Hunga-Tonga-Ha’apai: Eruption sorgte für Plankton-Explosion

Vulkanausbruch des Hunga-Tonga- Hunga Ha’apai düngte die Meere und verursachte Vermehrung von Phytoplankton – klimatische Auswirkungen wahrscheinlich

Über die größte Eruption seit der Tambora-Katastrophe im Jahr 1815 habe ich auf Vnet bereits viel geschrieben und auch über die möglichen Auswirkungen des Ausbruchs vom Hunga Tonga-Hunga Haʻapai auf das Weltklima spekuliert. Auch führende Wissenschaftler beschäftigen sich intensiv mit den Folgen dieses Ereignisses und forschen in verschiedenen Bereichen. Ein Aspekt der Eruption, der in den letzten Monaten von einer internationalen Forschergruppe um Studienleiterin Zhouling Zhang von GEOMAR untersucht wurde, ist die explosionsartige Vermehrung von Phytoplankton: Bereits zwei Tage nach der Vulkankatastrophe, die die umliegenden Inseln des Königreichs Tonga verwüstete, Tsunamis auslöste und unvorstellbare Mengen Asche, Gas und Wasserdampf in die Atmosphäre schleuderte, begann eine massive Phytoplanktonblüte.

Dieses stark wachsende Plankton wurde zunächst auf Satellitenbildern in der Umgebung des Vulkans nachgewiesen und breitete sich in den folgenden Wochen und Monaten weiter aus. Zunächst war die betroffene Fläche etwa 61.000 Quadratkilometer groß und somit etwas kleiner als das Bundesland Bayern.

Die Wissenschaftler führten diese Entwicklung auf den Vulkanausbruch zurück. Die Eruption setzte etwa 2,9 Milliarden Tonnen Tephra frei, die sich über den Südpazifik verteilte und schließlich abregnete. Vulkanisches Material ist reich an Mineralien, die sowohl auf Land als auch im Meer als Dünger wirken. Im Fall des Phytoplanktons spielten insbesondere Eisen und das Spurenelement Neodym eine zentrale Rolle, da sie die Ozeane mit Nährstoffen anreicherten und so die Vermehrung des Planktons auslösten. Mit den Meeresströmungen verteilten sich die Nährstoffe bis vor die Küste des äquatorialen Südamerikas.




Mit Hilfe von Computersimulationen fanden die Forscher heraus, dass die durch den Ausbruch eingebrachten Nährstoffe der natürlichen jährlichen Nährstoffzufuhr der Region entsprachen. Dadurch stand dem Phytoplankton die doppelte Menge an Nährstoffen zur Verfügung, was die außergewöhnliche Blüte erklärte.

Diese Phytoplanktonblüte könnte sich auch auf das Weltklima auswirken. Die gute Nachricht: Phytoplankton absorbiert durch Photosynthese Kohlendioxid und spielt eine Schlüsselrolle im globalen Kohlenstoffkreislauf. Frühere vulkanische Ereignisse, wie der Ausbruch des Mount Pinatubo 1991, führten zu einer messbaren Verlangsamung des Anstiegs des atmosphärischen CO₂. Der Ausbruch des Hunga Tonga-Hunga Haʻapai im Januar 2022 könnte ähnliche Effekte haben, indem er die biologische Produktivität der Ozeane steigert und so deren Fähigkeit zur CO₂-Aufnahme verbessert. Dies könnte indirekt zu einer globalen Abkühlung oder zumindest zu einer Verlangsamung der Erderwärmung beitragen. Allerdings hat der Ausbruch auch direkte Auswirkungen auf die Atmosphäre, deren genauer Umfang noch erforscht wird.

Ein bislang wenig beachteter Aspekt der Phytoplanktonblüte ist ihre potenzielle Auswirkung auf die Albedo des Meerwassers. Ein dichter Planktonteppich verändert die Lichtreflexion an der Wasseroberfläche, wodurch weniger Licht und Wärme ins Weltall zurückgeworfen werden. Dies könnte dazu beitragen, die Wassertemperatur zu erhöhen. Erst kürzlich berichteten Wissenschaftler über einen plötzlichen Anstieg der Meerestemperaturen im März 2023, der schwer zu erklären ist. Damals wurde eine Erhöhung der Wassertemperaturen in vielen Ozeanen um bis zu 1,5 Grad gemessen, und die Werte sind seither kaum gesunken. Derzeit wird dies hauptsächlich dem anthropogenen Klimawandel zugeschrieben. Dennoch erscheint es zumindest überlegenswert, ob es einen Zusammenhang mit der massiven Vermehrung des Phytoplanktons geben könnte.

Generell ist Phytoplankton essenziell für das Leben auf der Erde: 50 bis 80 Prozent des durch Photosynthese produzierten Sauerstoffs stammen von diesen winzigen Organismen. Gleichzeitig bildet es die Grundlage des marinen Nahrungskreislaufs. Allerdings sterben die riesigen Planktonmassen irgendwann ab und verbrauchen bei ihrer Zersetzung nicht nur Sauerstoff, sondern setzen auch CO₂ und organische Substanzen frei, die wiederum als Nährstoffe dienen. Ein Teil des toten Planktons sinkt in die Tiefsee, wo es unter anaeroben Bedingungen konserviert werden kann. Mit der Zeit und unter Sedimentabdeckung können auf diese Weise Erdöl- und Gasvorkommen entstehen.

Die Auswirkungen des Vulkanausbruchs könnten also weitreichender und komplexer sein, als es auf den ersten Blick scheint. (Quelle der Studie: https://www.nature.com/articles/s41467-024-52904-3)

Island: Aktueller Ausbruch förderte zweithöchste Lavamenge

Ausbruch auf Island pulst – Er gilt als zweitgrößter Ausbruch der Serie

Die Eruption entlang der Sundhnúkur-Kraterreihe auf der isländischen Reykjabeshalbinsel geht unverändert weiter. Wobei den Ausdruck „unverändert“ man bei einem Vulkanausbruch eigentlich nicht verwenden darf, denn jede Eruption ist ein äußerst dynamischer Prozess und das einzig Stetige ist die Veränderung. Nur für uns Menschen sind sie zu subtil, als dass wir sie differenziert wahrnehmen könnten. Unverändert bezieht sich in diesem Kontext also eher auf das Verhalten des Vulkans als auf die Details: Weiterhin ist die meiste Zeit einer der Schlote aktiv und fördert niedrige Lavafontänen, die einen Lavastrom speisen. Doch mehrmals am Tag kommt es zu einem Aufpulsen der Aktivität und zu einem Lavaüberlauf aus einem zweiten Schlot, der neben dem ersten Schlot liegt. Dieses Aufpulsen kann durchaus kraftvoll sein und nachdem einige Minuten beide Schlote aktiv sind, stellt der erste Schlot seine Tätigkeit ein, während der zweite Schlot alles gibt, nur um nach einigen Minuten wieder runterzufahren und die Tätigkeit dem ersten Schlot zu übergeben. Dieses Pulsen konnte man schon während der ersten Fagradalsfjall beobachten. Im späteren Verlauf wurden dann mehrere hundert Meter hohe Lavafontänen ausgespien. Das könnte aber auch an der Architektur des Schlackenkegels um den Schlot gelegen haben, denn er war wie ein großer Hornito, der sich stark nach oben verjüngte und wie ein Kanonenrohr fungierte. Es ist also offen, ob wir bei dieser Eruption irgendwann Ähnliches sehen werden, aber die Möglichkeit besteht.




Die IMO-Forscher veröffentlichten gestern Nachmittag einen neuen Bericht mit belastbaren Daten zur Eruption. Demnach bedeckt das neue Lavafeld eine Fläche von 9,1 Quadratkilometern und ist im Mittel 5 m mächtig. Das ergibt ein Lavavolumen von 47 Millionen Kubikmetern. Damit belegt der Vulkanausbruch No. 7 in Bezug auf die geförderte Lavamenge bereits jetzt den zweiten Platz. Die Messwerte werden vom 28. November stammen, also 8 Tage nach Eruptionsbeginn. Während des vorherigen Ausbruchs wurden innerhalb von 15 Tagen 67 Millionen Kubikmeter Lava gefördert. Die aktuelle Eruption hat also noch die Chance auf das Siegertreppchen, wenn sie lange genug andauern sollte.

Zwischen dem 23. und 28. November betrug die durchschnittliche Lavaflussrate etwa 11 m³/s. Vorgestern wurde sie auf 7–8 m³/s geschätzt und gestern auf 5–10 m³/s. Die Bodendeformation ändert sich von Tag zu Tag nur minimal, sodass man davon ausgehen kann, dass der Magmenaufstieg aus der Tiefe in den flachen Magmenkörper unter Svartsengi in etwa der Förderrate entspricht und diese nur wenig übersteigt.


Hohe Luftverschmutzung durch Vulkangase

IMO weist darauf hin, dass auf Wanderwegen in der Nähe der Eruptionsstelle eine gesundheitsschädliche Gasverschmutzung herrscht. Die Gefahrenbewertung wurde entsprechend aktualisiert.

Am 28. November haben Experten des isländischen Wetterdienstes die SO₂-Emissionen des Ausbruchs gemessen. Die gemessene Emissionsrate betrug 64–71 kg/s. Es wird erwartet, dass die Gasverschmutzung in den kommenden Tagen anhält und potenziell Unwohlsein oder gesundheitliche Risiken verursacht, insbesondere auf Wanderwegen in der Nähe von Fagradalsfjall und rund um die Eruptionsstelle. Wettervorhersagen zur Gasausbreitung werden vom Wetterüberwachungsdienst bereitgestellt.