Erdbeben-News 08.04.22: Island

  • Auf Island bebte es 256 Mal
  • Die Erdbeben manifestierten sich entlang der divergenten Plattengrenzen
  • Es waren Vulkangebiete betroffen

Auf Island ist erdbebentechnisch gesehen heute einiges los! In den letzten 48 Stunden registrierte IMO 256 Erschütterungen unter der gesamten Insel. Die Beben verteilen sich überwiegend in 4 Zonen entlang der großen divergenten Störungszonen, die die Insel von Südwest nach Nordost durchziehen.

Die meisten Beben wurden im Bereich der Reykjanes-Halbinsel festgestellt. Hier detektierte IMO 133 Beben. Die Erschütterungen waren überwiegend sehr schwach und hatten Magnituden kleiner als 1. Zudem lagen die Hypozentren flach. Sie manifestierten sich in der Gegend von Grindavik und dort schwerpunktmäßig am Fagradalsfjall und Krýsuvík. Vereinzelte Beben gibt es auch in Südisland, genauer, im Bereich von Hekla.

Der zweite Bebenspot befindet sich bei den großen Vulkansystemen unter dem Vatnajökull und zieht sich bis zur Askja. In diesem Areal registrierten die Seismometer 30 Erdbeben. Grimsvötn-Grimsfjall und Bardarbunga wurden genauso erschüttert wie die Askja. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 1,9 und ein Hypozentrum in 4 km Tiefe.

Ein weiterer Erdbebencluster suchte die Tjörnes-Fracture-Zone (TFZ) in Nordisland heim. 67 Erdbeben wurden detektiert. Die Meisten ereigneten sich einige Kilometer nordöstlich der Insel Grimsey. Dort gibt es submarinen Vulkanismus.

Interpretationsversuch der Erdbeben auf Island

Inwieweit die Erdbeben tektonischer Natur waren, und ob es auch vulkanotektonische Erschütterungen gab, lässt sich mit den mir zur Verfügung stehenden Daten nicht sagen. Die sehr flach gelegenen Erdbeben auf Reykjanes könnten Setzungserdbeben entlang des Magmatischen Gangs sein, allerdings gab es auch Beben, die sich nicht am Dyke ereigneten. Diese Mikrobeben könnten infolge von Fluidbewegungen entstanden sein. Auf der anderen Seite ist praktisch jedes Spaltensystem der Region betroffen, so dass tektonische Erdbeben ebenfalls möglich sind.

Eine Interpretation des Geschehens im Bereich vom Vatnajökull ist ebenfalls nicht einfach. Zwar ist ein aktives Vulkangebiet betroffen, aber ich gehe ehr von tektonischen Erschütterungen aus, wobei eine klare Abgrenzung nicht möglich ist, denn auch tektonische Erdbeben können indirekt durch Magmenintrusion ausgelöst werden.

Die Erdbeben entlang der TFZ halte ich auch für tektonischen Ursprungs. Schwarmbeben, die mit Magmenintrusion assoziiert sind, sind dort für gewöhnlich weitaus intensiver. Alles in allem sieht es so aus, als würde die Divergenz entlang der Störungszonen zuschlagen und sich Europa und Nordamerika weiter voneinander entfernen.

Wandan-Schlammvulkan in Taiwan ausgebrochen

Eine Meldung aus Taiwan betrifft den Schlammvulkan Wandan.

Zusammenfassung:

  • In Taiwan brach der Schlammvulkan Wandan aus
  • Er eruptierte direkt an einer Gebäudemauer
  • Vor- und Nach der Eruption gab es Erdbeben

In Taiwan ist der Schlammvulkan Wandan ausgebrochen. Laut des Nachrichtensenders CNA, manifestierte sich die Eruption am Freitagmorgen, in der Nähe eines Tempels in der Gemeinde Wandan. Der Ort ist Namensgeber für den Schlammvulkan und liegt im Bezirk Pingtung. Dieser befindet sich im Südwesten Taiwans, ein gutes Stück von den Vulkangebieten im Norden entfernt. Tatsächlich steht der Schlammvulkan auch nicht in Verbindung mit dem Vulkanismus, sondern in Zusammenhang mit einem Methangasvorkommen. Der Wandan Schlammvulkan ist wohlbekannt und eruptiert periodisch. allerdings wandert sein Eruptionszentrum, ähnlich, wie man es vom Niland-Geysir am Salton See her kennt.

Zuletzt gab es in Wandan am 21. Oktober 2021 eine Schlammeruption. Der Schlammvulkan bricht in der Regel ein- bis dreimal pro Jahr aus. Normalerweise wird versucht, das freigesetzte Methangas abzufackeln, damit es sich nicht in senken sammeln kann und um die Explosionsgefahr zu vermindern. Da es diesmal in der Nähe des Tempels austrat, wurde darauf verzichtet. Auf den Fotos ist zu erkennen, dass der Schlammvulkan direkt an einer Gebäudemauer ausbrach. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um den Tempel.

Der Wandan-Schlammvulkan eruptierte seinen Schlamm mehrere Meter hoch, ungefähr bis auf Höhe des ersten Stockwerks des Gebäudes. Der Schlamm spritzte auf Straßen und überflutete Felder. Es wurden Bagger geordert, die Entwässerungsgräben ziehen sollen.

Beeinflussen Erdbeben das Geschehen am Wandan-Schlammvulkan?

Interessanterweise ereignete sich kurz nach der Eruption ein Erdbeben der Magnitude 5,7, das die Region um die Südspitze Taiwans erschütterte. Besorgte Bürger fragten nach einem Zusammenhang zwischen Eruption und Erdbeben. Chen Kuo-Chang, Direktor des Seismologischen Amtes Taiwans dementierte einen Zusammenhang. Chen sagte, das Erdbeben habe sich in den Gewässern 30 Kilometer vor der Küste von Eluanbi, dem südlichsten Punkt Taiwans, mehr als 100 Kilometer von Wannei entfernt, ereignet und sei durch das Absinken und die Kompression der tektonischen Platten in der Nähe des unterseeischen Pingtung-Rückens ausgelöst worden. Interessant ist aber, dass es am 4. April ein Erdbeben M 4,6 gab, dass sich in nur 40 km Entfernung zum Schlammvulkan zutrug. Ich halte es für durchaus möglich, dass es einen Zusammenhang zwischen den tektonischen Prozesse der Region, und den Eruptionen des Schlammvulkans gibt: Erdbeben könnten Druck auf das Gasreservoire verursachen und die Freisetzung des Methans triggern. Wissenschaftlich bewiesen ist diese Theorie nicht.

Campi Flegrei: Auch das Meer verfärbt sich

Staat: Italien | Koordinaten: 40.826, 14.138 | Eruption: Fumarolisch

Heute steht der italienische Calderavulkan Campi Flegrei (Phlegräische Felder) wieder im Mittelpunkt meiner Berichterstattung. Grund sind weitere Erdbeben und verfärbtes Meerwasser.

Zusammenfassung:

  • Vor der Küste von Pozzuoli verfärbte sich das Wasser
  • Grund hierfür dürfte eine Algenblüte sein
  • Die Seismizität ist weiter erhöht
  • Auch bei Vulcano gab es weitere Mikroseismik

Von der Campi Flegrei und dem Golf von Pozzuoli gibt es weitere beunruhigende Nachrichten: Nachdem sich das Wasser im Kratersee d’Averno rötlich verfärbte, wurden nun Videoaufnahmen gepostet, die eine Verfärbung des Meerwassers an der Küste dokumentieren. Die Rotfärbung des Lago d’Averno kommt durch eine Algenblüte zustande. Das geschieht meistens im Winter, wenn es zu einer Umschichtung des Wassers kommt: in der Tiefe wird es wärmer, als an der Oberfläche und die Algen steigen auf und fangen an sich zu vermehren. Die Aufregung bei den Anwohnern der Region ist entsprechend groß. Viele Menschen stellen sich die Frage, ob es nicht doch einen Zusammenhang mit dem Vulkanismus und Bradyseismos gibt. In den Sozialen Medien wird gefragt, ob sich der Meeresboden vielleicht so weit aufgeheizt haben könnte, dass es dadurch zur Algenblüte kam. Nach wie vor lässt sich diese Frage nicht beantworten. Der Poster des Videos schreibt in einem Kommentar, dass er eine Algenblüte im Meer noch nie gesehen hätte. Algenblüten sind im Mittelmeer schon bekannt, allerdings meistens im Sommer, wenn die Wassertemperaturen ungewöhnlich hoch sind. Von daher sind die Sorgen der Anwohner -meiner Meinung nach- nicht ganz unbegründet. Einen wissenschaftlichen Beweis eines Zusammenhangs, zwischen Algenblüte und einer möglichen vulkanisch bedingten Aufheizung des Meeresbodens, gibt es bislang nicht. Dennoch wäre es denkbar, dass eine verstärkte fumarolische Aktivität das Meereswasser nicht nur erwärmt, sondern auch Nährstoffe einbringt, die eine Algenblüte begünstigen.

Weitere Erdbeben in der Campi Flegrei

Wissenschaftlich belegt ist es hingegen, dass die Seismizität der Campi Flegrei erhöht ist. Seit gestern wurden 16 neue Beben festgestellt. Das Stärkste hatte eine Magnitude von 1,9 und ein Hypozentrum in 1,9 km Tiefe. damit befand es sich im Bereich des Hydrothermalsystems.  Das Epizentrum wurde einige Meter südlich des Solfatara-Kraters lokalisiert. Es gab weitere Beben mit Magnituden über 1. Sie manifestierten sich alle im Randbereich der Solfatara.

Vulcano mit weiteren Erschütterungen

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass nicht nur die Campi Flegrei unruhig ist, sondern auch die Lipareninsel Vulcano. Beide Regionen sind nicht allzu weit voneinander entfernt und sind über tektonische Prozesse miteinander verbunden. Hier gab es in der Region der Meerenge zu Lipari weitere Mikrobeben. Bis jetzt ist unklar, ob sie vulkanischen Ursprungs sind, oder tektonischer Art. Ich bin auf jeden Fall sehr auf den nächsten INGV-Wochenbericht gespannt, den wir am Dienstag erwarten können.