Staat: Italien | Koordinaten: 37.73, 15.00 | Aktivität: Paroxysmal
Ein Nachtrag zum Ätna Paroxysmus vom 21.05.23
Gestern Morgen brach der Ätna aus und erzeugte einen Paroxysmus aus dem Neuen Südostkrater. Vulkane.net berichtete live während der Ausbruch im Gange war, doch nicht alle Informationen zum Ausbruch erreichten mich in Echtzeit, daher an dieser Stelle ein Nachtrag zum Geschehen. Der Paroxysmus kam nicht völlig überraschend, denn bereits in den Tagen vor der Eruption stieg der Tremor bis in den oberen gelben Bereich, kurz vor der Grenze zum Rot. Sobald sich der Tremor dort bewegt, ist meistens eine Eruption im Gange. Gelegentlich bewegt er sich dort auch zwischen zwei Paroxysmen, wenn sie in kurzem Abstand aufeinander folgen. Der erhöhte Tremor im oberen gelben Bereich signalisierte, dass Magma aufstieg. Außerdem kam es zu 2 kleinen Schwarmbeben, die ebenfalls als Indiz für Magmenaufstieg gelten. Der Tremor war 2 Tage lang erhöht und man wartete mit Spannung auf eine Eruption. Das Wetter war schlecht und es gab bereits im Vorfeld des Ausbruchs nur wenige visuelle Beobachtungen. Es wurde zunächst von strombolianischen Eruptionen in der Bocca Nuova berichtet, später denn von gelegentlichen Aschepuffs und einem heißen Schlot am Neuen Südostkrater. An seiner Basis gab es eine schneefreie Stelle, die auf eine erhöhte Geothermie infolge des Magmas hindeutete, dass sich bereits am Samstag kurz unter der Oberfläche befand. Vor einem Paroxysmus setzt normalerweise rege strombolianische Tätigkeit am entsprechenden Förderschlot ein und in der Initialphase des Ausbruchs beginnt ein Lavastrom überzulaufen. All diese Beobachtungen gab es diesmal nicht, allerdings war der Vulkan seit Samstagabend auch in Wolken gehüllt, sodass es diese Anzeichen vielleicht gab, sie nur nicht beobachtet werden konnten.
Der eigentliche Paroxysmus begann dann Sonntagmorgen gegen 5.45 UTC (MESZ +2 Stunden) und endete 4 Stunden später. Der Vulkan hing immer noch in den Wolken eines mediterranen Orkans und die Sicht ging gegen Null. So war lange unklar, was genau am Ätna vor sich ging. Der Wind kam aus dem Nordosten und die Eruptionswolke wurde dementsprechend nach Südwesten geweht. Als erstes berichteten die Anwohner von Adrano von starken Explosionsgeräuschen, klirrenden Fensterscheiben und Ascheniederschlag. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht wirklich klar, aus welchen Krater die Eruption kam. Später erreichte die Aschewolke Catania, was zur Sperrung des Flughafens führte. Erstaunlicherweise gab es zunächst keine VONA-Meldungen beim VAAC Toulouse. Dort wurde nur eine Meldung vom INGV weitergereicht, dass am Ätna eine Eruption begonnen hatte. Vulkanasche war via Satellit nicht detektiert worden. Dennoch wurde der VONA-Alarmstatus auf „rot“ erhöht. Erst gegen Ende der Eruption konnte Vulkanasche in 7600 m Höhe ausgemacht werden. Zu diesem Zeitpunkt gab es auch einen kurzen Webcamblick auf eine Lavafontäne aus dem Neuen Südostkrater. Stunden nach dem Ende der explosiven Phase der Eruption, wurde vom INGV berichtet, dass auch ein Lavastrom gefördert wurde. Er floss in Richtung des Monte Frumento Supino und damit nach Südwesten, vorbei am Torre del Filosofo. Wie weit die Lavafront hinabreichte war gestern Abend noch nicht bekannt.
The effects of the „secret“ paroxysm at #Etna’s Southeast Crater on 21 May 2023. Invisible due to horrible weather conditions, the event showered the SW flank of the volcano with ash and lapilli. Ash later fell also on the south flank, interrupting operations at Catania airport pic.twitter.com/m9f1YE5XAH
— Boris Behncke (@etnaboris) May 21, 2023
Jetzt Fragen wir Vulkanophilen uns natürlich, ob es sich um ein einmaliges Event handelte oder ob der Ausbruch am Sonntag der Beginn einer neuen paroxysmalen Phase war? Typischerweise treten die Paroxysmen in Phasen auf, wobei das Pausenintervall zwischen den Ausbrüchen stark variieren kann. Manchmal dauert es bis zu 2 Monate, bis der nächste Ausbruch kommt. In paroxysmalen Hochphasen kann es 2-3 Paroxysmen pro Tag geben. In den Monaten vor den letzten Hochphasen gab es häufig zahlreiche starke Schwarmbeben, die diesmal bis jetzt fehlten. Doch es ist natürlich auch möglich, dass Schmelze über freie Aufstiegswege aufsteigt, ohne dass es zu Schwarmbeben kommt. Zuverlässige Prognosen über den weiteren Verlauf des Geschehens lassen sich daher nicht stellen.