Ätna: Bodenverformung bei Pedara

Nach Schwarmbeben unter der Ätna-Südflanke: Bodenverformung von 15 mm bei Pedara

Die Auswirkungen des kleinen Erdbebenschwarms, der sich am 17. November unter der Südflanke des Ätnas südlich des Ortes Pedara ereignete, sind offenbar noch größer als zunächst gedacht und es entstanden Risse im Asphalt von Straßen vor einer Schule bei Tremestieri. Nun bestätigte der Direktor des Ätna-Observatoriums, dass es zu Bodenverformungen von ca. 15 mm kam, von denen der Bereich zwischen der Schule „Madre Teresa di Calcutta“ und der Provinzstraße Tremestieri–Mascalucia am meisten betroffen ist.

Welcher Art die Bodenverformungen genau sind, wurde nicht zur Gänze erklärt. Es ist von einer Verschiebung die Rede und ich gehe davon aus, dass sich der Boden entlang der Tremestieri-Verwerfung hangabwärts bewegte. Die Tremestieri-Verwerfung gilt quasi als Stopper größerer Störungszonen, entlang derer sich die Ostflanke des Ätnas Richtung Meer verschiebt. Die drei stärksten Beben hatten laut INGV-Angaben die Magnituden 2,6, 2,4 und 2,3 und lagen in geringen Tiefen. Eigentlich ist es verwunderlich, dass die Bodenbewegungen nicht stärkere Erschütterungen hervorbrachten. Dabei ist das Phänomen nicht einzigartig: Bereits am 20. April 2008 kam es in der gleichen Region zu einem vergleichbaren Ereignis, bei dem das stärkste Beben Mb 3,2, sogar leichte Gebäudeschäden verursachte.

Interessant ist, dass nur wenige Tage später, am 13. Mai 2008, eine intensive Eruption begann, die mit einem Paroxysmus begann und zur Bildung einer Fraktur am Rand des Valle del Bove führte, aus der mehrere Monate lang ein Lavastrom floss.

Studien zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem langsamen Abgleiten der Ätna-Ostflanke und stärkeren Eruptionen gibt: Beide Phänomene stehen in einer komplexen Wechselwirkung und können sich gegenseitig verstärken, aber auch dämpfen. Es gibt auch Studien, die belegen, dass Magmenaufstieg die Störungszonen aktivieren kann, und so kommt es im Vorfeld stärkerer Eruptionsereignisse nicht selten zu ungewöhnlichen Erdbeben, die im größeren Zeitrahmen betrachtet dann wieder weniger gewöhnlich erscheinen.

Der INGV-Direktor Dr. Stefano Branca meinte jedenfalls, dass sich der Ätna derzeit in einer normalen Phase der Magmazufuhr aus größerer Tiefe befindet. Seiner Meinung nach ist die jüngste seismische Aktivität weder außergewöhnlich noch besorgniserregend und es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt.

Laacher-See-Vulkan: Erdbebenschwarm am Westufer

Erdbeben manifestierten sich unter dem Wall am linken Bildrand. © Marc Szeglat

Schwarmbeben am Westrand des Laacher-See-Vulkans – einzigartiges Ereignis

Datum: 10.10.2025 | Zeit: 03:43:50 UTC | Koordinaten:  50.407 ; 7.249 | Tiefe: 7 km | Mb 0,9

Unter dem Westrand des Laacher-See-Vulkans manifestiert sich ein ungewöhnlicher Erdbebenschwarm, der heute Nacht gegen 00:05:19 UTC (02:05:19 UHR MESZ) begann. Das stärkste Erdbeben der Sequenz ereignete sich in den frühen Morgenstunden und hatte eine Magnitude von 0,9 und einen Erdbebenherd in 7 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum wurde 11 km west-südwestlich von Andernach und wenige Meter nordwestlich der Abtei Maria Laach verortet. 

Laacher-See-Vulkan. © EMSC

Obwohl die Magnituden der Erschütterungen sehr schwach sind und im Bereich der Mikroseismizität liegen, ist es ein bis jetzt einzigartiges Ereignis, über das ich in den 25 Jahren meiner Berichterstattung für Vnet noch nicht schreiben durfte.

Das EMSC listet bis jetzt 5 dieser Mikrobeben mit Magnituden im positiven Bereich, die von den Seismometern des rheinland-pfälzischen Erdbebennetzwerks registriert wurden. Laut der Website Erdbebennews soll es aber 87 weitere extrem schwache Vibrationen mit negativen Magnituden gegeben haben, an deren Verifizierung der Erdbebendienst noch arbeitet. Bis die Beben bestätigt sind, sollte man diese Information mit einem „Grain of Salt“ betrachten.

Von den Anwohnern der Region konnten die Erdbeben nicht gespürt werden und eine Gefährdungslage bestand nicht.

In den letzten Tagen sind in der Eifel ungewöhnlich häufig Erdbeben aufgetreten, die ich der Randzone des Eifelmantelplumes zurechnete. So gab es am 8. Oktober ein Erdbeben mit Mb 0,8 in 32 Kilometern Tiefe, dessen Epizentrum zwischen Mendig und Kruft lag. Hierbei handelte es sich um ein sogenanntes Deep-Low-Frequency-Erdbeben. Diese Erdbebenart wurde am Laacher-See-Vulkan zum ersten Mal im Jahr 2013 registriert, kam in der letzten Zeit aber nur selten vor. Diese spezielle Erdbebenart steht nach Meinung von Geowissenschaftlern mit der Bewegung magmatischer Fluide im Grenzgebiet Erdmantel zur Erdkruste in Verbindung.

Auch wenn die aktuelle Seismizität noch keinen Hinweis auf einen unmittelbar bevorstehenden Vulkanausbruch liefert, zeigt sie, dass die Region um den Laacher-See-Vulkan magmatisch aktiver ist, als man früher angenommen hat. Langfristig betrachtet könnte sich hier wieder ein Vulkanausbruch ereignen.

Update: Die Erdbeben wurden teilweise durch manuelle Überprüfung neu bewertet. Jetzt hatten zwei Erdbeben eine Magnitude von 0,9. Dieses Beben hatte sich schon gestern um 22:01:02 UTC ereignet. Ein weiterer Erdstoß M 0,7 wurde unter dem Kloster detektiert. Insgesamt sind nun offiziell 7 Beben mit positiven Magnituden bestätigt. Sollten die Mönche eine wildes Sause gefeiert haben?

Update 10.10.25: Das LGB-Rheinland-Pfalz hat inzwischen 11 Erschütterungen mit Magnituden zwischen 0,3 und 0,9 in seine Erdbebenlisten aufgenommen und damit bestätigt.

Yellowstone: KI spürt Zehntausende unentdeckte Mikrobeben auf

Künstliche Intelligenz liefert neue Einblicke in eines der mächtigsten Vulkansysteme der Erde – Magmenkörper unter Yellowstone in nur 4 km Tiefe

Yellowstone ist Caldera und Nationalpark zugleich und weltberühmt für seine Geysire, heißen Quellen und weitläufigen Landschaften und geologisch betrachtet von höchster Bedeutung. Unter dem ältesten Nationalpark der USA verbirgt sich eine riesige Caldera, die von einem Supervulkanausbruch zeugt, der sich vor mehr als 640.000 Jahren ereignete. Doch der jüngste dieser Ausbrüche war nicht der erste und wahrscheinlich auch nicht der letzte: Statistisch gesehen ist eine weitere Supereruption überfällig, was zahlreiche Menschen besorgt und immer wieder Anlass zu Spekulationen bis hin zu sensationsheischenden Fakenews gibt. Neue Forschungsergebnisse zeigen nun, dass die Aktivität unter Yellowstone viel komplexer ist als bisher angenommen – und dass moderne Methoden wie maschinelles Lernen helfen, diese Prozesse besser zu verstehen.

Neue Studie mit Hilfe von KI generiert seismisches 3-D Modell und spürte Zehntausende übersehen Erdbeben auf

Ein Forschungsteam unter der Leitung des Ingenieurprofessors Bing Li analysierte in Zusammenarbeit mit dem United States Geological Survey und der Universidad Industrial de Santander in Kolumbien alte seismische Daten aus Yellowstone neu. Mithilfe von Deep-Learning-Algorithmen und einem dreidimensionalen Modell zur Ausbreitungsgeschwindigkeit von Erdbebenwellen entstand ein hochauflösender Erdbebenkatalog, der über 86.000 Ereignisse zwischen 2008 und 2022 dokumentiert – etwa zehnmal mehr als in bisherigen Auswertungen der Datensätze aufgefallen waren.

Mehr als die Hälfte dieser Erdbeben trat in sogenannten Schwärmen auf: Gruppen schwacher Beben, die sich in einem begrenzten Gebiet über Wochen oder Monate häufen, ohne dass ein dominierendes Hauptbeben erkennbar ist. Besonders auffällig: Diese Schwärme erscheinen oft nahe beieinander, sind aber durch längere Ruhephasen getrennt – ein bislang wenig verstandenes Muster.

Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass ein Zusammenspiel aus langsam wandernden hydrothermalen Fluiden und plötzlichen Flüssigkeitseinspritzungen die Ursache für viele dieser Schwärme sein könnte. Solche Einspritzungen entstehen vermutlich, wenn durch Druckaufbau in der Tiefe sogenannte Permeabilitätssiegel brechen und so den Weg für aufsteigende Fluide freigeben. Diese Vorgänge können entlang komplexer, unreifer Störungszonen stattfinden, die besonders tief unterhalb der Caldera auffällig häufig auftreten.

Langzeitdynamik der Erdbebenschwärme. © Bing Q Li

Magma in 3-4 Kilometern Tiefe

Innerhalb der Yellowstone-Caldera zeigten sich zudem vertikale Migrationsmuster: Erdbeben wanderten von der Tiefe in Richtung Oberfläche – ein typisches Zeichen fluidgetriebener Prozesse. Teilweise trat die Seismizität dabei in mehreren Tiefenabschnitten gleichzeitig auf, getrennt durch eine aseismische Zone. Diese Zone fällt mit einem vermuteten Magmareservoir in etwa 3–4 Kilometern Tiefe zusammen und deutet auf einen aktiven Austausch zwischen magmatischen und hydrothermalen Prozessen hin.

Die Region wird kontinuierlich überwacht, da sie eines der wenigen Gebiete ist, in denen sich magmatische, tektonische und hydrothermale Prozesse in engem Zusammenspiel beobachten lassen. Die aktuellen Studien zeigen, dass viele seismische Prozesse nicht eruptiven Ursprungs sind, sondern durch die Bewegung von Flüssigkeiten innerhalb des komplexen Störungssystems ausgelöst werden. Für die Vulkanforschung bedeutet das: Wer verstehen will, wie sich Vulkanausbrüche ankündigen oder wie Energie aus dem Erdinneren transportiert wird, muss tiefer graben – sowohl im Boden als auch in den Daten.

Fortschritt durch maschinelles Lernen

Bis vor wenigen Jahren wurden Erdbeben in Yellowstone manuell durch Expertenteams ausgewertet, was ein mühsamer und langwieriger Prozess war. Dank neuer Technologien wie maschinellem Lernen und neuronalen Netzwerken können nun große Mengen an seismischen Wellenformen schnell und präzise analysiert werden. Das ermöglicht nicht nur die Entdeckung bisher übersehener Ereignisse, deren Erdbebenwellen sich überlagert haben können, sondern auch ein besseres Verständnis für wiederkehrende Muster wie Erdbebenschwärme oder Flüssigkeitsbewegungen im Untergrund. (Quelle der Studie: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adv6484)

Großangelegte seismische Messkampagne im Vogtland startet

Großangelegte seismische Messkampagne im Vogtland gestartet: 300 Sensoren sollen Erdbebenschwärme entschlüsseln

Heute wurde in einer Pressemeldung bekannt gegeben, dass das EGER LARGE SEISMIC EXPERIMENT (ELISE) an den Start geht. Dabei handelt es sich um eine der größten seismischen Messkampagnen, die jemals in der EU durchgeführt wurden: Mehr als 300 mobile seismische Messstationen werden auf einer Fläche von 10.000 Quadratkilometern installiert und mindestens ein Jahr lang betrieben. Falls die bis dahin gesammelten Daten nicht ausreichen sollten, ist auch eine Verlängerung möglich. Ziel der Messkampagne ist es, dem Rätsel der Schwarmbeben im Egerbecken auf die Spur zu kommen. Diese befindet sich in der deutsch-tschechischen Grenzregion, genauer im Vogtland und Nordwestböhmen.

Bei einem Schwarmbeben handelt es sich um eine spezielle Form seismischer Aktivität, bei der innerhalb weniger Wochen oder Monate tausende schwache Erdbeben auftreten, jedoch ohne dass sich ein dominierendes Hauptbeben manifestiert.

Die Schwarmbeben im Egerbecken waren schon oft Gegenstand meiner Berichterstattung – zuletzt im März und April 2025. Die Schwarmbeben treten seit mindestens 125 Jahren periodisch auf und nähren u.a. Befürchtungen, dass es langfristig betrachtet zu einem Vulkanausbruch kommen könnte, denn eine mögliche Ursache für die Beben sind Bewegungen magmatischer Fluide an der Grenze zwischen Erdkruste und Asthenosphäre. Ausdünstungen von Mofetten, die auf der tschechischen Seite des Areals auftreten, deuten auf Gase magmatischen Ursprungs hin.

Eine weitere Ursache der Erdbeben könnten auch Störungszonen sein, die in der Gegend verlaufen und wahrscheinlich mit Rifting-Prozessen zusammenhängen.

Im Endeffekt sind die genauen Ursachen dieser Schwarmbeben sind bis heute nicht vollständig verstanden. Ein internationales Forschungsteam will das nun ändern.

Seismisches Array

Das seismische Array soll den Untergrund der Region in bislang unerreichter Detailtiefe durchleuchten. Auch wenn bis jetzt keine genauen Einzelheiten zu den geplanten Untersuchungen bekannt wurden, will man das Verfahren der seismischen Tomografie anwenden, mit dessen modernen bildgebenden Verfahren ein dreidimensionales Modell der Strukturen des tieferen Untergrundes erstellt werden kann. Zudem könnten moderne, KI-unterstützte Systeme eingesetzt werden, um sehr schwache Erdbeben zu lokalisieren, die bislang unentdeckt bleiben.
Die neuen Daten sollen helfen, die seismische Aktivität des Vogtlands besser zu verstehen – und möglicherweise neue Erkenntnisse über tiefe magmatische Prozesse liefern.

Beteiligt sind das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam sowie Universitäten aus Potsdam, Leipzig, Freiberg, Jena, München, Erlangen und Münster. Auch der Sächsische Geologische Dienst und die Akademie der Wissenschaften in Prag sind Teil des Projekts.

Hier ein Video von mir, dass ich vor fast zwei Jahrzehnten im Egerbecken, dass auch Cheb-Becken genannt wird, gedreht habe. Das Video ist kommentiert, also Ton anschalten und die kleine Glocke betätigen, wenn es euch gefällt!

Vogtland: Erdbeben M 2,2 am 12.04.25

Datum: 12.04.2025 | Zeit: 20:06:32 UTC | Koordinaten: 50.278 ; 12.423 | Tiefe: 1 km | Mb 2,2

Weiteres Schwarmbeben im Vogtland – Stärkste Erschütterung M 2,2

Das Grenzgebiet des Vogtlands zwischen Deutschland und Tschechien ist erneut Schauplatz eines Erdbebenschwarms, in dessen Rahmen in den letzten Tagen mehrere Erdbeben mit Magnituden über 1 auftraten. Das stärkste Erdbeben ereignete sich am Abend des 12. April um 20:06:32 UTC. Das Hypozentrum wurde in nur 1000 m Tiefe lokalisiert. Das Epizentrum lag laut EMSC 10 km südlich von Klingenthal, einem Ort auf der deutschen Seite der Grenze, weswegen der Erdstoß Deutschland zugerechnet wird. Tatsächlich befindet sich das Epizentrum jedoch bereits auf tschechischem Boden.

Das Geophysikalische Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften verortete den Erdstoß westlich des Ortes Luby, mitten in einem Erdbebenhaufen, der sich bereits in der letzten Märzwoche gebildet hatte. Dieser Cluster ist Zeugnis eines sehr intensiven Schwarmbebens, das sich aus mehr als 1200 Erdstößen zusammensetzt. Die aktuellen Beben von gestern mitgerechnet kommt man auf 1218 Erschütterungen. Ich würde die aktuellen Beben ebenfalls diesem Schwarm zurechnen, denn der Untergrund hat sich seit dem starken Ereignis nicht wieder beruhigt.

Die Angaben zum oben erwähnten stärksten Erdstoß der Sequenz weichen bei den Tschechen etwas von jenen des EMSC/GFZ ab: Hier wird eine Magnitude von 2,8 angegeben und ein Hypozentrum in knapp 10 km Tiefe.

Der Erdstoß wurde von Anwohnern des Vogtlandes wahrgenommen. So liegen dem EMSC mehrere Wahrnehmungsmeldungen vor. Ein Bebenzeuge in fast 40 km Entfernung beschreibt seine Wahrnehmung so: „Ein längeres Grollen war zu vernehmen. Keine Erschütterungen gespürt.“ Menschen näher am Epizentrum hörten das Beben nicht nur, sondern spürten auch den Erdstoß. Das beschriebene Grollen kenne ich von meinen bisherigen Erdbebenwahrnehmungen ebenfalls gut: Es ist sehr niederfrequent und trifft meistens vor den Erschütterungen ein, sodass einem einige Sekunden Zeit bleiben, um in Deckung zu gehen – vorausgesetzt, man ordnet das Geräusch einem nahenden Erdbeben zu.

Die Schwarmbeben im Vogtland sind ein seit Jahrhunderten bekanntes Phänomen, das immer phasenweise auftritt. Forschungen der letzten Jahre legen nahe, dass Fluidaufstieg aus der Tiefe Spannungen im Untergrund erzeugt, die dann lokale Störungszonen aktivieren, welche die Spannungen in Form von Erdbeben abbauen. Das stärkste gemessene Erdbeben ereignete sich Mitte der 1980er-Jahre und hatte eine Magnitude von 4,6.

Campi Flegrei: Beben intensivierten sich nach Abschwächung

Campi Flegrei (Solfatara) aus der Vogelperspektive. © Marc Szeglat

Erdbebenaktivität der Campi Flegrei nach kurzer Abschwächung wieder hoch – Weitere spürbare Beben

Datum 19.02.25 | Zeit: 14:55:11 UTC | Koordinaten: 40.8282 ; 14.1420 | Tiefe: 2,4 km | Mb 3,1

Die Nerven in Pozzuoli liegen zusehends blank und die Leute werden von Tag zu Tag nervöser. Das liegt nicht nur an den Beben selbst, sondern auch an der offensichtlichen Ratlosigkeit von Behörden und Forschern, die nicht wissen, was sie tun sollen. Hohe Regierungsbeamte, darunter Vertreter des Zivilschutzes und sogar der zuständige Minister Nello Musumeci, reden in Zeitungs- und Fernsehinterviews um den heißen Brei herum und sprechen von einem „außerordentlich komplexen Phänomen“, allerdings ohne Führungsqualitäten zu beweisen. So bleibt die Bevölkerung ratlos zurück und fragt sich, was sie machen soll: Viele Anwohner der erdbebengeplagten Region haben ihre Heimat aber inzwischen verlassen, aus Angst vor einem starken Erdbeben oder sogar Vulkanausbruch.

Heute Nacht und am Nachmittag gab es weitere Erdbeben mit Magnituden im Dreierbereich, die im Umfeld der Caldera deutlich wahrnehmbar waren. Vor den Dreierbeben ging die Aktivität etwas zurück, nur um sich danach mit großer Intensität fortzusetzen. Tatsächlich dürfte es sich mittlerweile um das stärkste Schwarmbeben der Hebungsphase handeln, zumindest was die reine Anzahl der Beben anbelangt.

Gestern Abend gab es eine Bürgerversammlung, bei der sich Vertreter des Zivilschutzes den Fragen besorgter Bürger stellten. Die Luft vibrierte wohl nicht nur infolge der Erschütterungen, sondern auch vor Spannung zwischen Bürgern und Beamten. Auf die Frage, was bei einem Beben der Magnitude 5 passieren werde, erklärte Fabio Ciciliano, Leiter des Zivilschutzes, dass ein Erdbeben der Stärke 5 zum Einsturz von Gebäuden und zu Todesopfern führen könne. Dennoch betonte er, dass es derzeit keinen Grund gebe, die Alarmstufe von Gelb auf Orange zu erhöhen. Die Erdbeben seien Teil der geologischen Natur der Region, mit der man in den Campi Flegrei seit Jahrtausenden leben müsse. Er fügte hinzu, dass diejenigen, die Erdbeben nicht spüren wollen, das Gebiet verlassen sollten.

Mich persönlich flasht diese Antwort ziemlich und zeigt, dass man in hoher Position nicht willens und fähig ist, Verantwortung zu übernehmen und die Prozesse hinter den Erdbeben nicht verstanden hat. Offenbar hofft man darauf, dass nichts Schlimmeres passiert als das, was wir bereits kennen, was natürlich gut sein kann. Doch ein Minister des Zivilschutzes, der auf das Prinzip Hoffnung setzt und handlungsunfähig ist, ist meiner Meinung nach völlig fehl am Platz!

Die Frage stellt sich nun, welche Vorzeichen einer sich möglicherweise anbahnenden Katastrophe man noch braucht, bevor wenigstens erste Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung eingeleitet werden. Zwischen jetzt und einem 5er-Erdbeben oder einer phreatischen Eruption wird es nicht unbedingt eine weitere Aktivitätssteigerung geben. Also entweder reagiert man -auch auf die Gefahr eines Fehlalarms hin-, oder man kann diesen ganzen Katastrophenschutzzauber ad acta legen und sich die Gelder sparen.

Santorin: Schwarmbeben verursacht Fluchtbewegung

Schwarmbeben bei Santorin im vollen Gang – Panik löst Flucht aus

Datum 03.02.25 | Zeit: 12:17:42 UTC | Koordinaten: 36.648 ; 25.654 | Tiefe: 13 km | Mb 5,1

Das Schwarmbeben nordöstlich von Santorin geht unvermindert weiter. Es wurden inzwischen Hunderte Erdbeben mit Magnituden zwischen 2 und 5,1 registriert, wobei das letztgenannte Beben erst vor wenigen Minuten registriert wurde. Die Beben konzentrieren sich vor der Küste der Vulkaninsel und unweit des submarinen Vulkans Kolumbos. Die Hypozentren liegen in Tiefen zwischen 5 und 17 Kilometern. Der Ursprung der Beben ist weiterhin ungeklärt. Sie können infolge einer magmatischen Gangintrusion entstehen, die vom Kolumbos ausgeht, oder durch Magmenaufstieg verursacht werden. Da der Vulkan am Südwestende eines Rifts mit mehreren signifikanten Störungen liegt, sind auch tektonisch bedingte Erdbeben denkbar. Die Beben liegen allerdings nicht genau auf einer Störungszone (schwarze Linien in der Shakemap), sondern dazwischen. Es lässt sich auch nicht ausschließen, dass unterirdische Magmabewegungen die Störungen aktivieren oder dass es vergleichbar mit Awash und Island ein verstärktes Rifting gibt, bei dem eine Magmenintrusion eine Rolle spielt.




Zusammenfassend lassen sich nach aktuellem Kenntnisstand 4 Szenarien aufstellen:

  • Die Beben sind magmatischen Ursprungs und stehen mit Magmenaufstieg und/oder Gangintrusion in Verbindung
  • Aufsteigendes Magma (magmatische Fluide) löst tektonische Erdbeben aus, indem es Spannungen erzeugt und Störungszonen aktiviert
  • Die Seismizität ist rein tektonischen Ursprungs und spielt sich an Störungszonen ab ohne Einfluss von Fluiden
  • Es kommt zu einer Rifting-Episode mit Magmaeinfluss

Ich habe die Szenarien in der Reihenfolge -nach meiner Einschätzung- abnehmender Wahrscheinlichkeiten angeordnet. Bei den tektonisch geprägten Szenarien könnte ein Starkbeben die Folge sein. Sollte es einen größeren magmatischen Einfluss geben, könnte es zu einem submarinen Vulkanausbruch kommen. In der Folge beider Möglichkeiten ist die Entstehung eines Tsunamis nicht ausgeschlossen.

Für die Bewohner der Inselwelt um Santorin könnten schwerwiegende Konsequenzen entstehen. Entsprechend besorgt ist man dort. Besonders auf Santorin geraten viele Menschen in Panik. Viele übernachteten in ihren Autos oder im Freien, weil sie ein starkes Erdbeben fürchteten. In Medienberichten heißt es, dass viele Menschen die Insel verlassen möchten und sich vor den Ticketverkaufsstellen der Fährgesellschaften lange Schlangen bildeten. Auch die Flüge sind nahezu ausgebucht.

Die Wahrscheinlichkeit eines Starkbebens

Doch wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit eines Starkbebens? Es ist zwar richtig, dass es Erdbebenschwärme vor einem Starkbeben geben kann, doch meistens treten sie nach einem Starkbeben in Form von Nachbeben auf. Ich halte die Wahrscheinlichkeit eines Starkbebens mit Magnituden größer 7 für vergleichsweise gering, obwohl es nicht ausgeschlossen ist, dass sich so ein Beben ereignen könnte.

Ein Vulkanausbruch, der sich an der Wasseroberfläche auswirkt, ist zwar möglich, aber nach aktuellem Stand der Dinge nicht sehr wahrscheinlich. Der Kraterboden von Kolumbos liegt in 500 m Tiefe, außerdem bebt es weniger im Kraterbereich des Vulkans, sondern an seiner nordöstlichen Basis, wo das Wasser noch deutlich tiefer ist. Sollte es hier zu einer Eruption kommen, ist zunächst mit Wasserverfärbungen und Entgasungen, schwimmende Bimssteine und toten Fischen zu rechnen. Damit surtseyanischen Eruptionen entstehen, müsste der Vulkan erst noch wachsen.

Dennoch sollte man auf Santorin und den umgebenden Inseln eine gewisse Vorsicht walten lassen und besonders gefährdete Gebiete meiden: In der Nähe von Klippen drohen Steinschläge und bereits mittelstarke Erdbeben könnten zu Gebäudeschäden führen. Den Anweisungen der örtlichen Behörden ist Folge zu leisten und man sollte sich vor Ort bei offiziellen Stellen informieren.

Weiterführender Link: Video Santorin: Impressionen der Insel

Ätna mit Erdbeben – News vom 01.09.23

Schwarmbeben im Nordwesten des Vulkans Ätna

Datum 30.08.23 | Zeit: 16:28:00 UTC | 37,765 ; 14,939 | Tiefe: 21 km | Md 2,9

Heute wird auf der Erdbebenkarte des INGV ein Schwarmbeben angezeigt, das sich bereits am 30. August am Ätna ereignet hat. Die Erdbebensequenz bestand aus 13 Erschütterungen mit Magnituden größer 1. Das stärkste Beben ereignete sich um 16:28 UTC und brachte es auf eine Magnitude von Md 2,9. Das Hypozentrum manifestierte sich in einer Tiefe von 21 km. Das Epizentrum wurde 1,4 km südwestlich vom Monte Scavo verortet. Hierbei handelt es sich um einen bereits bewaldeten Schlackenkegel im Nordwesten des Ätnas. Nächst größerer Ort ist Bronte. Das schwächste Beben hatte eine Magnitude von 1,4 und hatte einen ähnlich tiefen Erdbebenherd wie das starke Beben. Die Vermutung liegt nahe, dass das Schwarmbeben durch Magma ausgelöst wurde, das im oberen Bereich der Asthenosphäre unterwegs ist und dabei ist, in die Erdkruste einzudringen. Erdbeben an Störungszonen sind in dieser Tiefe eher die Ausnahme als die Regel. Es lässt sich allerdings von mir nicht ausschließen, dass es sich um rein tektonisch-bedingte Erdbeben gehandelt haben könnte.

Das Schwarmbeben war das stärkste Event im August. In diesem Monat wurden vom seismischen Netzwerk des INGV 128 Erschütterungen detektiert, wobei es in den letzten Tagen auch einzelne Erdbeben in geringeren Tiefen gab, die sich auf verschiedene Regionen des Vulkans verteilten. Die Gipfelzone wurde von den Erdbeben ausgespart.

Generell lässt sich am Ätna eine leichte Aktivitätszunahme feststellen. Das neueste Sentinel-Satellitenfoto zeigt 3 thermische Anomalien. Zwei befinden sich in den Schloten des Zentralkraters Bocca Nuova. Eine weitere zeigt sich im Gipfelbereich des Neuen Südostkraters. In den letzten Tagen wurden sporadisch kleine Aschewolken gesichtet, die aus dem Neuen Südostkrater aufgestiegen sind. Dampfringe wurden aus dem neuen Pit der Bocca Nuova ausgestoßen. Der Vulkan bleibt aktiv und brütet die nächste Eruption aus. In welcher Form und an welcher Lokalität des Vulkans sie auftreten wird, lässt sich bis jetzt nicht prognostizieren.

Schwarmbeben auf Island am 14.08.23

Massives Schwarmbeben vor Reykjanes-Halbinsel auf Island

Datum 13.08.23 | Zeit:  20:29:03 UTC |  63.637 ; -23.344 | Tiefe: 5,4 km | Mb 4,5

Seit gestern Abend bebt vor der Südwestspitze der Reykjanes-Halbinsel wieder die Erde. Langsam lässt der Erdbebenschwarm, bestehend aus mehr als 370 einzelnen Erschütterungen, wieder nach. 17 dieser Erdstöße hatten Magnituden von mindestens 3. Das stärkste Beben erreichte eine Magnitude von 4,5 auf der Momenten-Magnituden-Skala (Mb). Es hatte sein Hypozentrum in einer Tiefe von 5,4 km und das Epizentrum wurde etwa 5,4 km süd-südwestlich von Geirfugladrangur lokalisiert. Geirfugladrangur ist eine kleine Felseninsel, die sich etwa 30 km vor der Küste von Reykjanes befindet. Somit liegen die Epizentren ungefähr 35 km südwestlich von Reykjanestá. Diese Beben manifestieren sich entlang des Reykjanes Ridge, einer Verlängerung des Mittelatlantischen Rückens. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie tektonischer Natur sind, doch es lässt sich nicht ausschließen, dass aufsteigendes Magma das Spannungsfeld in der Region beeinflusst und indirekt zu den Beben führt.

Das Verteilungsmuster der Erdbeben unterscheidet sich jedoch von demjenigen, das wir in den Tagen vor dem Ausbruch am Fagradalsfjall gesehen haben. Damals waren die Beben über einen wesentlich größeren Bereich verteilt. Falls Magmenbewegungen involviert sind, könnten sie eher mit einer langfristigen Vorbereitung auf den nächsten Ausbruch auf Reykjanes in Verbindung stehen.

Am Wochenende traten entlang des magmatischen Gangs zwischen Fagradalsfjall und Keilir weitere schwache Erdbeben auf. Diese wiesen sehr geringe Magnituden im Bereich der Mikroseismizität auf und stehen höchstwahrscheinlich mit Abkühlungs- und Schrumpfungsprozessen in Verbindung. Dennoch kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass Magmenbewegungen die Ursache für diese Beben sein könnten.

Eine weitere bemerkenswerte Meldung aus Island in Verbindung mit Erdbebentätigkeit betrifft den starken Gasgeruch, der gestern bei Blágnýpujökull am Hofsjökull wahrgenommen wurde. Dieser trat nach einem Erdbeben der Magnitude 3,0 auf, das im Zusammenhang mit einem kleinen Bebenschwarm auftrat. Wie bei praktisch jedem größeren Gletscher auf Island befindet sich auch unter dem Hofsjökull ein Zentralvulkan. Dieser Vulkan besteht aus einer Caldera mit den Maßen 7×6 km und wurde erst im Jahr 1983 entdeckt. Der Zentralvulkan unter dem Hofsjökull bildet das Herzstück eines Vulkansystems, das sich über eine Länge von 90 km erstreckt. Ein Gasgeruch in Verbindung mit Erdbeben könnte ein Indiz für fumarolische oder magmatische Aktivität unter dem Vulkan sein.