Bürgerversammlung in Nordisland wegen Sorgen vor einer Gletscherflut im Falle einer Bardarbunga-Eruption
Während auf der Reykjaneshalbinsel weiterhin Erdbeben und Bodenhebungen entlang des magmatischen Gangs bei Svartsengi beobachtet werden, rückt nun offenbar auch der subglaziale Vulkan Bardarbunga zunehmend in den Fokus von Wissenschaftlern und Zivilschutzbehörden. Vorgestern fand in Ýdálar eine Bürgerversammlung statt, die auf reges Interesse bei den Anwohnern im Norden Islands stieß.
Wie mbl.is berichtete, erklärte der Referent Bergur Einarsson, dass im Falle eines größeren Ausbruchs von Bardarbunga gewaltige Gletscherläufe entlang des Flusses Skjálfandafljót drohen könnten – bis zu zehnmal stärker als die heftigsten bekannten Fluten, die bisher in Island beobachtet wurden.
Skjálfandafljót ist mit 178 Kilometern der viertlängste Fluss Islands. Er entspringt im Nordwesten des Vatnajökull-Gletschers, unter dem sich Bardarbunga verbirgt, und fließt durch das Gebiet der Gemeinde Þingeyjarsýsla. Beim letzten Ausbruch 2014–2015 kam es zu keinen nennenswerten Flutereignissen, da das Magma damals unterirdisch austrat und erst nördlich des Gletschers an die Oberfläche gelangte. Die dabei entstandene Holuhraun-Eruption formte das größte Lavafeld seit dem verheerenden Laki-Ausbruch von 1783. Ein zukünftiger Ausbruch direkt unter dem Eis könnte wegen dem zu erwartendem Schmelzwasser jedoch deutlich gravierendere Gletscherfluten verursachen – insbesondere für die Regionen entlang des Skjálfandafljót.
Die Bürgerversammlung in Ýdálar wurde von der Gemeinde Þingeyjarsveit in Zusammenarbeit mit dem Wetterdienst, dem Zivilschutz und dem Roten Kreuz organisiert. Die Anwohner wurden über mögliche Ausbruchsszenarien, Evakuierungspläne und aktuelle Hochwassermodelle informiert. Vertreter der Polizei und des Roten Kreuzes stellten Notfallmaßnahmen vor und beantworteten Fragen.
Gerður Sigtryggsdóttir, Leiterin der Kommunalverwaltung, betonte gegenüber der Presse, dass die Bevölkerung ruhig geblieben sei. Die Menschen hätten die offene Informationsvermittlung geschätzt, obwohl klar darauf hingewiesen wurde, dass es sich um ein theoretisches Worst-Case-Szenario handelt, dessen Eintreten derzeit als eher unwahrscheinlich gilt.
Dass überhaupt eine Informationsveranstaltung zu diesem Thema stattfand, zeigt jedoch, dass Forscher einen Ausbruch des Bardarbunga in den kommenden Jahren keineswegs ausschließen. Ich erinnere mich noch gut an die Einschätzungen unmittelbar nach der letzten Eruption, wonach Bardarbunga Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte, benötigen würde, um erneut eine Bedrohung darzustellen. Offenbar hat man sich diesbezüglich geirrt.