Island: Petrografie der Lava entschlüsselt

Petrografie der Lava der aktuellen Sundhnukur-Eruption entschlüsselt – Zugrundeliegendes Magma wie beim Fagradalsfjall

Das Petrologische Institut der Universität von Reykjavik analysierte frische Lavaproben der Sundhnúkur-Eruption, die am 29. Mai begonnen hat und bis jetzt anhält. Das vorläufige Ergebnis der Untersuchungen wurde heute in einer Pressemeldung und bei nature.com veröffentlicht. Die Mineralogen untersuchten Proben, die am ersten und vierten Tag der Eruption gesammelt wurden. Zum Teil waren es Proben bereits erkalteter glasartiger Tephra und Lava von einem Lavastrom. Aus den Proben wurden unter anderem Dünnschliffe gefertigt, die im Polarisationsmikroskop betrachtet wurden, um den Mineralienbestand zu klassifizieren. Dieser bestand überwiegend aus Plagioklas, Olivin und Klinopyroxenkristallen, die im Falle der Tephra in einer glasartigen Matrix eingebettet waren. In den Proben der erkalteten Lava entdeckte man Mikrolithen, also winzigste Kristalle, die eine Matrix bilden. Mit Hilfe der Elektronenmikrosonde des Instituts für Geowissenschaften wurden die elementaren Bestandteile der Proben bestimmt.

Auf den ersten Blick ähnelt die Basaltlava jenem Material, das seit Dezember letzten Jahres bei den anderen Eruptionen entlang der Sundhnúksgígar gefördert wurde und enthält zwischen 6,2 und 7,0 Gewichtsprozent Magnesiumoxid, was typisch für tholeiitischen Basalt ist. Was aber aus dem Rahmen fällt, ist das Verhältnis zwischen Kaliumoxid und Titandioxid. Dieses Verhältnis liegt bei den Proben der aktuellen Eruption zwischen 0,13 und 0,14. Damit unterscheidet es sich erheblich von dem K₂O/TiO₂-Verhältnis der anderen Eruptionen entlang der Sundhnúksgígar, bei denen es Werte zwischen 0,21 und 0,23 annahm. Dafür ähnelt es aber jenem K₂O/TiO₂-Verhältnis der ersten Fagradalsfjall-Eruption im Jahr 2021. Daher vermuten die Forscher der Universität Reykjavik, dass die zugrunde liegende Schmelze, aus der die Lava entstand, eine ähnliche Entstehungsgeschichte wie das Magma der ersten Fagradalsfjall-Eruption hat. Möglicherweise gibt es eine Kopplung der beiden Systeme in einem tiefer gelegenen Magmenkörper an der Grenze zwischen Erdkruste und Erdmantel. Diese Grenze wird durch die Mohorovičić-Diskontinuität (kurz Moho) definiert. Forscher vermuten sie unter Island in 15 Kilometern Tiefe, wobei sie unter Kontinenten bis zu 70 Kilometer tief abtauchen kann.

Wer sich mit dem Thema eingehender beschäftigen will, empfehle ich die Studie zu Lesen, die bei natur.com erschienen ist.

Merapi mit glühenden Schuttlawinen und Ascheemissionen

Glühende Schuttlawinen vom Merapi-Dom erzeugen auch Ascheemissionen

Am Merapi auf Java hat sich eine kurze Lavazunge gebildet, die vom Südwestdom ausgeht und auf die Außenflanke hinausgewachsen ist. Solche Gebilde sind häufig sehr instabil, besonders an Vulkanen mit so steilen Flanken wie es am Merapi der Fall ist. Daher gehen von der Front der Lavazunge häufig glühende Schuttlawinen ab. Im Extremfall, wenn besonders große Lavapakete abbrechen, kann es auch vorkommen, dass ein pyroklastischer Dichtestrom entsteht, so wie es am Merapi zuletzt am 4. Juni der Fall war.

Das VAAC Darwin hält seine Warnung vor Vulkanasche am Merapi aufrecht und veröffentlicht in den letzten Tagen kontinuierlich VONA-Warnungen über Vulkanasche, die bis auf eine Höhe von 3400 m aufsteigt und in Richtung Süden driftet. Da der Vulkan eine Gipfelhöhe von 2910 m hat, steigt die Vulkanasche maximal 500 m über Kraterhöhe auf. Meine Recherchen förderten allerdings keine aktuellen Fotos zu Tage, die eine nennenswerte Aschewolke zeigen. Viel mehr sieht es so aus, als ob es sich um vergleichsweise schwache Ascheemissionen handelt, die auch mit den Abgängen der Schuttlawinen im Zusammenhang stehen können.

Gestern meldete das VSI 66 Schuttlawinenabgänge, die bis zu 3 Minuten anhielten. Diese größeren Abgänge ließen heiße Tephra fast bis zur Basis des Kraterkegels rollen, wie eine Thermalaufnahme belegt. Darüber hinaus wurden 18 vulkanisch bedingte Erschütterungen registriert. Die Seismizität stufe ich als schwach bis mittelstark ein.

Die Forscher vom VSI berichteten in ihrem aktuellen Wochenbulletin, das heute erschienen ist, dass es einige morphologische Veränderungen am Südwestdom gegeben hat. Sein Volumen betrug 2.335.200 Kubikmeter. Letzte Woche betrug das Volumen noch 2.164.400 Kubikmeter. Der Dom ist also gewachsen. Außerdem bestätigten die indonesischen Vulkanbeobachter, dass es drei Mal zu Abgängen pyroklastischer Dichteströme gekommen sei. Der Längste legte eine Gleitstrecke von 1000 m zurück.

Taal stößt 11.000 Tonnen Schwefeldioxid aus

Philippinischer Vulkan Taal stößt mehr als 11.000 Tonnen Schwefeldioxid am Tag aus – Gefahr von VOG erhöht

Der Calderavulkan Taal sorgt wieder für Schlagzeilen, da bei einer neuen Gasmessung festgestellt wurde, dass sein Schwefeldioxidausstoß auf 11.072 Tonnen pro Tag gestiegen ist. Bei der letzten Messung am 4. Juni emittierte der Vulkan 1.454 Tonnen Schwefeldioxid pro Tag, während Ende Mai der Wert bei 10.000 Tonnen pro Tag lag. Solche starken Schwankungen der Gasemissionen sind normalerweise untypisch, und so hohe Werte werden normalerweise nur bei Vulkanen gemessen, die große Mengen Lava eruptieren. Warum diese starken Änderungen auftreten, wurde meines Wissens nach noch nicht kommuniziert und wahrscheinlich auch noch nicht hinreichend erforscht.

Geht man davon aus, dass ein großer Magmenkörper in nicht allzu großer Tiefe unter der Caldera entgast, sollte man annehmen, dass der Gasstrom einigermaßen konstant ist und nicht ständig um den Faktor 10 variiert. Eine Erklärung könnte sein, dass sich in einem unterirdischen Speicher Gas akkumuliert, das bei der Überschreitung eines Schwellenwertes freigesetzt wird. Warum dies weitgehend still und ohne entsprechende Schwankungen der Bodendeformation und Erdbebentätigkeit geschieht, bleibt rätselhaft.

Wie PHILVOLCS mitteilte, liegt der Jahresdurchschnitt der Schwefeldioxid-Emissionen bei 8.294 Tonnen pro Tag, wobei seit 2021 kontinuierlich hohe SO2-Konzentrationen freigesetzt werden. In mehreren Orten im Calderabereich wurde Belastung durch VOG festgestellt, die in den nächsten Tagen weiter steigen könnte, da Wettermodelle eine Windabschwächung prognostizieren.

Längerer Kontakt mit Schwefeldioxid kann Augen, Rachen und Atemwege reizen. Besonders gefährdet sind Menschen mit Erkrankungen wie Asthma, Lungenerkrankungen und Herzkrankheiten sowie ältere Menschen, schwangere Frauen und Kinder. Betroffene sollten ihre Exposition im Freien begrenzen und Aktivitäten im Freien vermeiden. Es wird empfohlen, sich in geschlossenen Räumen aufzuhalten und Türen sowie Fenster geschlossen zu halten. Weiterhin empfiehlt die Behörde, bei Aufenthalten im Freien Nase und Mund mit einer N95-Gesichtsmaske zu schützen und viel Wasser zu trinken.

Island: Vulkanausbruch geht am 7. Juni weiter

Vulkanausbruch auf Island hält an – In Grindavik werden Häuser aufgekauft

Der Vulkanausbruch auf der isländischen Reykjaneshalbinsel zeigt sich von seiner stabilen Seite und geht unvermindert weiter. Der aktivste Krater ist jener im Süden der Sundhnukur-Spalte, der bereits im März entstanden ist und nun angebaut wurde. Der Kraterkegel hat deutlich an Höhe gewonnen und ist auf dem Weg dorthin dem größten Kegel im Fagradalsfjall-Gebiet Konkurrenz zu machen. Aktuelle Drohnenaufnahmen zeigen den Kegel im Hintergrund von Grindavik und lassen seine Dimensionen erahnen. In der Stadt arbeitet man daran, die Stromversorgung wiederherzustellen, was wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Inzwischen kauft die staatliche Katastrophenversicherung weitere beschädigte Gebäude auf. Etwas, woran man sich im italienischen Pozzuoli ein Beispiel nehmen könnte!

Langsam wird klar, wie groß die Schäden in Grindavik tatsächlich sind. Die meisten wurden durch Erdbewegungen im Zuge der Gangbildung nebst Riftingprozeß am 10. November verursacht, obgleich auch bei späteren Ereignissen Schäden verursacht wurden, etwa durch einen Lavastrom, der im Januar den Stadtrand erreichte. Heute treffen sich hochrangige Politiker und Bankenmanager in Island um einen Kredit in Höhe von 150 Millionen Euro bei der Entwicklungsbank des Europarats zu beantragen um die Schäden in Grindavik zu begleichen bzw. um unbewohnbare Häuser aufzukaufen und die Eigentümer zu entschädigen.

Ob die Bemühungen letztendlich reichen werden, um die Stadt zu retten, ist ungewiss. Wie sich die Situation in Grindavik weiterentwickeln wird, hängt in erster Linie von den Naturgewalten ab, davon, ob die Eruptionen bald enden oder noch jahrelang weitergehen werden. Irgendwann muss man sich auch in Grindavik die Sinnfrage stellen, inwiefern man es sich leisten kann, den Ort um jeden Preis zu retten, was natürlich nur möglich ist, denn der Vulkan nicht noch größere Lavafluten in seine Richtung schickt.

Unterdessen gibt es Anzeichen dafür, dass das Magmenreservoir unter Svartsengi wieder auflädt: Die GPS-Messungen deuten seit drei Tagen einen leichten Aufwärtstrend der Bodenhebung unter Svartsengi an. Die Bodenhebung steigt, seitdem der Nordkater auf der Sundhnukur-Spalte seine Aktivität stark reduziert hat. Zuerst sah es so aus, als wäre er ganz erloschen, doch auf Webcamaufnahmen von gestern Abend sieht man, dass wieder Lava aus der Basis dieses Kegels austritt.

Campi Flegrei: Erdbeben und Evakuierungen halten an

Erdbeben in der Caldera Campi Flegrei gehen weiter – Die Evakuierungen in Pozzuoli auch

Die Erde unter der süditalienischen Caldera Campi Flegrei kommt nicht zur Ruhe und bebt weiterhin. Seit gestern wurden 29 schwache Erschütterungen registriert. Die Magnituden der meisten Beben lagen im Bereich der Mikroseismizität und spielten sich innerhalb des Hydrothermalsystems ab. Wie es weitergehen wird, ist ungewiss, denn seriöse Vorhersagen lassen sich nicht erstellen, aber es besteht weiterhin die Möglichkeit von moderaten Erdbeben, wie wir sie im letzten Monat gesehen haben. Diese Erdbeben haben ältere Häuser teilweise so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass bis jetzt 76 Gebäude in Pozzuoli evakuiert werden mussten, weil die Sicherheit nicht gewährleistet ist. Bauinspekteure sind mit ihrer Arbeit noch nicht fertig, denn praktisch jedes Gebäude der Stadt soll begutachtet werden. So ist mit weiteren Räumungsbefehlen zu rechnen, die vom Bürgermeister Gigi Manzoni unterzeichnet werden.

Die Onlinezeitung Pozzuoli News 24 berichtete darüber, dass die Eigentümer der Häuser per Verordnung dazu verpflichtet sind, die Mängel unverzüglich zu beseitigen und die Sicherheit und Bewohnbarkeit der Gebäude wiederherzustellen. Andernfalls drohen Freiheitsstrafen von bis zu 6 Monaten und Geldstrafen von bis zu 1000 Euro. Offenbar sind überwiegend Häuser von den Erdbebenschäden betroffen, die bereits zuvor im schlechten Zustand waren. Natürlich bekommt der oft betagten Bausubstanz das Auf- und Ab des Bodens auf Dauer nicht besonders gut. Bei uns im Ruhrgebiet würde man solche Schäden als Bergschäden deklarieren, für die der Kohlebergbau verantwortlich ist. Aber ganz klar: Das grundlegende Problem in Pozzuoli ist nicht menschengemacht, sondern ein Zeugnis der Erddynamik. Es stellt sich natürlich die Frage nach langfristigen Konsequenzen, denn selbst wenn die aktuelle Hebungsphase ohne Vulkanausbruch enden sollte, kommen danach eine Senkungsphase und eine neuerliche Hebungsphase. Und so sind doch einige Probleme in Pozzuoli menschengemacht, denn nach heutigem Kenntnisstand dürfte es die Stadt in dieser Form an diesem Ort nicht geben, denn schließlich weiß man heute, dass man nicht nur am größten Vulkan des europäischen Festlandes lebt, sondern in diesem Vulkan! Sollte es zu einem starken Erdbeben oder sogar zu einem Vulkanausbruch kommen, ist das Chaos vorprogrammiert: Obwohl erst vor Kurzem ein neues Gesetz erlassen wurde, das den Zivil- und Katastrophenschutz in Kampanien stärken soll, wurden viele Maßnahmen wie der Bau von Fluchtwegen noch nicht umgesetzt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendwann einmal zu einer Eruption in oder bei Pozzuoli kommen wird, ist groß. Da stellt sich natürlich die Sinnfrage, ob man marode Häuser unter Strafandrohung wieder renovieren sollte oder ob es nicht schlauer wäre, wenn die Kommune sie aufkauft und abreißt. Denn langfristig wären ein Rückbau und eine Verlagerung des Siedlungsgebietes schlau. Selbst wenn man die Stadt erhalten will, sollten hier nur so viele Menschen leben, wie man in kurzer Zeit entlang geschützter Wege evakuieren und woanders unterbringen kann. Zudem sollten Gebäude so ausgelegt sein, dass sie Erdbeben bis zu Magnituden von 6 standhalten können und Schutz vor Einschlag vulkanischer Bomben und Ascheniederschlag bieten. Pozzuoli könnte zu einem europäischen Vorzeigeprojekt dafür werden, wie man in einem Vulkan sicher lebt. Aber Menschen und Politiker im Speziellen denken nicht langfristig, was eines der Hauptprobleme unserer Gesellschaft darstellt.