Erdbeben bei den Vulkanen Thorbjörn und Skjaldbreiður
Heute Nacht gab es einen weiteren Erdbebenschwarm unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel. IMO detektierte 103 Erschütterungen, die sich an verschiedenen Lokalitäten ereigneten. Einige Beben wurden nahe den Vulkanen Fagradalsfjall und Keilir festgestellt. Die Mehrzahl der Erdbeben manifestierte sich allerdings in einem Bereich, der 4 bis 5 km nördlich von Grindavik lag. Dort befindet sich der Thorbjörn-Vulkan, von dessen Gipfel man prima die Blaue Lagune sehen kann. Dieser Vulkan ist dem regelmäßigen Vnet-Leser kein Unbekannter, denn dort ereigneten sich in den letzten 3 Jahren oft Erdbebenschwärme, die man als Vorbereitung der Eruptionen am Fagradalsfjall ansehen kann. Viele dieser Erdbebenschwärme gingen mit Bodenhebungen einher, bevor sie dann Richtung Fagradalsfjall switchten. Aktuell geben die GPS-Daten aber diesbezüglich nichts her. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass die Beben Indikatoren für weitere vulkanische Tätigkeit auf Reykjanes sind, die bestimmt nur noch einige Monate auf sich warten lassen wird.
Weitere Erdbeben, die mit dem Vulkanismus auf Island in Zusammenhang stehen, manifestierten sich in den letzten Tagen am Schildvulkan Skjaldbreiður, der zum Langjökull-Vulkansystem gehört. Die erhöhte Seismizität hier begann im Juni dieses Jahres. Seitdem gab es mehr als 800 Erschütterungen und der isländische Professor Þorvaldur Þórðarson hält es für möglich, dass sich dort ein Vulkanausbruch zusammenbraut. Das stärkste Erdbeben der letzten Tage hatte eine (automatisch ermittelte und noch nicht bestätigte) Magnitude von 3,6 und ein Hypozentrum in 2,9 km Tiefe. Die Region um den Skjaldbreiðu sah in den letzten zehntausend Jahren 26 Eruptionen, was im isländischen Vergleich nicht viel ist. Dafür waren die Eruptionen stärker, als etwa auf Reykjanes. Das Vulkangebiet, zu dem Skjaldbreiður gehört, liegt auf einem 120 km langen Spaltensystem, das sich von Thingvellir bis unter den Langjökull erstreckt. Auch das Haukadalur mit den bekannten Geysiren Strokkur und dem Großen Geysir gehören zu diesem System.
Þorvaldur Þórðarson wurde wieder in einem Zeitungsartikel von MBL zitiert und der Vulkanologe gibt zu bedenken, dass es nicht klar ist, ob es einen Zusammenhang zwischen der neuen Aktivität auf der Reykjanes-Halbinsel und dem angrenzenden Gebiet um dem Skjaldbreiður gibt. Der Island-Mantelplume wäre stark genug um beide Vulkane gleichzeitig mit Schmelze zu versorgen.
Datum 19.09.23 | Zeit: 21:14:50 UTC | Lokation: -43.706 ; 171.118 | Tiefe: 12 km | Mw 5,6
Gestern Abend wurde die neuseeländische Südinsel von einem Erdbeben der Magnitude 5,6 erschüttert. Das Hypozentrum wurde in 12 km Tiefe festgestellt. Das Epizentrum lag 53 km west-nordwestlich von Tinwald, nahe der Inselmitte. Diese Werte stammen vom EMSC. Das neuseeländische GNS ermittelte eine andere Magnitude. Zuerst wurde mitgeteilt, dass der Erdstoß eine Magnitude von 6,2 hätte. Dieser Wert wurde dann auf M 6,0 herabgestuft. Demnach wäre das Erdbeben bereits unter der Kategorie „stark“ einzustufen. Unklar ist, welcher Magnitudenskala man sich bediente. Auf unterschiedlichen Skalen kann ein Erdbeben unterschiedlich stark ausfallen. Im Gegensatz zu vielen Medien ist heute nicht die Lokalmagnitude der Richterskala die meist benutzte Magnituden-Skala, sondern die Moment-Magnitude Mw. Oft werden auch Raumwellen-Magnituden Mb verwendet.
Das Erdbeben wurde in einem großen Umkreis gespürt und dem neuseeländischen GNS liegen mehr als 15.000 Wahrnehmungsmeldungen vor. Größere Schäden wurden nicht gemeldet, daher ist es wahrscheinlich, dass der niedrigere Magnituden-Wert korrekt ist.
Der Erdstoß weckt unangenehme Erinnerungen an das katastrophale Christchurch-Beben von 2011. Diese Beben hatte eine Magnitude von 6,3 und richtete im historischen Stadtkern große Schäden an. 185 Personen starben. Es gab eine lang anhaltende Phase mit Nachbeben und man spekulierte bereits über den sich anbahnenden Vulkanausbruch eines bislang inaktiven Feuerbergs. Christchurch liegt 123 km vom aktuellen Epizentrum entfernt.
Zur tektonischen Situation schreibt das GNS, dass die betroffene Störungszone in Zeiten vor der Besiedlung durch Europäer bereits für Erdbeben mit Magnituden größer 5 verantwortlich gewesen sein soll. Die große Alpine-Fault, die einmal quer durch die Insel verläuft, liegt 70 km vom Epizentrum entfernt. Bei der Alpine-Fault handelt es sich im Prinzip um die Plattengrenze zwischen der Australischen- und der Pazifischen Platte. Die neuseeländische Südinsel liegt größtenteils auf der Pazifischen Platte. Die Störungszone ist offshore als Subduktionszone angelegt, bildet entlang der Südinsel aber eine Blattverschiebung und gleicht insofern der bekannten San-Andreas-Fault in den USA.
Domvulkan Santiaguito fördert Asche bis auf 4700 m Höhe
Der guatemaltekische Domvulkan Santiaguito ist in den letzten Tagen überdurchschnittlich häufig mit VONA-Meldungen beim VAAC Washington vertreten. In den Meldungen heißt es, dass Aschewolken detektiert werden, die bis auf eine Höhe von 4700 m aufsteigen. Der Wind verfrachtet die Asche momentan gen Westen. In Ortschaften am Fuß des Vulkans kann es zu Ascheniederschlag kommen.
Laut den täglichen Updates von INSIVUMEH steigt Vulkanasche bis zu 900 m über Domhöhe auf. Der Dom ist aktiv und wird von frisch aufsteigendem Magma mit Lava gespeist. Auf der Süd- und Südwestflanke sind zähe Lavaströme unterwegs. Sie hinterlassen auf Satellitenfotos im Infrarotbereich Wärmesignaturen. Aktuell detektiert MIROVA eine moderate Wärmestrahlung mit einer Leistung von 23 MW. Auf den Bildern der letzten Wochen kann man allerdings keine Wärmesignatur mehr am Lavastrom jenseits der Flanke erkennen. Dieser war im Frühjahr noch bis in die Vegetationszone hinein aktiv gewesen. Vom Dom und den Lavaströmen gehen Schuttlawinen ab und die Forscher weisen darauf hin, dass es jeder Zeit zu Kollapsereignissen kommen könnte, bei denen pyroklastische Dichteströme entstehen. Sie stellen eine ernste Gefahr für Menschen in Vulkannähe dar. Ebenso sieht es mit Laharen aus, die dann generiert werden, wenn es zu starken Regenfällen kommt, die die abgelagerte Asche auf den Vulkanflanken mobilisiert.
In Mittel- und Südamerika ist nicht nur der Santiaguito aktiv. Heute gibt es auch VONA-Meldungen von vielen weiteren aktiven Vulkanen in der Region, über die ich hier in den letzten Monaten berichtete. Dazu zählen der Fuego in Guatemala, der Popocatepetl in Mexiko, der Nevado del Ruiz in Kolumbien, sowie Reventador und Sangay in Ecuador. Nur der Cotopaxi bleibt still. Dieser scheint wieder eingeschlafen zu sein.
Weitere Studien legen einen klimatischen Effekt der Hunga Tonga-Hunga Ha’apai Eruption nahe
Dass dieser Sommer auf der Nordhalbkugel der wärmste seit Beginn der meteorologischen Aufzeichnungen ist, ist keine Neuigkeit mehr. Auch die vielen Schlagzeilen generierenden klimabedingten Naturkatastrophen nehmen wir inzwischen fast als alltäglich wahr. Die Ursachen für die Klimaerwärmung scheinen schnell gefunden zu sein: Zu den üblichen Verdächtigen gehören der anthropogen verursachte Klimawandel und das Klimaphänomen El Niño, das in immer kürzeren Intervallen auftritt. Doch schon öfter habe ich in meinen Berichten darüber spekuliert, dass es einen weiteren Schuldigen geben könnte, der bei Wissenschaftlern bereits im letzten Jahr in Verdacht geriet: Gemeint ist der submarine Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai, der im Winter 2021 zu eruptieren begann und im Januar 2022 eine der gewaltigsten Eruptionen der letzten Jahrhunderte auslöste. Der Ausbruch förderte nicht nur Vulkanasche bis auf 57 km Höhe, sondern auch erhebliche Mengen an Schwefeldioxid und Wasserdampf. Während Schwefeldioxid-Aerosole normalerweise für eine Abkühlung der Atmosphäre verantwortlich gemacht werden, stellt Wasserdampf ein potentes Treibhausgas dar, und davon schleuderte der Hunga Tonga-Hunga Ha’apai bisher nie nachgewiesene Mengen in die Luft. Forschungen bestätigen, dass es 150 Millionen Tonnen Wasserdampf waren, die vom submarinen Vulkan in die Atmosphäre eingebracht wurden. Das entspricht etwa einem Zehntel der üblicherweise in der Atmosphäre vorhandenen Wassermenge.
Während es im vergangenen Jahr noch überwiegend Spekulationen über die Auswirkungen dieser zusätzlichen Wasserdampfmenge in der Luft gab, gehen mittlerweile anerkannte Klimaforscher davon aus, dass der Vulkanausbruch im fernen Tonga den anthropogen verursachten Klimawandel weiter angeheizt hat, auch wenn das genaue Ausmaß des zusätzlichen Aufheizungseffekts noch nicht ermittelt werden kann. Ein Problem, dem sich Forscher gegenübersehen, liegt darin begründet, dass neben dem Wasserdampf auch 500.000 Tonnen Schwefeldioxid in die Luft freigesetzt wurden. Schwefeldioxid bildet Aerosole, die in der Stratosphäre das Sonnenlicht blocken und Wärmestrahlung zurück ins Weltall schicken. Daher haben sie eine abkühlende Wirkung auf die Erdatmosphäre. Wie sich die beiden entgegengesetzt wirkenden Gase in der Stratosphäre verhalten und welcher Effekt überwiegt – der abkühlende Effekt der Schwefel-Aerosole oder der Aufheizungseffekt des Wasserdampfs – wird unter Forschern noch kontrovers diskutiert. Einige Modellrechnungen zeigten, dass sich die Lufthülle der Erde um einige Zehntel Grad abkühlen könnte, während andere Modelle errechneten, dass es zu einer Erwärmung kommen könnte, die sogar die magische 1,5 Grad Marke des Pariser Abkommens sprengen könnte. Ausgehend von den bereits erreichten 1,3 Grad Erwärmung.
Gewiss ist, dass große Vulkanausbrüche normalerweise deutlich mehr Schwefeldioxid als Wasserdampf emittieren, was sich heute noch in den Klimaarchiven arktischer Eisbohrkernen nachweisen lässt. So konnte nachgewiesen werden, dass es in den letzten 2.500 Jahren 8 Vulkanausbrüche gab, die das Klima abkühlten. Einige dieser Abkühlungsphasen waren so stark, dass sie zu kleinen Kaltzeiten führten, wie es etwa im Mittelalter geschehen ist. Bislang konnte nicht nachgewiesen werden, dass es früher bereits Eruptionen vergleichbar mit der in Tonga gab, die das Klima erwärmten. Dies ist auf die Schwierigkeit zurückzuführen, zusätzliches Wasser in der Atmosphäre in den Klimaarchiven der Eisbohrkernen nachzuweisen. Es ist also denkbar, dass auch ungewöhnlich warme Klimaperioden der letzten Jahrtausende auf Vulkanausbrüche zurückzuführen sein könnten. Hier hat die Forschung noch einiges zu tun. Davon überzeugt sind mehrere Wissenschaftler, die vom IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) fordern, mehr für die Erforschung der klimatischen Auswirkungen von Vulkanen zu tun.
In einem Artikel der Jakarta Post wird Peter Thorne, Professor für Klimawissenschaften an der Maynooth University in Irland zitiert. Er sagte, dass die Eruption des Tonga-Vulkans ein bedeutender Joker für die Forschung sei, den man so noch nie zuvor gesehen habe. Mit Luis Millan, Wissenschaftler am Jet Propulsion Laboratory der NASA am California Institute of Technology, wird ein weiterer namhafter Wissenschaftler erwähnt. Er meinte, „dies ist der erste Vulkan in den Beobachtungsaufzeichnungen, der die Oberfläche eher erwärmen als abkühlen könnte. Vorläufige Studien deuten darauf hin, dass die Wasserfahne in der Stratosphäre bis zu etwa acht Jahre überdauern könnte.“
Ob die vielen Starkregenereignisse, die in diesem Jahr zahlreiche Überschwemmungen verursachten, direkt durch die zusätzlichen Wassermassen, die der Vulkanausbruch in die Atmosphäre einbrachte, verursacht werden, oder ob sie der überdurchschnittlich starken Erwärmung der Ozeane und damit einhergehender erhöhter Verdunstung geschuldet sind, geht aus den Statements der Wissenschaftler nicht hervor. Da sich der Großteil des Wasserdampfes in der Stratosphäre befindet, könnte es für ein Abregnen noch zu früh sein.