Island: Neues aus Grindavik am 13.11.23

Grindavik wurde für Anwohner tagsüber geöffnet

Heute wurde der größte Teil der evakuierten Stadt Grindavik für die Anwohner tagsüber geöffnet. Sie konnten in ihre Häuser zurückkehren, um ihr Hab und Gut wenigstens teilweise in Sicherheit zu bringen. Dazu hatten die Menschen bis heute Nachmittag um 16 Uhr Zeit. Diese Entscheidung traf der Polizeichef der Gemeinde. Offenbar geht man nicht mehr von einer plötzlich einsetzenden Eruption ohne weitere Vorwarnung aus. Außerdem heißt es heute Morgen, dass sich der Schwerpunkt der Erdbebentätigkeit und Bodenhebung verlagert habe und sich im zentralen Bereich des magmatischen Gangs bei der Sundhnúkur-Kraterreihe manifestierte. Diese liegt ca. 3,5 km nördlich der Stadt.

Insgesamt hat sich der Zustrom neuer Schmelze deutlich reduziert, so dass das Volumen der Intrusion nur langsam zunimmt. Dieser Umstand veranlasst einige Forscher zu einer etwas optimistischeren Einschätzung des Gefahrenpotenzials. Im RUV-Liveblog wird der Geowissenschaftler Freysteinn Sigmundsson zitiert, der an der Universität Island forscht. Er meinte, dass die Situation prinzipiell mit gestern vergleichbar sei, dass die Erdbewegungen aber langsam nachgelassen hätten. Trotzdem hätte sich die Risikobewertung des Met Office nicht geändert und es könnte jederzeit zu einem Vulkanausbruch kommen. Allerdings rechnet Freysteinn nicht mehr mit einem großen Ausbruch, sondern eher mit einem, wie wir es jetzt drei Mal am Fagradalsfjall sahen. So richtig anschließen kann ich mich dieser Meinung allerdings nicht.

Unklar ist auch die Situation am Fagradalsfjall. Wie ich bereits in einem früheren Update schrieb, wurde gestern Nachmittag an vielen Stationen östlich des magmatischen Gangs eine signifikante Bodenhebung detektiert. Die Messwerte von heute bestätigen dies. Bis jetzt blieben sie von den IMO-Experten unkommentiert.

Neue Radarmessungen zeigen, dass sich durch die Intrusion eine grabenartige Struktur gebildet hat, die einmal quer durch Grindavik zieht. Entlang dieser Struktur hat sich der Boden um gut 1 m verschoben.

Island: Bebentätigkeit weiterhin hoch – News vom 13.11.23

Bebentätigkeit auf Reykjanes weiterhin hoch – Bodenhebung verlagerte sich Richtung Fagradalsfjall

Die Seismizität unter der isländischen Halbinsel Reykjanes ist weiterhin hoch. In den ersten sechs Tagesstunden registrierte IMO gut 500 schwache Erschütterungen mit Magnituden unter drei. Gegenüber dem Vortag hat die Seismizität leicht abgenommen. Die meisten Erschütterungen ereignen sich entlang des magmatischen Gangs. Es werden aber auch Erdbeben offshore am Reykjanes-Ridge bei der Insel Eldey festgestellt.

Neue GPS-Daten aus dem Bereich Grindavik stehen aus, aber gestern Abend wurden Messungen anderer Stationen veröffentlicht, die vor allem im Bereich des Fagradalsfjall erstaunliche Bodenhebungen von bis zu 20 cm zeigten. Unklar ist, ob es sich hierbei um Auswirkungen des magmatischen Gangs weiter westlich handelt, oder ob sich hier weiteres Magma akkumulierte. Auch Messfehler wären denkbar. Die nächsten Messungen werden ein Stück Klarheit schaffen.

Nach wie vor ist eine Eruption entlang des Gangs sehr wahrscheinlich. Die Vulkanologen rechnen aber mittlerweile eher mit einem Ausbruch innerhalb der nächsten Tage als in den nächsten Stunden. Man sammelt neue Daten für eine Neubewertung der Situation.

Inzwischen durften Bewohner von Þórkötlustaðahverfi im östlichen Teil von Grindavík zu ihren Häusern kurzzeitig zurückkehren, um ihre Sachen zu bergen und Haustiere einzusammeln. Die Menschen müssen sich darauf einstellen, länger nicht mehr in ihre Häuser zurückzukehren, selbst wenn ein Vulkanausbruch erst einmal ausbleiben sollte. Es dauert Monate bis Jahre, bis der Dyke soweit abgekühlt ist, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Was bleibt, sind die strukturellen Schäden der Stadt. Diese sind größer als zunächst angenommen: Durch Erdbeben und Intrusion bildete sich ein Riss in der Erdkruste, der quer durch die Stadt verläuft. Dabei machte er vor Straßen, Leitungen und Gebäuden keinen Halt. Man muss sich die Frage stellen, ob Grindavik nicht aufgegeben werden muss.

Die Ereignisse zeigen auch, dass es auf Reykajnes praktisch keinen dauerhaft sicheren Platz für eine Siedlung gibt. Letztendlich ist die gesamte Halbinsel vulkanischen Ursprungs und tektonisch äußerst aktiv: sie liegt auf einem Teil des Mittelatlantischen Rückens, der sich in Form des Reykjanes-Ridge aus dem Ozean erhebt und von West nach Ost die Halbinsel quert.

Schon zu Beginn der Tätigkeit in 2021 haben Forscher darüber spekuliert, dass man auf der Reykjanes-Halbinsel mit mehreren Dekaden vulkansicher und tektonischer Unruhe rechnen muss. Offenbar könnte die Aktivitätsphase sehr heftig werden. Was noch passieren könnte, ist absolut unkalkulierbar. Für Island ein schwerer Schlag. Zogen die ersten drei Eruptionen am Fagradalsfjall noch viele Touristen an, könnte eine gefährlichere Aktivität, von der auch der internationale Flughafen betroffen werden könnte, Touristen dauerhaft vergraulen. Mal abgesehen von enormen Schäden, die an der Infrastruktur drohen und unter denen die Einheimischen am meisten leiden werden.

Klyuchevskoy eruptierte Aschewolken – News vom 13.11.23

Staat: Russland | Koordinaten: 56.055, 160.643 | Aktivität: Fumarolisch

Klyuchveskoy eruptierte gestern Aschewolken – Heute gibt es aufgewirbelte Asche zum Nachtisch

Außer am Ätna und bei Grindavik gibt es auch noch andere vulkanische Aktivität, über die es sich lohnt, kurz zu berichten. Einer der weltweit interessantesten Vulkanspots findet sich auf der russischen Halbinsel Kamtschatka, wo derzeit 3 Vulkane aktiv sind. Der aktivste dieser Vulkane ist der Klyuchevskoy, der zugleich der höchste eruptierende Vulkan Eurasiens ist. Hier gab es gestern weitere Eruptionen, in deren Zuge Vulkanasche bis auf 5700 m Höhe aufstieg. Das Wetter war in den letzten Tagen schlecht. So ist nicht dokumentiert, ob die Lavaströme weiterhin aktiv sind. Heute Morgen wird vom VAAC auch eine Aschewolke detektiert, doch diese stammt nicht von einem aktuellen Vulkanausbruch, sondern es handelt sich um vom Wind aufgewirbelte Vulkanasche. Sie wird 65 km weit in Richtung Osten geweht. Eine kurze Notiz bei KVERT erwähnt eine thermische Anomalie. Welcher Größenordnung beliebt unbekannt. Auf dem letzten wolkenfreien Satellitenfoto vom 10. November waren keine Lavastrom-Thermalspuren mehr zu sehen gewesen. Trotzdem gilt gelber Alarm für den Flugverkehr, da es erneut zu Ascheeruptionen kommen kann.

Ebenfalls auf Alarmstufe „Gelb“ steht der Bezymianny, der nur wenige Kilometer südöstlich vom Klyuchevskoy liegt. Mit weiteren Vulkanen bilden sie eine Vulkangruppe in Zentralkamtschatka. Der Bezymianny verfügt über einen Lavadom im Gipfelkrater. Er ist fumarolisch aktiv, und gelegentlich gehen glühende Schuttlawinen ab, die davon zeugen, dass der Lavadom aktiv ist und mit frischer Schmelze versorgt wird.

Bei KVERT wird auch erwähnt, dass der benachbarte Shiveluch weiterhin extrusiv-effusiv aktiv ist und an seinem Lavadom im Krater des jungen Shiveluch baut. Es wird eine intensive Entgasungsaktivität beobachtet, und gelegentlich werden Thermalanomalien gemessen. Die Vulkanologen warnen vor der Gefahr plötzlicher Explosionen, die Vulkanasche in Höhen aufsteigen lassen könnten, wo der Gesteinsstaub eine Gefahr für den Flugverkehr darstellt. Der Alarmstatus steht hier auf „Orange“.

Südlich von Kamtschatka beginnt der vulkanische Inselbogen der Kurilen. Auf Paramushir-Island ist der Ebeko weiterhin aktiv und eruptiert sporadisch Aschewolken. Die letzten VONA-Warnungen gab es allerdings bereits am 31. Oktober. Dennoch steht der Vulkan bei KVERT auf Warnstufe „Orange“. Es kann sein, dass aufgrund der Bewölkung nicht alle Eruptionen detektiert werden.
Zusammenfassung:

  • Am Klyuchevskoy gab es gestern eine Ascheeruption
  • Der Bezymianny baut an seinem Lavadom
  • Der Schiveluch ist extrusiv und effusiv aktiv
  • Am Ebeko kann es sporadische Explosionen geben