegungen handelte oder ob es ein messtechnischer Effekt war, ist mir nicht bekannt.

Die Forscher konnten keine Veränderung im Gasausstoß feststellen, was mich eigentlich wundert, insbesondere wenn man der Theorie glauben schenken mag, dass die Bodenhebung von Fluiden, also Gas und wässrigen Lösungen, hervorgerufen wurde, die ins Hydrothermalsystem eindrangen.

Die Gastemperatur der Pisciarelli-Fumarole lag bei 97 Grad und damit oberhalb des Kondensationspunktes von 95 Grad.

Liest man in der Lokalpresse die Statements verschiedener Forscher zu den Vorgängen in den Campi Flegrei, dann merkt man, wie wenig die Prozesse des vermeintlichen Bradyseismos verstanden sind und wie komplex sie sein können. Was ich erstaunlich finde, ist die immer wieder betonte Aussage, dass es seit Jahrhunderten ein ewiges Auf und Ab des Bodens gibt, was immer wieder mit Perioden erhöhter seismischer Aktivität einherging. Laut Geophysiker Giuseppe De Natale traten die als Bradyseismos bekannten Phasen aber nur einige Jahrzehnte vor und nach den letzten beiden Eruptionen auf. Genauso beruft man sich immer auf die Tatsache, dass sich vor der Monte-Nuovo-Eruption der Boden innerhalb weniger Monate um bis zu 17 Meter gehoben haben soll, bevor es zum Ausbruch kam. Zwar ist es schön und gut, wenn man bestimmte Muster in den Vorgängen der Natur erkennt, doch niemand sagt, dass sie sich immer wieder exakt so wiederholen müssen. Um das festzustellen, braucht man in Pozzuoli nicht weit zu schauen, denn ein Blick auf den Ätna zeigt, dass das mit der Mustererkennung unter Umständen Schall und Rauch sein kann.