Island: Bardarbunga lädt auf

Erdbeben und Bodenhebung am Bardarbunga deuten auf Magmenaufstieg hin

Zwei Tage nach dem vergleichsweise starken Erdbeben der Stärke 5,1, das sich unter dem subglazialen Vulkan Bardarbunga auf Island ereignete, äußerten sich Experten in der isländischen Zeitung MBL. Benedikt Gunnar Ófeigsson, Deformationsspezialist beim IMO, und der inzwischen emeritierte Geophysik-Professor Páll Einarsson kommentierten unabhängig voneinander die Ereignisse am Vulkan unter dem Gletscher Vatnajökull. Beide sind der Meinung, dass die seismische Aktivität in diesem Jahr mindestens genauso hoch ist wie unmittelbar nach der Holuhraun-Eruption im Jahr 2014.




Sie gehen davon aus, dass die Erdbeben – in diesem Jahr wurden vier Erschütterungen mit Magnituden im Bereich um 5 registriert – durch aufsteigendes Magma verursacht werden. Die Schmelze sammelt sich in einem flach liegenden Magmenkörper unter der Caldera und übt von unten Druck auf das Calderadach aus. Dieses Dach wird von einem ringförmigen Störungssystem umgeben, das durch den Druck von unten unter Spannungen gerät und diese Spannungen durch Erdbeben abbaut. Bei stärkeren Erdbeben kann es zu Gesteinsbrüchen in diesen Störungen kommen, und es ist nachgewiesen, dass es dabei zu einem vertikalen Versatz des Calderadaches im Bereich der Epizentren kommen kann.

Die tektonischen Prozesse der Caldera wurden bereits in Studien untersucht. Eine dieser Studien, die mir von Mike Schüler aus unserer Facebook-Gruppe empfohlen wurde, fokussierte sich auf mehrere stärkere Erdbebenphasen vor und nach der Eruption, insbesondere auf Vorgänge im südlichen Bereich der Calderaringstörung. Das wesentliche Ergebnis der Studie zeigt, dass sich die Bewegungsrichtungen während und nach der Eruption umgekehrt haben: Während der Eruption kam es zu einer Abwärtsbewegung, danach zu einer Aufwärtsbewegung. Diese Umkehrung wurde durch InSAR- und GPS-Messungen bestätigt und deutet darauf hin, dass sich die Caldera nach der Eruption infolge des Magmenaufstiegs wieder aufbläht. Die Ähnlichkeit der Bruchzonen und ihrer Ausrichtungen in beiden Phasen legt nahe, dass dieselbe Verwerfung am Calderarand erneut aktiv ist. Die Studie wurde im Oktober 2022 veröffentlicht.

Aus den aktuellen Äußerungen der beiden Experten lässt sich schließen, dass die Aktivität inzwischen zugenommen hat und sich die Hebung der Caldera beschleunigt. Direkt nach der Eruption wurde angenommen, dass es möglicherweise Jahrhunderte dauern würde, bis Bardarbunga wieder für eine Eruption bereit ist. Diese Einschätzung scheint mittlerweile überholt, und es wird angedeutet, dass eine neue Eruption viel früher als bisher angenommen erfolgen könnte. (Studie: https://doi.org/10.1029/2021GL097613)

Island: Ende der Eruption bei Sundhnúkur bestätigt

Ende der Eruption bei Sundhnúkur – Landhebung beschleunigt

Der Vulkanausbruch auf der isländischen Reykjaneshalbinsel wurde gestern Mittag offiziell von den IMO-Vulkanologen für beendet erklärt. Die letzte rotglühende Lava wurde am Morgen des 8. Dezembers gesehen. Seitdem schweigt der Krater, der sich in 18 Tagen auf der Eruptionsspalte gebildet hat. Es war die zweitgrößte Eruption der Serie, die im Dezember letzten Jahres begonnen hatte. Zuvor gab es am 10. November ein bedeutendes intrusives Ereignis, in dessen Folge sich ein Rift geöffnet hatte, wobei nicht ganz klar ist, was Ursache und was Wirkung war. Es könnte auch sein, dass tektonische Prozesse das Rift öffneten und das Magma in den Riss eindrang.

Auf den Diagrammen zur Bodenhebung ist zu sehen, dass der Boden während der Eruption nicht auf das vorherige posteruptive Bodenhebungsniveau abgefallen ist. Obwohl mehr Lava eruptiert wurde, als sich zuvor in dem flach liegenden Reservoir unter Svartsengi angesammelt hatte, entleerte sich dieser Magmenkörper nicht völlig. Ausgehend von diesem Hebungsniveau, das bei 26 Zentimetern liegt, beschleunigte sich die erneut eingesetzte Bodenhebung seit dem Eruptionsende deutlich und liegt wieder auf dem Niveau, wie es in den vergleichbaren Phasen nach den letzten Eruptionen der Fall gewesen war. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich im tieferen Untergrund etwas signifikant geändert hätte und so steuert man in Island aller Wahrscheinlichkeit nach auf den nächsten Ausbruch zu. Statistisch gesehen könnte sich dieser in 3-4 Monaten ereignen. Zu berücksichtigen gilt, dass es noch Restschmelze im flachen Magmenkörper gibt und es theoretisch jederzeit zu plötzlich auftretenden Eruptionen kommen könnte. So ein Ausbruch wäre aber vermutlich deutlich kleiner als die letzten Ausbrüche.

Darüber hinaus gibt es an verschiedenen Lokalitäten weiterhin Erdbeben, die mit magmatischer Aktivität im Zusammenhang stehen könnten. Beben gab es u.a. im Bereich der Katla und des Bardarbungas. Hier bestätigten IMO-Wissenschaftler Magmenaufstieg, doch davon später mehr.

USA: Erdbeben Mw 5,8 in Nevada

Mittelstarkes Erdbeben Mw 5,8 erschütterte Gegend um Yerington bei Silver Springs in Nevada

Datum 09.12.24 | Zeit: 23:08:33 UTC | Koordinaten: 39.165 ; -119.049 | Tiefe: 10 km | Mw 5,8

Gut eine Woche nach dem starken Erdbeben der Magnitude 7,1 vor der Küste Nordkaliforniens wurde die USA erneut von einem Erdbeben erschüttert, das stärker als die alltäglichen Beben war. Diesmal erreichte es eine Magnitude von 5,8 und traf die Region um Yerington im Bundesstaat Nevada. Nach Angaben des EMSC lag das Epizentrum 32 km südöstlich von Silver Springs. Die nächstgelegene größere Stadt ist Reno, 77 km entfernt, mit einer Bevölkerung von rund 241.000 Menschen. Dort wurden viele von dem Beben überrascht, das sich um 15:08:33 Uhr Ortszeit ereignete. Während in Reno und noch weiter entfernten Orten das Beben lediglich spürbar war, sorgte es näher am Epizentrum für deutlich stärkere Erschütterungen. Leichte Schäden wie Risse in Mauern wurden gemeldet, und in zahlreichen Geschäften fiel Inventar aus den Regalen. Berichte über Verletzte oder Tote liegen jedoch nicht vor.

Wie man auf der Shakemap oben sieht, gab es eine große Anzahl schwächerer Nachbeben.




Tektonisch betrachtet steht das Erdbeben im Zusammenhang mit einer Störung entlang der Walker Lane. Dabei handelt es sich um ein etwa 100 Kilometer breites Störungssystem, das in der Literatur oft als diffus bezeichnet wird, da es keine klar definierten seitlichen Begrenzungen aufweist und keine dominierende Hauptverwerfung besitzt. Stattdessen gibt es mehrere parallel zur Längserstreckung der Sierra Nevada verlaufende Normal- und Transversalverschiebungen. Diese Zone streicht in Richtung Südost-Nordwest und erstreckt sich von der Garlock-Verwerfung am Death Valley bis zur Honey Lake Valley-Region im Norden.

Wie der Geoforscher Ian Pierce von der University of Oxford in einer Studie zur Walker-Lane schrieb, werden etwa 20 Prozent der jährlichen rechtsseitigen Scherbewegung von 50 Millimetern zwischen der Pazifischen und der Nordamerikanischen Platte durch das Walker Lane-Verwerfungssystem aufgenommen. Die restlichen 80 Prozent verlaufen entlang des bekannteren San-Andreas-Verwerfungssystems. Die Walker Lane nimmt somit Energie auf, was stärkere Erdbeben in den Ballungsräumen entlang der Pazifikküste verhindern oder verzögern kann. Diese aufgenommene Energie führt jedoch dazu, dass sich entlang der Walker Lane Spannungen aufbauen, die schließlich in Erdbeben freigesetzt werden.

Im Kontext von Vulkanismus ist bemerkenswert, dass auch die Vulkane der Mono-Lake-Region und die angrenzende Long-Valley-Caldera am südwestlichen Randbereich der Walker-Lane-Zone liegen.

Kanlaon: Evakuierungen infolge von Eruptionen

Ascheablagerungen in Bago City nach Kanlaon-Eruption. © Rappler

Kanlaon weiterhin aktiv – 9400 Menschen evakuiert

Auf der philippinischen Insel Negros zeigt der Kanlaon weiterhin eine hohe Aktivität. Nach der großen Eruption gestern Morgen, bei der laut PHIVOLCS Asche bis zu 4.000 Meter über die Kraterhöhe aufstieg und ein pyroklastischer Strom etwa drei Kilometer weit floss, wurden im Verlauf des Tages vom VAAC Tokio weitere VONA-Warnungen zu Aschewolken ausgegeben. Während der ersten starken Eruption erfassten Satelliten Vulkanasche sogar in einer Höhe von 9.100 Metern über dem Meeresspiegel. Die Vulkanasche schaffte es also in deutlich größere Höhen, als von den Beobachtern am Boden gemeldet wurde. Später am Tag erreichten die Aschewolken nochmals eine Höhe von bis zu 6.100 Metern. Die letzte VONA-Warnung wurde gestern um 23:50 UTC veröffentlicht und berichtete, dass keine Vulkanasche mehr von den Satelliten detektiert wurde. Ein weinig irritierend ist, dass PHILVOLCS heute nur die Daten zu der beschriebenen starken Explosion veröffentlichte und keine weiteren Eruptionen erwähnte.

Der Vulkanausbruch der Kanlaon verursachte westlich des Vulkans starken Ascheniederschlag. Das Bild oben zeigt Bago City. Entsprechend viel Asche wird sich am Vulkanhang abgelagert haben, so dass es bei Regen Lahare geben könnte.




Als Reaktion auf den Ausbruch erhöhte PHIVOLCS die Alarmstufe auf „3“ und erweiterte das Sperrgebiet um den Krater auf einen Radius von sechs Kilometern. Dadurch mussten über 9.400 Personen ihre Häuser verlassen; insgesamt waren 2.880 Familien in fünf Gemeinden am Fuß des Vulkans betroffen. In anderen Orten werden Vorbereitungen für mögliche Evakuierungen getroffen, falls sich die Aktivität des Kanlaon weiter steigert. Die OCD schätzt, dass insgesamt bis zu 87.000 Menschen von zukünftigen Evakuierungen betroffen sein könnten.

Die betroffenen Gemeinden benötigen dringend Hilfsgüter, darunter Lebensmittelpakete, Hygienesets, modulare Zelte und Gesichtsmasken. Das Gesundheitsministerium stellte bereits Hygienesets und Kanister zur Verfügung, während das City Social Welfare and Development Office (CSWDO) Einsatzkräfte entsandte und Evakuierungslager einrichtete.

Ich vermute, dass es sich bei der Explosion um eine phreatomagmatische Eruption handelte, bei der Grundwasser mit Magma in Kontakt kam. Der Ausbruch dauerte gut 4 Minuten. Zudem wurden gestern 20 vulkanotektonische Beben registriert, wobei nicht kommuniziert wurde, ob diese vor oder nach der Eruption auftraten. Der Schwefeldioxidausstoß betrug gestern 1.669 Tonnen und lag damit deutlich unter den Werten der vorherigen Tage.

Aus den derzeit verfügbaren Daten lassen sich keine konkreten Prognosen ableiten. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass nach einer kurzen Ruhephase weitere Aktivität folgt. Über die Stärke zukünftiger Ausbrüche lassen sich keine verlässlichen Aussagen treffen. Der Kanlaon ist eher für schwächere Ausbrüche bekannt, mit einer maximalen Stärke von VEI 2 seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert. Allerdings erreichte die Eruption vom 3. Juni dieses Jahres einen VEI von 3, und die gestrige Explosion könnte ebenfalls diese Stärke erreicht haben. Dies könnte darauf hinweisen, dass frühere Einschätzungen des Vulkanexplosivitätsindex (VEI) zum Kanlaon möglicherweise ungenau waren oder dass in der aktuellen Eruptionsperiode stärkere Ausbrüche auftreten als in der Vergangenheit.

Update 10:00 Uhr: Gerade veröffentlichte das VAAC Tokio eine weitere VONA-Meldung, nach der Vulkanasche in 2700 m Höhe detektiert wurde. Es kam also zu einer schwachen Asche-Exhalation, wie sie vor der starken Explosion auftraten.