Während der Eruption, zwischen dem 30 Mai und 5. Juni 2019, hat sich die Morphologie des Neuen Südostkraterkegels (NSEC) am Ätna deutlich geändert. Vergleichsbilder des INGVs zeigen, dass ein Teil des Kraterrandes kollabierte. Dies geschah sehr wahrscheinlich während der explosiven Phase am 30. Mai. Dafür füllte sich eine kleine Depression in der Flanke des östlichsten Förderschlot auf. Dafür zeichnet sich abgelagerte Tephra der strombolianischen Eruptionen verantwortlich.
Thermalbilder enthüllten einen „trockenen Riss“, der sich im Südosten des Neuen Südostkraterkegels bildete: Die Fraktur zieht sich vom Krater aus über die Flanke bis zum neuen Förderschlot auf 2950 m Höhe. Aus dem Riss quoll keine Lava, dafür emittiert er aber Hitze, die vermutlich von heißen Gasen stammt. Ähnliches Schicksal widerfuhr bereits dem Alten Südostkraterkegel. Ende des letzten Jahrhunderts entstand ein ähnlicher Riss, der sich dann immer mehr zur zentralen Schwachstelle des Kegels entwickelte. 2007 öffnete sich der Riss dann zu einer richtigen Fraktur, aus der ein großer Lavastrom entsprang. Diese Eruption war praktisch die Geburtsstunde des Neuen Südostkraterkegels. Es sieht so aus, als könnte sich die Geschichte wiederholen.
Ich vermute, dass sich der Riss an einer strukturellen Schwachstelle des Ätnas öffnete, die im Zusammenhang mit der Verlagerung des Eruptionszentrums steht. Mit der Entstehung des modernen Ätnas, vor gut 3000 Jahren, verlagerte sich das Eruptionszentrum in westlicher Richtung. Seit der Entstehung des Südostkraterkegels im Jahr 1979 scheint sich das eruptive Zentrum des Vulkans Richtung Südosten zu verschieben. Diese Theorie würde mit der Entstehung einer 3. Kratergeneration im Südosten Unterstützung finden. Allerdings könnte es noch einige Jahre dauern, bis wir einen neue Kraterbildung erleben.
Bereits in den letzten Jahren konnten wir beobachten, dass die Eruptionen am Gipfelbereich des NSEC schwächer wurden. Dafür wurden mehrere Lavaströme gefördert, die aus Schoten in der Flanke des Kegels flossen. Seit Ende 2018 bilden sich vermehrt längere Spalten und Risse an der Basis des Kegels. Eine ältere Theorie besagt, dass es zu einer Verlagerung der Aktivität kommt, wenn eine gewisse Höhe des Kraterkegels überschritten ist. Dies könnte jetzt der Fall sein.