Die äthiopische Region Tigray ist momentan Schauplatz von Kämpfen zwischen den Rebellen der Volksfront zur Befreiung Tigrays (TPLF) und der eigenen Regierung mit Sitz in Addis Abeba. Sie wird nur von der Partei EPRDF gebildet und durch Premier Abiy Ahmed geführt. Die Partei setzt sich aus Repräsentanten der unterschiedlichsten Ethnien des Vielvölkerstaats Äthiopien zusammen. Abiy Ahmed galt zunächst als demokratischer Hoffnungsträger Äthiopiens und wurde letztes Jahr sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Doch Reformen blieben aus und bald war zu erkennen, dass Abiy Ahmed in erster Linie seine Interessen vertritt. Zudem kommt, dass die Lokalregierung von Tigray immer mehr an Einfluss in der Landesegierung verlor, obwohl sie Premier Abiy Ahmed zur Macht verhalf. Ende 2019 verabschiedete sich die TPLF aus der Regierungspartei, als Abiy die EPRDF von einem Bündnis ethnisch-regionaler Parteien in eine Einheitspartei umwandelte. Die positive Stimmung im Land kippte vollends, als dieses Jahr die Wahlen verschoben wurden. Als Grund wurde die Corona-Pandemie vorgeschoben, doch tatsächlich fürchtet der Premier wohl einen möglichen Machtverlust.
Naturkatastrophen und der Klimawandel triggern Konflikte und Kriege
Doch was hat das Alles mit Vulkanausbrüchen und Naturkatastrophen zu tun? Mekele -die mittlerweile von Regierungstruppen besetzte Regionshauptstadt von Tigray- ist das Tor zum Vulkan Erta Alé, der in der benachbarten Region Afar liegt. Der Erta Alé ist nun wieder aktiver geworden, doch Reisen dorthin scheinen nicht empfehlenswert. Kriegerische Konflikte haben in Äthiopien eine lange Tradition. Jahrelang kämpfte die TPLF mit einer ähnlichen Organisation der Afar gegen Eritrea. Der Krieg wurde erst 2018 offiziell beigelegt. Aufgrund der unsicheren Situation waren über Jahre hinweg Reisen in die Danakil und zum Erta Alé unmöglich. Später galten sie immer noch als gefährlich. Auch auf meinen beiden Reisen dort, wurde unserer Gruppe von Soldaten begleitet. Doch das ist nur ein Teilaspekt der Geschichte. Ein Anderer ist, dass Äthiopien von einer Reihe Naturkatastrophen heimgesucht wurde, die einen nicht unwesentlichen Beitrag zum aktuellen Konflikt beigesteuert haben dürften. Da ist erst einmal die Corona-Pandemie: Aufgrund der Reise-Restriktionen ist der weltweite Tourismus zusammengebrochen. Gerade in den letzten Jahren erblühte dieser in Äthiopien, doch in diesem Jahr dürften die Einnahmen der Branche stark geschrumpft sein. Bereits im letzten Jahr warnte die UN vor einer humanitären Katastrophe, da Somalia, Nord-Kenia und Äthiopien von einer Dürre heimgesucht wurden. Hinzu kam die Heuschrecken-Plage, die bis weit in den Sommer hinein die Ernteerträge weiter schmälerte.
Ethnische, religiöse und politische Konflikte eskalieren meistens, wenn es einen Teil der Bevölkerung schlechter geht, als dem Anderen. Dem Kampf ums Wasser kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. So deckte eine Studie von Forschern der University of California einen Zusammenhang zwischen dem Krieg in Syien und einer schweren Dürre auf, die die Region zwischen 2006 und 2010 heimsuchte. Betroffen war praktisch die gesamte arabische Welt, inklusive Pakistan und China. In Folge der Dürre kam es zu einer Verdreifachung der Weizenpreise auf dem Weltmarkt, was wiederum zur Folge hatte, dass in Syrien die Brotpreise explodierten. Viele Menschen hungerten und das dürfte den nötigen Funken geliefert haben, dass es zum Arabischen Frühling und dem Krieg in Syrien kam. Ähnliche Zusammenhänge sind in Äthiopien wahrscheinlich, wobei man natürlich bedenken muss, dass Konflikte in dem Vielvölkerstaat eine lange Tradition haben.
Kampf ums Wasser
Der Kampf ums Wasser hat aber gerade erst begonnen und dürfte sich in Zukunft verschärfen. Der Klimawandel bedingt, dass es in trockenen Regionen immer trockener wird, und in feuchten Gegenden die Niederschläge zunehmen. Das bedingt weitere Dürren auf der einen Seite und Überflutungen auf der Anderen. Den Ernten kommen beide Phänomene nicht gut. Hinzu kommt, eine exponentiell wachsende Weltbevölkerung. Die Grenze sehen Forscher bei 12 Milliarden, die wahrscheinlich im Jahr 2100 erreicht sein werden. Um die Bevölkerung zu ernähren, wird bereits jetzt soviel fossiles Grundwasser, dass einige Forscher Alarm schlagen. Und auch für Ostafrika sind die Prognosen leider düster: das Klimaphänomen El Nina sorgt wahrscheinlich dafür, dass die nächste Regenzeit ebenfalls dürftig ausfallen wird.