In den Vulkanen Sumatras tritt uns einer der großen Vulkankomplexe Indonesiens entgegen. Der Gunung Kerinci ist mit 3.805 Metern Indonesiens höchster Vulkan. Er überragt die ihn umgebenden Teefelder der Kayu Aro- Hochebene um 2.400 bis 3.000 Meter.
Das 13 x 25 Kilometer breite Massiv bildet den nordwestlichen Abschluß des über 40 Kilometer langen Kerincitals. Der junge, vegatationslose Gipfel des Kerinci bedeckt die Reste eines südwestlich vom heutigen aktiven Krater liegenden älteren, kaum noch sichtbaren Kraters.
Geographischer Überblick Kerinci
Sumatra ist die westlichste der großen Inseln des indonesischen Archipels und mit 473.482 Km² die sechstgrößte Insel der Erde. Sie erstreckt sich von NNW nach SSO über eine Distanz von 1.760 Kilometer. Der Äquator teilt die maximal 400 Kilometer breite Insel fast genau in der Mitte.Bereits beim Blick auf die Landkarte fallen zwei voneinander relativ deutlich trennbare geographische Einheiten auf: ein sich von NNW nach SSO über eine Entfernung von 1.370 Kilometern stets verbreitender Tieflandgürtel, und das ebenfalls NNW-SSO streichende Faltengebirge Bukit Barisan, das 93 Vulkane enthält, von denen 15 historische Aktivität aufweisen. Zwischen diese geographischen Einheiten ist eine schmale Hügelzone eingeschaltet.
Erwähnenswert sind ferner die an postmesozoische Sedimente gebundenen Erdölvorkommen der Ostküste, die einen wichtigen Wirtschaftsfaktor der Insel darstellen.
Der Westküste Sumatras ist eine schmale Inselkette nichtvulkanischen Ursprungs vorgelagert. Sie bildet die Reste eines weitgehend versunkenen und von der See erodierten Gebirgszuges. Die Inseln selbst sind Lebensraum teils archaischer Kulturen. Jene der Insel Nias ist weltbekannt.
Das Barisangebirge erscheint als typisches Küstengebirge. Es erhebt sich unvermittelt aus der Ebene auf 2.000 Meter ü.d.M., seine höchste Erhebungen übersteigen die 3.000-Metergrenze recht deutlich. Im Süden und in der Mitte Sumatras sind die wichtigsten Erhebungen des Gebirges vulkanischen Ursprungs.
In der nördlichsten Provinz Sumatras, Aceh, nimmt das Gebirge nahezu das gesamte Inselterritorium ein und ist von einer deutlich komplexeren Morphologie und einem geologisch vielfältigeren Aufbau gekennzeichnet als der Süden. Neben Vulkanen finden sich hier auch große, nicht-vulkanische Gebirgsmassive, zu denen der aus tertiären Sedimenten aufgebaute Gunung Leuser (3.381 m) gehört.
Seinen Namen erhielt Sumatra von dem mittelalterlichen Hafen Samudra (Sanskrit: Meer), der sich vermutlich nahe des heutigen Lhokseumawe in der Provinz Aceh befunden hat.
Der Kerinci-Seblat-Nationalpark ist mit rund 15.000 Km² Sumatras größter Nationalpark und erstreckt sich auf einem etwa 345 Km langen Abschnitt Bukit Barisan Gebirges. Der weitaus größte Teil des Parks liegt in der Provinz Jambi. Benannt wurde er nach den Vulkanen Kerinci und Seblat.
Bemerkenswert ist die noch weitgehend intakte Flora und Fauna des Parks. Dichter Bergregenwald bedeckt die Hänge fast aller Berge, und die Rufe der Siamang begegnen dem Wanderer auf jeder Tour.Auch größere Säugetiere wie Tapire und Großkatzenarten (Tiger ?) sind vertreten. Selbst der geheimnisvolle Orang Pendek (dt. = kurzer Mensch), ein Hominid, halb Mensch, halb Affe, soll hier schon beobachtet worden sein. Trifft man Einheimische und fragt sie nach dem "Pendek", werden bei einer Zigarette die abenteuerlichsten Geschichten über Begegnungen mit diesem erzählt.
Der Kerinci ist auch unter den Lokalnamen Gadang, Berapi Kurinci, Korinci und Peak of Indrapura bekannt.
Tektonik der Insel Sumatra
Sumatra ist Bestandteil der kontinental geprägten Sundaplatte. Der Sundabogen, zu dem Sumatra gehört, stellt sich als NE-gerichtete Subduktionszone an der Plattengrenze zwischen der Sundalandplatte, der Indisch-Australischen Platte und der Burmaplatte dar.Die komplexen tektonischen Verhältnisse der Insel finden in einem vielfältigen geologischen Aufbau ihre Entsprechung.
Das zentrale Störungssystem Sumatras, der Semangko Graben (auch als Sumatra Fault System (SFS) bezeichnet) durchläuft die gesamte Insel und tritt im Allas-Valley in Nordsumatra besonders markant zu Tage.
Charakteristisch sind langgezogene, den Semangko-Graben radial schneidende Quertäler, an deren Störungszentren Vulkanismus und Erdbebentätigkeit gebunden sind.
Da das Subduktionssystem des westlichen Sundabogens, zu dem Sumatra gehört, von kontinentaler Lithosphäre (CHESNER & ROSE, 1991) und einem verhältnismäßig flachen Subduktionswinkel geprägt ist, weichen die auf Sumatra anzutreffenden vulkanischen Förderprodukte z.T. recht deutlich vom basaltischen Grundhabitus der Inselbogensubduktion ab. (vgl. SCHMINCKE, 2000).
Das Spektrum der geförderten Laven und Pyroklastika reicht von Basalten (Tandikat/ Singgalang) über basaltische Andesite (Marapi), Andesite (Kerinci), Dacite (Anak Krakatau) bis hin zu hoch differenzierten, sauren Förder-produkten in Gestalt der Rhyodacite und Rhyolithe des Toba-Komplexes.
Vulkanologische Übersicht Kerinci
Im quartären und holozänen Vulkanismus Sumatras läßt sich ein Zyklus mit drei deutlich voneinander unterscheidbaren Phasen der vulkanischen Aktivität unterscheiden:Vulkanische Phase I:
Diese Phase fand im Miozän und Pliozän (d.h. im Zeitraum von vor 23 Mio. Jahren und 5 Mio. Jahren) statt. Ihre Auswirkungen können anhand heutiger Geländestrukturen nur noch rudimentär rekonstruiert werden.
Vulkanische Phase II:
Diese Phase ereignete sich an der Wende zwischen Pliozän und Pleistozän (d.h. vor ca. 1,6 Mio. Jahren) und fand im Pleistozän ihre außerordentlich ungestüme Fortsetzung. Insbesondere im Bereich der Toba-Caldera kam es zuletzt vor rund 75.000 Jahren zur Förderung gewaltiger Massen von Rhyolith-Tuffen und Ignimbriten, deren Volumen auf ca. 2.800 Km³ geschätzt wird.
Vulkanische Phase III:
Dieser Phase entstammen die jungvulkanischen Bildungen der Insel, wie z.B. der Sibayak und der Sinabung bei Brastagi und Norsumatra; der Marapi bei Bukittinggi in Zentralsumatra oder die Vulkane Ranau, Kaba und Dempo in Südsumatra. Diese jüngste Phase des Sumatra-Vulkanismus dauert bis heute an (nach ERBER, 1978)
Besteigungsgeschichte des Kerinci
1878 wurde der Kerinci erstbestiegen und zwar durch den holländischen Abenteurer van Hasselt, der mit seiner Mannschaft für den Weg zum Krater und zurück eine gute Woche benötigte. Heute muß der Trail zwar nach jeder Regenzeit, die von Oktober bis März dauert, neu geschlagen werden, doch der Aufstieg zu dem einst nur schwer zugängliche Gipfel, ist von geübten Wanderern heute in ein bis zwei Tagen zu schaffen.Rezente Tätigkeit des Kerinci
Die jungvulkanische Tätigkeit des Kerinci äußert sich in zwei Hauptformen: einer milden, stetigen Dauertätigkeit und in zeitweiligen, paroxysmalen Ausbrüchen. Aufgrund der im Stadium der Daueraktivität langsamen, kontinuierlichen Gasabgabe, ist der Explosionsindex (Verhältnis des prozentualen Anteils der Lockerstoffe an dem geförderten Gesamtmaterial) des Kerinci relativ gering Da die Magmasäule meistens tief im Schlot steht, werden im Stadium der Daueraktivität die bei der Entgasung des Magmas mitgerissenen Lavafetzen nicht aus dem Krater ausgeworfen.Eine allmähliche brekkziöse Verstopfung des Schlotes tritt jedoch von Zeit zu Zeit auf und leitet zu gelegentlichen paroxysmalen Eruptionen über. Bei einem Anstieg der Magmasäule kommt es am Kerinci zu verstärkter Schlacke- und Aschewurftätigkeit. Bei den wenigen bisher beobachteten paroxysmalen Eruptionen (1934 und 1937) kam es infolge des Auswurfs des kleinen Kratersees zur Bildung von Lahars.
Historische Eruptionen des Kerinci
Phasen mit erhöhter Aktivität traten am Kerinci von 1874 - 1887, 1921 - 1938 und von 1960 - 1971 auf. Auch 1982 war ein Jahr häufigerer Aktivität. Sowohl in der Geschichte als auch heute erfolgen die phreatischen bis explosiven Eruptionen ausschließlich aus dem Zentralkrater. Eine Sonderstellung nehmen die Ausbrüche vom März 1934 und vom 08.09.1937 ein, bei denen der Kratersee aus dem Gipfelkrater ausgeworfen wurde. Die Bildung starker Lahars war die Folge. Die tief in die oberen Süd- und Südosthängen des Vulkans eingeschnittenen Rinnen künden eindrucksvoll von diesen Ereignissen.Jüngste Aktivität des Kerinci
04. Juli 1998Nach einer Ruhephase von mehreren Jahren eruptiert Kerinci relativ heftig. Hoher Gasdruck schleudert eine Eruptionswolke in eine Höhe von 800 bis 2.000 Meter über den Kraterrand.
03. November 1998
Drei Explosionen sind hörbar. Ascheregen bedeckt das Dorf Palempok. Auch am 06. November eruptiert Kerinci, jedoch schwächer.
22. bis 29. Juni 1999
Veränderungen der Gipfeltopographie durch eruptive Tätigkeit. Eine schwarze Eruptionswolke steigt 1000 Meter auf. Kontinuierliche Tremor über einen Zeitraum von mehreren Wochen. 21. Juli 1999
Dunkelbraune, 800 Meter hohe Eruptionswolke.
23. Juli 1999
Starke Aschewurftätigkeit.
28. Juli 1999
Ascheregen auf umliegendes Farmland und Dörfer. Nachlassen der Tätigkeit im August. (Alle Angaben zur rezenten Tätigkeit des Kerinci nach www.stromboli.net sowie GLOBAL VOLCANISM NETWORK der Smithsonian Institution, Washington DC, USA, Vol. 24, Nr. 6/1999 und Vol. 25, Nr. 2 und 4/2000).
Besteigung des Kerinci
a.) AnreiseEs gibt mehrere Möglichkeiten, um zum Kerinci zu gelangen. Die meisten Bergsteiger werden sicher von Norden, d.h. von Padang oder Bukittingi aus anreisen. Je nach Busgesellschaft und Jahreszeit dauert die Fahrt 6 bis 13 Stunden.
Auch die Busse sind zum Teil in abenteuerlichem Zustand - doch wer zum Vulkan will, sollte sich davon nicht abschrecken lassen.
Es gibt noch eine Südverbindung, die von Bengkulu über Sungaipenuh nach Kersik Tua führt. Diese Anreisevariante dauert jedoch noch länger, als die Fahrt von Norden.
Egal welche Strecke man wählt - nach kurzer Zeit ist man mit den Leuten, die im Bus mitfahren im Gespräch und bald wissen alle, wohin die Orang Putih ("Weiße Menschen"/ in Indonesien Synonym für westliche Traveller) wollen. Deshalb hält der Bus auch pünktlich gegen 2.00 Uhr morgens ohne weiteres Zutun wie von selbst vor "Pak Darmin`s Homestay", einer wirklichen Perle unter Sumatras Losmen. Pak Darmin, ein etwa 80 Jahre alter Javaner und seine Frau betreiben diese kleine Herberge, von deren Balkon man einen vorzüglich Ausblick zum Kerinci hat. Die Zimmer (leider gibt es davon nur drei) kosten etwa 3 $ pro Person inclusive Frühstück, das zumeist aus köstlichen Bratkartoffeln sowie Tee oder Kaffee besteht.
Da Pak Darmin, ebenso wie die meisten anderen Dorfbewohner, nur sehr wenig Englisch spricht, ist die Kenntnis eines funktionierenden Grundwortschatzes an Bahasa Indonesia in dieser Gegend recht hilfreich.
b.) Route:
Der Aufstieg zum Kerinci verläuft in zwei Hauptetappen und ist in 2-3 Tagen (Auf- und Abstieg) bequem zu schaffen. Aufgrund der über die Aktivität des Kerinci bekannten Fakten, ist die Tour als objektiv relativ sicher einzuschätzen.
Übrigens kommen am Kerinci nicht nur Vulkanfreunde auf ihre Kosten, sondern auch Ornithologen und Botaniker können mit etwas Glück interessante Beobachtungen machen. Man durchquert beim Aufstieg mehrere Vegetationszonen - vom Bergregenwald der submontanen Stufe (750 - 1.500 m) über den Bergregenwald der montanen Stufe (1.500 - 3.000 m) bis hin zum subalpinen Wald, der sich von etwa 3.000 m Seehöhe bis zur Baumgrenze erstreckt. Interessant ist die Umkleidung vieler Baumstämme mit einem dichten Filz aus Moosen und Farnen.
Der beste Platz für Vogelbeobachtungen (sogar Nashornvögel sollen schon gesichtet worden sein) befindet sich im Wald ca. 200 bis 300 Meter unterhalb des ersten Rastplatzes ("Shelter No Name"). Vom Waldrand bis dorthin benötigt man etwa 40 Minuten.
Unabhängig davon in welcher Jahreszeit man zum Kerinci reist, gilt daß das Wetter im ohnehin immer etwas regnerischen Hochland ohne Vorankündigung umzuschlagen pflegt und die Gewitter stets von äußerst heftigen Regengüssen begleitet sind. Ein eigenes Zelt und einen - nicht zu schweren - Schlafsack mitzunehmen, ist aufgrund der im Hochlager (3.000 m SH) herrschenden Nachttemperaturen, die bis auf 5° C absinken können, empfehlenswert. Man kann auf dem Markt von Bedenglapan (ca. 5 Km südlich von Kersik Tua) aber auch Decken kaufen und diese nach Abschluß der Tour verschenken. Dankbare Abnehmer finden sich garantiert!
Auch wenn die Malaria im Hochland nur eine untergeordnete Rolle spielt, darf das Risiko einer Erkrankung bei Sumatra-Reisen nicht unterschätzt werden.
Besonders im sumpfigen Tieflandgürtel der Ostküste besteht ein recht hohes Infektionsrisiko, dem mit entsprechender Prophylaxe (Zone B-Präparate) vorgebeugt werden kann.
Außerdem benötigt man für die Bergtouren robuste Wanderstiefel und strapa-zierfähige Bekleidung (lange Hose, langärmliges Hemd, Jacke). Blutegel sind uns während der Tour nicht begegnet. Während der Regenzeit soll es aber auch am Kerinci welche geben.
Vorausgesetzt man hat Glück mit dem Wetter (die Monate April bis Juli gelten als "beste Zeit"), kann man mit der Kerinci-Besteigung eine grandiose Bergtour erleben, die auch im abenteuerreichen Sumatra so schnell nicht ihresgleichen findet.
Die erste Etappe des Aufstiegs beginnt um 6.00 Uhr morgens im Dorf Kersik Tua auf 1.460 m ü.d.M. Die Entfernung vom Dorf bis zum Waldrand beträgt etwa 5 Kilometer. Um Kräfte und Zeit zu sparen, sollte man für diesen Abschnitt (Asphaltstraße) ein Fahrzeug chartern (kostet etwa 5 $).
Bereits wenige Schritte nach dem Passieren des hölzernen Eingangsportals zum "Park Nasional Kerinci-Seblat" befindet man sich im dichten Sekundärdschungel (einige Dipterocarpaceen, viele Stammkletterer und Epiphyten).
Bis zum ersten Rastplatz "Shelter No Name" auf 1.520 m geht es gemächlich dahin. Man hat genügend Muße, die Vielfalt der tropischen Gewächse zu betrachten und die einzigartige Geräuschkulisse des Urwaldes in sich aufzunehmen
Vom Rastplatz bis zum "Pondok I", das sich auf 2.200 m befindet, benötigt man weitere 2,5 Stunden. Der Pfad ist in diesem Abschnitt deutlich steiler, das Terrain unwegsamer. Mehrere, bis 2 Meter hohe, lehmige Steilstufen müssen kletternd überwunden und einige sehr niedrige, tunnelartige Röhren in der Vegetation durchkrochen werden. Dies kostet, vor allem mit geschultertem Rucksack, viel Kraft. Spätestens hier wird man dankbar an die 5 $ zurückdenken, die man für das Chartern des Fahrzeuges im Tal investiert hat...
Das Geländeprofil bleibt bis zum "Shelter II" auf 3.030 m anspruchsvoll. Der Trail ist insgesamt aufgrund des (leider) überall im Wald verstreuten Mülls nicht zu verfehlen, so daß die Mitnahme eines Führers eigentlich nicht erforderlich ist. Einen oder zwei Träger, die notfalls auch als Führer agieren, wird man jedoch brauchen, da es auf der gesamten Tour keine Wasserreservoires in Form von Quellen oder Bächen gibt. Das für die Tour benötigte Wasser muß von Kersik Tua aus mitgenommen werden.
TIP: Da das Klima am Kerinci stes verhältnismäßig kühl ist, sind zwei 1,5 Literflaschen Trinkwasser pro Person und Tag ausreichend. Zum Kochen muß ein extra Wasservorrat eingeplant werden!
Vom Dorf bis zum "Shelter II" benötigt ein normal trainierter Wanderer mit leichtem Gepäck je nach Gehtempo zwischen 5 und 6 Stunden.
"Shelter II" ist eine in den Urwald planierte Betonrampe und eigentlich, um bei der Wahrheit zu bleiben, eine wilde Müllkippe. Wer sich hierher auf den Weg macht, sollte also kein tropisches Paradies erwarten. Da der Kerinci regelmäßig von Collegeklassen bestiegen wird, kann es sogar passieren, daß man auf 3.000 Metern Höhe Zeuge einer ausgelassenen Fete wird.
Spätestens im "Shelter II" wird man spüren, daß man sich auf einem Vulkan befindet. Der als "Fallout" stets präsente Ascheniederschlag vermischt sich mit dem aus den meist vorhandenen Wolken rieselnden Nieselregen und überzieht in kürzester Zeit Haare, Hände, Gesicht und alle zum Trocknen aufgehängten Sachen mit einer dünnen Rußschicht.
TIP: Ausreichend Reservewäsche mitnehmen!
Mit Erreichen des "Shelter II" hat man die erste Etappe der Kerinci-Besteigung geschafft. Etwa 250 Höhenmeter oberhalb des Camps, an der Baumgrenze, gibt es noch einen Zeltplatz. Da dieser aber dem Wetter noch direkter ausgesetzt ist als das "Shelter II", sollte man ihn nur bei absolut sicherem Wetter als Übernachtungsbasis wählen.
Wer bis zum Kraterrand gehen möchte, sollte am nächsten Morgen spätestens gegen 4.30 Uhr starten. Bei klarem Wetter kann man von einem kleinen Plateau aus den Sonnenaufgang über dem Gunung Tujuh beobachten.
Da man den ersten Abschnitt des Zustiegs zum Krater in völliger Dunkelheit passieren muß, leistet eine Stirnlampe sowohl beim Klettern über die lehmig-nassen Steilstufen wertvolle Dienste. Vom "Shelter II" bis zur Baumgrenze benötigt man 1 bis 1,5 Stunden. Hier hat man Gelegenheit, eine erste kurze Rast einzulegen und den Sonnenaufgang zu genießen. Meistens trifft man hier sogar indonesische Bergsteiger, die es sich nicht nehmen lassen, die "Orang Putih" zum Morgenkaffee einzuladen.
Weitere anderthalb Stunden dauert der verbleibende (nicht markierte!) Aufstieg bis zum Kraterrand. Anfangs geht es durch enge, ausgewaschene Rinnen, später über Lavafelder. Obwohl die oberen Hänge des Kerinci vom Dorf aus betrachtet leicht passierbar erscheinen, ähneln sich in Wirklichkeit eher schroffen Schluchten. Der "Pfad" schwenkt oberhalb des Plateaus nach links (unter keinen Umständen zu sehr nach rechts, in Richtung der Schluchten abweichen!). Nach wenigen hundert Metern erreicht man einen mit Schlacken und Lavabrocken übersäten, nicht allzu steilen Hang, der sich von SW bis zum Kraterrand hinaufzieht.
Der eintönige Wegabschnitt über den Hang nimmt ca. eine halbe Stunde in Anspruch. Allerdings kann man schon von hier aus hat schöne Ausblicke auf die im Tal liegenden Dörfer und das Ladeh-Pajang-Hochmoor genießen.
Schließlich erreicht man nach ca. 2 Stunden Gehzeit ab Shelter 2 den Kraterrand und damit zugleich den höchsten Punkt des Kerinci, an dem eine verblichene indonesische Fahne flattert.
Der Blick in den Krater des Kerinci ist beeindruckend. Bei unserer Besteigung war der - gelegentlich vorhandenen - Kratersee nicht vorhanden (ausgetrocknet oder ausgeworfen?). Statt konnten wir uns über phänomenale Blicke auf den etwa 400 Meter tiefer liegenden, glühende Gase auswerfenden Schlot freuen. Etwa alle 30 Sekunden dröhnte ein dumpfes Zischen aus der Tiefe herauf, begleitet von den zinoberfarbenen Feuergarben der Gaswolken.
Leider beeinträchtigte starke Rauchentwicklung die Sicht in den Krater zum Teil erheblich. Da die vom Kerinci eruptierten Gase ähnlich wie bei den meisten anderen bei basaltisch bis andesitischen Vulkanen stark schwefelhaltig sind, sollte man beim Beobachten der Eruptionen vorsichtig sein und am besten eine Gasmaske tragen.
TIP: Große Vorsicht bei Annäherung von bläulich aussehenden SO² -Wolken. Da Schwefeldioxid ein starkes Atemgift ist, muß bei Vorhandesein solcher Gasansammlungen unbedingt eine Maske getragen werden.
Der teils leicht überhängende Kraterrand besteht überwiegend aus lose verbackenen Aschen. Jegliche Annäherung an den Krater darf deshalb nur mit äußerster Vorsicht erfolgen.
Vom höchstem Punkt des Kraterrandes genießt man einen phänomenalen Rundblick auf die Berge der Umgebung, einschließlich des inzwischen weit unten liegenden Gunung Tujuh, die umliegenden Dörfer und das Ladeh Panjang Hochmoor. Im Westen ist der Indische Ozean sichtbar. Eine Umrundung des Kraters ist, soweit wir das einschätzen konnten, nicht möglich.
Bereits während des Aufstieges sollte man sich einige markante Wegpassagen für den Rückweg einprägen und/ oder Steinmännchen errichten, da es ansonsten passieren kann, daß man sich in einer von den Lahars die Berghänge geschlagenen Schluchten wiederfindet.
Der gesamte Rückweg bis Kersik Tua dauert etwa 6 Stunden, wo man sich bei einem kalten Bier an den von Pak Darmin in unglaublichen Mengen aufgetischten Bratkartoffeln laben kann.
Ausrüstung und Sicherheit:
Da am Kerinci vor allem beim Abstieg vom Krater, vor allem ab dem späten Vormittag wegen der recht rasch aufziehenden Wolken Gefahr besteht, sich zu verirren (und zwar im oberen Bereich der Lavazone, ca. 200 Meter unterhalb des Gipfels), sollte man rechtzeitig für eine sichere Rückkehr Sorge tragen (Steinmännchen bauen!). Wer vorhat, bis zum Krater aufzusteigen, sollte auf einen Atemschutz nicht verzichten. Auch sind Teleskopstöcke im Bereich der Lavazone sehr hilfreich. Die Mitnahme eines eigenen Zeltes ist ebenfalls kein Fehler.Fazit Kerinci:
Weitgehend unproblematische, jedoch konditionell anspruchsvolle Vulkantour in (noch) unberührter Natur. Wer die Tour bei schönem Wetter machen kann wird mit herrlichen Ausblicken in die Umgebung und einem spektakulären Kratererlebnis belohnt. Auf- und Abstieg sind in zwei Tagen zu schaffen.Einige Schwierigkeiten bestehen beim Überklettern der vielen lehmigen Steilstufen und beim Durchkriechen einiger "Tunnels" im Dickicht der Vegetation. Sonst ist der Aufstieg einfach, aber lang (ca. 16 Km). Verpflegung für die Tour ist im Homestay von Pak Darmin erhältlich (Reis und gekochte Eier im Bananenblatt). In Kersik Tua gibt es auch einen Warung (Laden), bei dem man Wasser kaufen kann. Das Permit für die Besteigung des Vulkans ist in Kersik Tua gegen eine geringe Gebühr erhältlich.
Karten:
- Painan, 1:250.000, Bokosurtanal, Jakarta, 1986
- Sumatra, 1:1.500.000, Periplus-Travelmap, Singapore, 1995
Literatur:
CHESNER, C.A. & ROSE,W.I., 1991, Stratigraphhy of the Toba Tuffs and the evolution of the Toba Caldera Comples, Sumatra, Indonesia; Bulletin of Volcanology, 53, S.343-356ERBER, D., 1978, Vulkanismus in Nord-Sumatra; Senckenberg-Nachrichten, S.65 ff.
GLOBAL VOLCANISM NETWORK der Smithsonian Institution, Washington DC, USA, Vol. 24, Nr. 6/1999 und Vol. 25, Nr. 2 und 4/2000).
MLYNECK, LOOSE, 1996, Sumatra-Reisehandbuch, Stefan Loose-Verlag
SCMINCKE, H.U., 2000, Vulkanismus; Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, S. 102 f.
Anmerkung:
Petrologische Daten wurden zum Kerinci nach Kenntnis des Verfassers noch nicht veröffentlicht. Die Laven und Pyroklastika tragen m.E. überwiegend andesitischen bzw. latitbasaltischen Charakter. In der meist hellgrauen, fein-körnigen Grundmasse "schwimmen" z.T. magmatisch korrodierte bis 4mm große Einsprenglinge von Plagioklas, etwas grüne Hornblende sowie Pyroxene (Augit, Diopsid).
Über den Autor:
Für Jens Edelmann (36) aus Dresden sind die Vulkane längst mehr als ein Hobby. Deshalb vergeht kaum ein Tag, an dem er sich nicht mit ihnen und ihrer Aktivität beschäftigt. Sein besonderes Interesse gilt dabei den Feuerbergen Südostasiens, die er bereits im Rahmen mehrerer Reisen nach Indonesien und den Philippinen besucht hat. Weitere Aufenthalte an den Vulkanen dieses Teils des "Ring of Fire" sind geplant, Grund genug also, auf weitere Reportagen von unserem Co-Autor gespannt zu sein.Stand 2001