Der Ätna ist nicht nur der größte Vulkan Europas, sondern auch einer der aktivsten. Er liegt in einer relativ dicht besiedelten Gegend Siziliens mit zahlreichen Dörfern auf seinen Flanken und in Sichtweite der Metropole Catania. Daher zählt der Ätna -neben dem Vesuv- zu den am dichtesten beobachteten und erforschten Vulkanen der Welt. Die Vulkanologen des INGV setzten hier praktisch jede Messmethode ein, die an einem Vulkan wie dem Ätna Sinn macht. Nun ist eine neue Forschungsarbeit erschienen, die das radioaktive Gas Radon in ihrem Fokus hat. Forscher um Dr. Susanna Falsaperla und Dr. Marco Neri installierten eine Radon-Sonde in nur 1 km Entfernung vom Gipfelkrater des Ätnas, in der Nähe des Torre del Filosofo.
Ursprung des Radon
Radon ist ein Element, dessen Isotope radioaktiv sind. Radon-Isotope entstehen in der Erde als Zerfallsprodukt von Uran und haben eine Halbwertszeit von wenigen Tagen. Als Edelgas diffundiert das Radon durch die Gesteine und entweicht in die Atmosphäre. Dort ist es nur in sehr geringer Konzentration vorhanden. Radon ist das Element, mit der geringsten Konzentration aller Stoffe in der Luft, da nur sehr wenig Radon bis in die Atmosphäre aufsteigen kann. Vermehrt wird Radon freigesetzt, wenn entsprechend viel Uran im Erdboden vorhanden ist. Dies sammelt sich z.B. in Gegenden mit Plutonen, oder aktiven Magmakammern an. Bei Erdbeben und Vulkaneruptionen wird Radon vermehrt freigesetzt. Schon kleine Bodenerschütterungen und Gesteinsfragmentation reichen aus, um eine messbare Erhöhung der Radon-Konzentration zu registrieren. Aus dem Verhältnis bestimmter Radon-Isotope lässt sich auch die Aufstiegszeit des Gases ermitteln. So kann man indirekt auch auf die Tiefe eines Magmenkörpers schließen, oder ermitteln, mit welcher Geschwindigkeit das Magma aufgestiegen ist.
Entdeckungen am Ätna
Die Forscher am Ätna fanden nun heraus, dass am Ätna zwei Prozesse die Radon-Werte in die Höhe schnellen lassen: wenn Gaspulse durch das zentrale Fördersystem des Ätnas jagen, oder wenn es Erdbebenschwärme gibt.
Bei den Gaspulsen trägt meistens Wasserdampf das Radon an die Erdoberfläche. Der Dampf entweicht überwiegend durch die Förderschlote, aber auch durch Fumarole in Kraternähe. Gaspulse sind häufig mit Eruptionen assoziiert. Erhöhter Dampfausstoß kann eine Eruption ankündigen. Allerdings ist der Dampfausstoß am Ätna generell ungewöhnlich hoch, wie man in diesem Bericht nachlesen kann.
Erhöhte Radon-Konzentrationen wurden sogar bei relativ schwachen Erdbebenschwärmen in größeren Entfernungen registriert. Zunächst standen die Forscher vor einem Rätsel, denn normalerweise dürften schwache Erdbeben in 10 km Entfernung nicht zu einem Ansteigen der Radon-Konzentrationen führen. Die Vulkanologen kamen zu dem Schluss, dass selbst die schwachen Erdbeben magmatische Fluide (Wasser, Magma) unter dem Ätna schwappen lassen. Durch die Bewegungen der Fluide wird vermehrt Radon freigesetzt. Mit so einem Forschungsergebnis haben die Forscher nicht gerechnet. Wenn es zu einem Schwappen der Fluide im Untergrund des Ätnas kommen kann, sagt dies auch einiges über die Beschaffenheit unterirdischer Reservoirs aus. Ältere Forschungsergebnisse postulierten unter dem Ätna eine schwammartige Magmakammer: das Magma sollte sich im Porenraum des Gesteins ansammeln. So eine Struktur würde meiner Meinung nach, eher schwappende Bewegungen von Fluiden dämpfen.
Quelle: EOS / INGV: Susanna Falsaperla, Marco Neri, Giuseppe Di Grazia, Horst Langer, Salvatore Spampinato