Expediton zum kältesten Vulkane - Eine Reportage von Christof Hug Fleck

Er ist einer der ungewöhnlichsten Vulkane der Erde: Der Ol Doinyo Lengai. Markant und mit ästhetischer Gleichmäßigkeit erhebt sich sein steiler Kegel bis in 2900 Metern Höhe und beherrscht die Landschaft südlich des Lake Natron im Nordwesten von Tansania. Eine internationale Gruppe von Vulkanologen hat den bislang kaum erforschten Vulkan unter die Lupe genommen.



 

Aufbruch in vulkanologisches Neuland

 

Empfindlich kühl ist noch die Morgenluft, als wir mit dem Jeep kurz vor Sonnenaufgang durch die leeren Straßen von Arusha fahren. David steuert den Geländewagen in den Hof seines Hauses als gerade die ersten wärmenden Sonnenstrahlen das dichte Blätterdach durchbrechen. Am Vorabend haben sich nochmals alle Expeditionsmitglieder getroffen und die wichtigsten Punkte abgesprochen. Noch niemandem vor uns ist es gelungen, für eine Woche ein Camp im Krater des aktiven Vulkans Ol Doinyo Lengai einzurichten - zu groß erschienen die reisetechnischen Probleme. Doch wir - das ist das französische Vulkanologen-Ehepaar Maurice und Katja Krafft und deren Assistent Demaison, die Geografin Celia Nyamweru von der Universität in Nairobi, der Freiburger Vulkanologe Jörg Keller und ich -sind fest entschlossen, diesen einmaligen Vulkan genauer zu erforschen. Mehreren Berichten von Bergsteigern zufolge, die nur für wenige Stunden den Vulkan-Krater sahen, aber keine wissenschaftlichen Untersuchungen anstellten, treten im Hauptkrater immer wieder Lavaströme aus, die aus rätselhaften karbonatischen Schmelzen - sogenannten Karbonatiten - bestehen, deren genaue Entstehung tief im Erdinnern noch nicht völlig bekannt ist. Mit unserer Expedition wollen wir diesem seltenen Naturphänomen zumindest einen Teil seiner Geheimnisse entlocken.

Hektische Betriebsamkeit beherrscht die Szenerie: Fast zehn Träger hieven die schwe­ren Wasserkanister hinten auf den geländegängigen Lastwagen. Lebensmittelkisten, Zelte, Töpfe, Stühle und Tische für unsere Bequemlichkeit im Basislager, Messgeräte, Stative, kurz alles, was wir in den nahsten zwei Wochen auf unserer Expedition brauchen, verstauen die flinken Hände unserer Helfer auf der Ladefläche. David, der Fahrer, kontrolliert mit einem kritischen Blick, ob alles sicher verladen wurde und gibt dann mit lautem Händeklatschen das Zeichen zum Aufbruch.

"Du kannst dir nicht vorstellen wie steil der Ol Doinyo Lengai ist, brüllt mich Maurice regelrecht an, weil der Geräusch­pegel im Fahrerhaus des LKW jede normale Unterhaltung vereitelt. »In den letzten zwanzig Jahren», so Maurice, habe Ich über 200 Vulkane weltweit bestiegen, doch die Erinnerung an meinen einzigen Versuch, den Ol Doinyo Lengai zu besteigen, ist heute noch so frisch, als wenn mir in diesem Moment die lockere Vulkanasche unter den Füßen wegrutscht. Es wundert mich nicht, dass die Massai diesen Vulkan zum heiligen Berg ernannt haben.

Nach zehnstündiger Fahrt durch die grünen Monduli-Berge und die Hitze des ostafrikanischen Grabens errichten wir unser Basislager in einer schattigen Erosionsrinne am Fuße des Vulkans. Nach dem Dinner beginnen David und sein Bruder Mike, die Rucksäcke für den morgigen Aufstieg zu präparieren. Mit einer Handwaage tarieren sie jeden Rucksack genau aus. Jörg und ich sind mit relativ wenig Gepäck angetreten, doch die Filmausrüstung und die wissenschaftlichen Geräte von Maurice und Katja sind etwas problematisch. Bis spät abends palavern die Träger mit David und Milke und hantieren mit ihren Traglasten.

 

 

Beschwerlicher Anstieg

 

Am nächsten Morgen setzt sich unsere Kolonne kurz nach Sonnenaufgang in Bewegung. Über den beschwerlichen Aufstieg haben wir gestern nur geredet, heute liegt er vor uns. Über 2000 Höhenmeter durch hohes Gras und lose Vulkanasche werden wir unsere Aufstiegsroute durch wegloses Gelände suchen - bis wir den Kraterrand erreicht haben. Deswegen versuche ich, jetzt nicht an die schweißtreibenden Stunden zu denken, sondern an das, was uns oben erwarten wird.

Niemand von uns kann es wissen, auch Celia nicht, obwohl sie sich vor einigen Jahren schon einmal wenige Stunden im Krater des 0l Doinyo Lengai aufgehalten hat. Denn die vulkanische Tätigkeit im Krater ändert sich laufend, und wir Geowissenschaftler wissen zu wenig über diesen exotischen Vulkan. Nicht zu Letzt auch wegen seiner abgeschiedenen und schwer zugänglichen Lage.

Ich habe den Trägern zuviel aufgebürdet, muss David nach knapp 1000 Höhenmetern gestehen. Das viele Wasser ist unser Problem. Im Durchschnitt sind die Wasserträger mit 25 bis 30 Litern Wasser beladen, und das ist in diesem schwierigen Gelände eindeutig zu viel. Beim nächsten Aufstieg sollen sie höchstens 20 Liter tragen, doch davon brau­chen sie für sich selbst mindestens 5 bis 7 Liter während des Aufstiegs in der Mittagshitze und nochmals 2 bis 4 Liter für den Abstieg - bleiben für das Kratercamp höchstens 10 Liter. Für ein gutes Dutzend Campbewohner in knapp 3000 Meter Höhe ist das sehr wenig. Es gibt daher nur eine Möglichkeit: Nicht einige wenige Träger sorgen mit schweren Lasten alle zwei bis drei Tage für den Nachschub, sondern alle müssen täglich mit leichtem Gepäck aufsteigen.

Die letzte Etappe zum Kraterrand scheint besonders schwierig: Wie ein Zuckerhut erhebt sich vor uns die weiße Wand aus der pulverartigen karbonatit-Asche. Teils so steil, dass ich mit ausgestreckten Armen in die mehlige Asche greifen kann. Doch schnell merken wir, wie leicht sich unsere Stiefel in die feuchte Masse hineinschlagen lassen und wir wie auf einer Treppe aufsteigen können.

 

 

Schwarzglänzende Lava

 

Nacheinander erreichen wir nach neunstündigem Aufstieg erschöpft den Kraterrand. Für einen Augenblick bleibe ich an­dächtig stehen: Vor mir fällt eine steile Wand in einen gut 300 Meter weiten Krater, wie ich ihn niemals zuvor gesehen habe. Bis etwa 50 Meter unterhalb des Kraterrandes ist der ehemals tiefe Kratertrichter durch die explosive Eruption von 1960 mit jüngeren Lavaströmen aufgefüllt worden. Doch von hier oben kommen mir leichte Zweifel, ob diese weißlich grauen Massen, die zwar die typischen Lavastrukturen zeigen, auch wirklich Lavagesteine sind. Denn was ich vom Kraterrand in einer der Eruptionsöffnungen sehe, scheint wie ungestüm kochender Schlamm: Glänzend grauer Brei schwappt in einem rund 10 Meter messenden Kessel auf und ab. Große Dampf-, oder Gasblasen wölben die undefinierte Masse aufplatzen und schleudern das heiße Zeug mehrere Meter in die Höhe.


Von hier sieht es wirklich aus wie gewöhnlicher kochender Schlamm, ist meine erste vorsichtige Ferndiagnose. „Ja, es sieht wirklich so aus“ erwidert Jörg, doch um kochenden Schlamm zu beobachten, sind wir nicht hierher gekommen. Vorsichtig steigen wir die rutschige Kraterinnenwand hinunter, und beim ersten Schritt auf die weißlich-graue Masse am Kraterboden sinken wir nicht bis zu den Knöcheln im Morast ein, wie es bei Schlammströmen zu erwarten gewesen wäre, sondern es ist festes Gestein, das klirrend unter unseren Schritten zerbricht. "Wir sind nicht umsonst hier“ stelle ich voller Begeisterung fest, das sind karbonatische Lavaströme und was wir zunächst vorsichtig als kochenden Schlamm ansahen, ist ein aktiver Karbonatit-Lavasee: Unsere kühnsten Wünsche an den Verlauf der Expedition scheinen sich zu erfüllen.

Schnell und aufgeregt laufe ich zum Lavasee, und als ich über die Böschung des wenige Meter hohen Kegels mit dem Lavasee im Innern komme, schlägt mir die Hitze der Lava voll ins Gesicht, so dass ich erschrocken einen Schritt zurückweiche. Meine Gefühle im ersten Augenblick sind euphorisch: Stehe ich doch als junger Vulkanologe gemeinsam mit meinen Kollegen vor einem der kuriosesten Phänomene des irdischen Vulkanismus, das bislang nur von ganz wenigen Menschen beobachtet werden konnte und selbst in der Geschichte der viereinhalb Milliarden Jahre alten Erde sehr selten vorkommt. Knapp ein Meter unter uns wogt und blubbert die schwarzglänzende Lava.

Neben der karbonatischen Zusammensetzung der Schmelze ist die Temperatur eine weitere Besonderheit: Im Gegensatz zu der „gewöhnlichen“ silikatischen Lava, die Temperaturen bis zu 1250 Grad Celsius erreichen kann, ist das kabonatische Magma regelrecht kalt- "Laborexperimente, die meine Fachkollegen im Karbonatit Arbeitskreis angestellt haben", berichtet Jörg, der Freiburger Vulkanologieprofessor, "haben ergeben, dass die Temperatur nicht wesentlich über 650 Grad Celsius betragen kann." Dies erklärt auch die fehlende Rotglut. Wie heiß - beziehungsweise wie kalt - diese Schmelzen wirklich sind, hat bislang noch niemand vor Ort gemessen. Wir haben hier erstmals die Gelegenheit dazu und hoffen, mit unserem Messgerät vernünftige Messungen anstellen zu können.

 

 

Kühler als bislang angenommen

 

Kaum haben wir unsere erste Euphorie überwunden, steigen immer mehr und größere Gasblasen aus dem Lavasee, und erst jetzt werden wir uns richtig bewusst, dass die Aktivitäten für unsere Untersuchungen nicht besser sein könnten: Wo ist der Rucksack mit den Thermometern?", fragte Maurice aufgeregt. Demaison, sein französischer Assistent, packt sie eilig aus und schraubt die gut einen Meter langen Thermofühler die bis zu 1500 Grad Celsius Hitze vertragen. Auf die faustgroßen Geräte. Wir haben noch nicht einmal unseren Platz für das Camp inspiziert und sind schon mitten in den Untersuchungen, denn wir befürchten, dass der Vulkan schon morgen nicht mehr so aktiv ist und wir dann tagelang auf eine neue Gelegenheit warten müssten. Aufgeregt streckt Maurice den Thermofühler in den brodelnden Lavasee. Aufgeregt auch deshalb, weil er der erste Vulkanologe ist, der an einem aktiven Vulkan die Temperatur karbonatischer Lava misst. Das Ergebnis ist verblüffend: Nur rund 5OO Grad Celsius.



„Das ist unglaublich“, bemerkt Jörg skeptisch. Doch weitere Messungen - zur Kontrolle auch mit einem zweiten Thermometer - bestätigen uns, dass die Lava weitaus kühler ist, als die im Labor ermittelten Temperaturen ließen. Nach diesen ersten überraschenden Ergebnissen ist die Anstrengung des heutigen Aufstiegs vergessen und wir richten uns im kaum 200 Meter weit entfernten Camp ein. Denn die aufkommende Nacht macht weitere Untersuchungen -geschweige denn Filmaufnahmen- unmöglich.

Die Gipfelregion des Ol Doinyo Lengai bietet nur zwei Möglichkeiten, ein Camp einzurichten: Einmal die äußerst windexponierte Mondoberfläche nördlich des Gipfels oder aber den alten Krater, der nur durch einen rund fünf Meter hohen Wall vom aktiven Krater getrennt ist. Wir wählen diesen Platz, da er windgeschützt ist und nahe beim Eruptionsgeschehen liegt. Während unserer ersten Beobachtungen und Untersuchungen hat unsere Crew das Lager aufgebaut und für die Verhältnisse in einem aktiven Vulkankrater - ein köstliches Essen zubereitet. Wir sitzen eng um das Feuer der Kochstelle, denn mittlerweile hat sich der Gipfel in eine dichte Nebelwolke gehüllt und debattieren über die ungewöhnliche Natur dieses Vulkans.

 

 

Karbonatit - ungewöhn­liches Magma aus rätselhafter Tiefe

 

„Karbonatische Magmen“, erzählt Jörg, „sind wohl die rätselhaftesten magmatischen Gesteine der Erde. Denn sie bestehen nicht aus silikatischen Metallverbindungen wie alle anderen Magmen, sondern aus den Karbonaten Calcit, Dolomit und Ankerit.“ Heute kennen wir mehrere Vorkommen dieser Exoten auf unserer Erde, allerdings aus früheren Epochen der Erdgeschichte: In Schweden, Finnland, Kanada, China, am Kaiserstuhl im Oberrheingraben und hier in Ostafrika. Bei der Untersuchung des Rätsels ihrer Entstehung sind neben der karbonatischen Zusammensetzung des Magmas die ungewöhnlich hohen Konzentrationen an Seltenerdenmetallen zu berücksichtigen. Strontium und Niobium kommen besonders häufig vor, und ihre Anreicherung weist auf besondere physikalische Bedingungen und geochemische Prozesse am Ort der Magma-Entstehung hin.

 

Erst 1960 gelang aus der Synthese von geologischen Felduntersuchungen, Schmelzexperimenten und geochemischen Analysen unter hohem Druck und hoher Temperatur die Interpretation des Phänomens: Nicht die Aufschmelzung und Umkristallisation von Kalksedimenten hat die Karbonatite entstehen lassen, sondern sie entstehen als primäre magmatische Schmelzen unter ungewöhnlichen Bedingungen - möglicherweise tief im Erdmantel. „Diese Schmelzen bieten uns die einmalige Gelegenheit“ bestätigt Jörg, „die chemische und mineralogische Zusammensetzung, den Gasgehalt und den physikalischen Zustand in sonst unerreichbaren Tiefen der Erde zu erforschen.“


Mitten in den Anfängen der Karbonatit-Forschung kam es 1960 im Norden von Tansania zu einem ungewöhnlichen vulkanischen Ereignis: Der Vulkan Ol Doinyo Lengai - in dessen Gipfel-Krater wir nun sitzen - förderte Laven, die ausschließlich aus Karbonat bestanden. Damit war der sichere Beweis für die rein vulkanische Entstehung dieser Schmelzen von der Natur selbst erbracht. Erste Analysen ergaben, dass die Lava hauptsächlich aus Alkali-Karbonaten (Natrium; Kalium; Calcium- und Magnesiumkarbonat) zusammengesetzt ist. Erstmals wurden 1960 die Minerale Nyerereit und Gregoryit beschrieben.

„Nun stehen wir heute abend als erste Forscher seit 30 Jahren neben dem aktiven Lavasee“, schwärmen Maurice und Katja, „und können buchstäblich aus dem Vollen schöpfen. Ich hoffe, dass wir auch in den kommenden Tagen noch Glück haben und den Lavasee auch filmen können, denn bislang gibt es von diesem vulkanischen Phänomen weder Fotografien noch Filmaufnahmen.“

Die Hoffnung aller - besonders von Katja und Maurice -geht in Erfüllung: Während der nächsten Tage im Krater fließen mehrere Lavaströme täglich aus dem Lavasee und haben bald ein Drittel des Kraters überdeckt. Scheinbar dünn wie Wasser schießt die schwarze Brühe etwa einen Meter an unseren Füßen vorbei - erstarrt aber schon nach rund 100 Metern zu einem scharfkantigen Blockwerk. Trotz der Hitze am Lavasee beugt sich Mau­rice weit nach vorne, um die Messsonde des Thermometers in den Lavasee zu stecken. Jetzt, wenn die starke Gasaktivität frische und heiße Lava nach oben fördert, muss die Temperatur am höchsten sein ,,544-540-543“, ruft er mir laut zu, und ich notiere seine Angaben in das Feldbuch. Anschließend laufen wir zum Ende des Lavastromes, genau dorthin, wo die Lava unmittelbar vor ihrer Erstarrung steht: „494 - 498 -504.“ Ich bestätige seine Angaben und notiere sie ebenfalls.

Der geringe Temperaturunterschied von der dünnflüssigen Lava (ca. 540 °C) bis zum Erstarrungspunkt (ca. 490 °C) erklärt sich durch die relativ wenigen chemischen Bestandteile, deren Schmelz- bzw. Erstarrungstemperatur eng beieinander liegen. Ganz anders bei den "gewöhnlichen“ silikatischen Laven, die aus rund zehn Hauptelementen mit ihren silikatischen Verbindungen bestehen und deren Schmelz- bzw. Erstarrungstemperaturen wesentlich weiter auseinanderliegen.



Neben einer ausführlichen Dokumentation der Eruptionen auch mittels Foto- und Filmaufnahmen - ist es von größter wissenschaftlicher Bedeutung, absolut frisches Probenmaterial aus dem Lavasee und den ausfließenden Lavaströmen zu entnehmen. Denn die Karbonatite des Ol Doinyo Lengai - sogenannte Lenganite - zersetzen sich an der Luft innerhalb weniger Tage. Schon nach nebelfeuchten Nacht kann sich die schwarze Lava mit einem hellgrauen Verwitterungsmaterial überziehen. Lavaströme, die einige Monate oder gar Jahre alt sind, zeigen zwar noch die ursprünglichen Strukturen, sind aber völlig verwittert und erdig-weich, und die Alkali-Karbonat-Minerale sind vollständig umgewandelt. Um aber die Entstehung dieser exotischen Schmelzen verstehen zu können, ist die ursprüngliche Zusammensetzung von höchster Wichtigkeit. Denn nur sie kann dem Wissenschaftler sagen, in welcher Tiefe und unter welchen Druck- und Temperaturbedingungen dieses Magma entsteht.

 


Viele Rätsel

 

Seit gut zwanzig Jahren wird unter den Karbonat-Forschern diskutiert, ob sich karbonatische Schmelzen durch partielles Aufschmelzen von Erdmantelgestein - sogenanntem Peridotit - bilden oder durch chemische Veränderungen innerhalb der Erdkruste entstehen können. Hochdruckexperimente an der Universität von Hobart in Tasmanien haben gezeigt, dass Karbonatit-Schmelzen aus Erdmantelgestein entstehen können. Die niedrigen Schmelztemperaturen können darauf hinweisen, dass beim Aufschmelzen des Erdmantelgesteins die karbonatischen Komponenten mit ihren niedrigen Schmelzpunkten als erstes aufsteigen, aber dennoch nur an bestimmten Orten der Welt gefördert werden. Denkbar, und vielleicht sogar wahrscheinlicher ist jedoch, dass die karbonatischen Schmelzen in einem kohlensäurehaltigen Magma an die Erdoberfläche gelangt sind, was auch kürzlich von zwei australischen Geologen experimentell bestätigt wurde. Die Klärung dieser Fragen birgt den Schlüssel zu einem besseren geochemischen und geophysikalischen Verständnis des Erdmantels und der Erdkruste.

Bei den Vorbereitungen zu dieser Expedition hatten wir die Befürchtung, dass eine Woche im aktiven Krater für unser Vorhaben nicht ausreichen könnte. Doch durch die nahezu ununterbrochene Lavatätigkeit war das Expeditionsziel schon nach fünf Tagen erreicht: Wir haben ausreichend Gesteinproben für die geplanten Analysen im Labor trocken und luftdicht verpackt, wir konnten Gasproben an den Eruptionsstellen und den umliegenden Dampfaustritten sammeln und vor allem genügend Film- und Fotomaterial von den Eruptionen aufnehmen. Jetzt liegt umfangreichesProbenmaterial vor, dessen chemische Analyse - auch der Zusammensetzung der Spurenelemente und der Isotopenverhältnisse -wertvolle Erkenntnisse über die Entstehung dieser rätselhaften Karbonatite liefern wird und damit auch neue Informationen über die Zusammensetzung und die Prozesse in sonst unerreichbaren Tiefen der Erde.

 

C. Hug Fleck




Christof Hug Fleck ist Dipl. Geologe und hat sich während seinem Studium auf die Vulkanologie konzentriert. Er unternahm rund 60 Reisen weltweit, veröffentlichte unzählige geowissenschaftliche Artikel und Reportagen und publizierte mehrere populärwissenschaftliche Bücher.